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Ein König wird beseitigt

Ein König wird beseitigt

Titel: Ein König wird beseitigt
Autoren: Heinz Häfner
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Königskatastrophe ein beträchtliches Potential aufständischer Bewegungen von Anhängern des entmachteten und beseitigten Königs. Insofern ist begreiflich, dass Prinz Luitpold und die Regierung dem abgesetzten König nicht freien Umgang im Königreich und unter seinesgleichen gewährt hatten, sondern ihn der psychiatrischen Internierung und Zwangsbehandlung überantworteten.[ 4 ] Ethisch zu billigen ist dieses Vorgehen nicht.
    Wir haben in bescheidenem Rahmen mehrere Machtentzugs- und Beseitigungsverfahren gegen europäische Herrscher im 19. Jahrhundert – vor und nach der Entmachtung Ludwigs II. dargestellt und die Vielfalt der rechtlichen Grundlagen und der Indienststellung der Psychiatrie für Expertenurteile über die Regierungsfähigkeit und für die Wegschließung der entmachteten Herrscher erörtert. Wir haben auch die Instrumentalisierung der damaligen Psychiatrie gegen einzelne nicht regierende Mitglieder von Fürstenfamilien – etwa der ehemaligen Braut Ludwigs II., Sophie, Herzogin von Alençon – gezeigt. Dieses reiche historische Tableau zwischen fortschrittlichenverfassungsrechtlichen Regelungen in konstitutionellen Monarchien wie Bayern – oder weniger fortschrittlichen wie im Großherzogtum Baden mit dem Rückgriff auf die Goldene Bulle von 1356 bei der Entmachtung des Erbgroßherzogs Ludwig – wirft ein klärendes Licht auf das Verfahren gegen Ludwig II. Es erlaubt auch ein menschliches Urteil über die an diesem Verfahren beteiligten Personen. Der rechtsgeschichtliche und zivilisatorische Kontext dieser wenigen Beispiele verweist, zumal wenn man an die grausamen Verfahren im russischen Herrscherhaus und die massenhafte Beseitigung unerwünschter Mitglieder von Eliten im Stalinismus denkt, auf den zweiten, von Paul Kirchhof[ 5 ] getragenen Teil unseres Projekts.
    Am Ende zitieren wir im Rückblick auf den Anfang des Absetzungsverfahrens die Essenz der sorgfältigen Analyse des Itinerars König Ludwigs II. durch Franz Merta. Wir wollen damit den Kontrast zwischen der Lebenswirklichkeit Ludwigs II. einerseits und der zweckgerichteten Unterstellung einer «Geisteskrankheit» andererseits noch einmal demonstrieren:
    «Das Itinerar Ludwigs II. gewährt schließlich einen tiefen Einblick in die Lebensweise und Lebensgestaltung des Königs. Insbesondere aufgrund der amtlich festgestellten Geistesgestörtheit des Königs müßte das Itinerar Ludwigs II. wenigstens für die letzten Lebensjahre eigentlich ein Bild völliger Konfusion, Unberechenbarkeit, Planlosigkeit, Launen- und Sprunghaftigkeit bieten. Nichts von alldem läßt sich dort feststellen. Ja dem unvoreingenommenen Betrachter verrät es vielmehr im Gegenteil einen außerordentlich ausgeprägten Ordnungssinn und Gestaltungswillen sowie eine ungewöhnlich starke Grundhaltung der Beharrlichkeit und einer zur Kompromisslosigkeit neigenden Konsequenz. Dabei verläuft die Entwicklung von den Früh- zu den Spätjahren entgegen allen Erwartungen von einer anfänglich größeren Spontaneität zu einer immer festeren, klareren und überschaubareren Ordnung.»[ 6 ]
    Diese durch verlässliche Quellen gesicherten Aussagen sind ein Beispiel von Studien einer kleinen Zahl unvoreingenommener historischer Wissenschaftler. Unbeirrt von den Hindernissen des Zutritts zu den Geheimen Hausarchiven ehemaliger Herrscherfamilien haben sie durch sorgfältige Arbeit an alternativen Quellen verlässliche Beiträge zur Aufklärung des Verfahrens und zu einer objektiven Beurteilung der Leistungen des Königs Ludwig II. von Bayern und vergleichbarer Problemfelder der neuzeitlichen deutschen Geschichte geleistet.

Anhang
A 1
Brief des Finanzministers Dr. von Riedel vom 18. April 1884
A 2
Brief Ludwigs II. an Finanzminister Dr. von Riedel vom 29. August 1885 (betr. Regelung der Probleme seiner Kabinettskasse)
A 3
Memorandum des Ministerratsvorsitzenden, Freiherr von Lutz, gerichtet an den Hofsekretär Klug vom 6. Januar 1886
A 4
Schreiben des Königs an den Minister des Innern, Freiherr von Feilitzsch, vom 26. Januar 1886
A 5
Antwortschreiben des Ministers des Innern, Freiherr von Feilitzsch, vom 31. Januar 1886
A 6
Bericht des Gesamtstaatsministeriums an den König vom 5. Mai 1886
A 7
Gutachten über den Geisteszustand Seiner Majestät des Königs Ludwig II. von Bayern
    1. Ärztliches Gutachten über den Geisteszustand Seiner Majestät des Königs Ludwig II. von Bayern vom 8. Juni 1886
    2. Der ärztliche Bericht des Dr. Grashey vom
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