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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren
Autoren: Jules Verne
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Seetrift, vor Steuerbord unter dem Winde!«
Fußnoten
    1 Sand bedeutet auch im Englischen den »Sand«.
Drittes Capitel.
Die Seetrift.
    Auf den Ruf Dick Sand’s war sofort die ganze Besatzung auf den Füßen; die Mannschaften, welche gerade keine Wache hatten, kamen nach dem Verdeck. Kapitän Hull verließ seine Cabine und begab sich nach dem Vordertheil.
    Mrs. Weldon, Nan, selbst der sonst so indifferente Vetter Benedict lehnten auf dem Barkholz des Steuerbords, um die durch den jungen Leichtmatrosen signalisirte Seetrift aufzusuchen.
    Nur Negoro verblieb in der ihm als Küche dienenden Cabane und schien von der ganzen Besatzung der Einzige zu sein, für den eine Seetrift kein besonderes Interesse hatte.
    Alle schauten mit Aufmerksamkeit nach dem schwimmenden Gegenstande, den die Wellen etwa drei (englische) Meilen vor dem Pilgrim auf und ab schaukelten.
    »He, was könnte das wohl sein? fragte einer der Matrosen.
    – Gewiß ein verlassenes Floß! antwortete ein Anderer.
    – Vielleicht befinden sich auf diesem Floß noch unglückliche Schiffbrüchige? bemerkte Mrs. Weldon.
    – Das werden wir bald wissen, erwiderte Kapitän Hull, doch jene Seetrift ist kein Floß, das ist ein auf der Seite liegender Schiffsrumpf…
     

    Dick und Jack sah man fast stets beisammen. (S. 21.)
     
    – O, sollte es nicht vielmehr ein Seethier sein, etwa ein Wassersängethier von gewaltigem Umfange? ließ sich Vetter Benedict vernehmen.
    – Das glaube ich nicht, erwiderte der Leichtmatrose.

    – Und wofür hältst Du es denn, Dick? fragte Mrs. Weldon.
    – Für ein gekentertes Schiff, wie der Kapitän, Mistreß. Ich glaube sogar die Verkupferung in der Sonne glänzen zu sehen.
    – Wahrhaftig… das scheint so…« bestätigte Kapitän Hull. Dann wandte er sich an den Untersteuermann.
    »Das Steuer in den Wind, Bolton; laß um ein Viertel abfallen, um nach dem Wrack zuzutreiben.
    – Ja, Herr Kapitän, antwortete der Mann am Ruder.
    – Ich bleibe aber doch bei meiner Ansicht, wiederholte Vetter Benedict; das ist ohne Zweifel ein Seethier.
    – Das müßte ein kupferbeschlagener Walfisch sein, entgegnete Kapitän Hull, denn ich sehe ihn deutlich die Sonne widerspiegeln.
    – Jedenfalls werden Sie zugeben, Vetter Benedict, meinte Mrs. Weldon, daß diese Catacee todt wäre, denn sie macht augenscheinlich nicht die geringste Bewegung.
    – Ei, Cousine Weldon, widersprach ihr der starrsinnige Vetter Benedict, das wäre auch nicht das erste Mal, daß man einen Walfisch auf der Meeresoberfläche schlafend anträfe.
    – Ganz richtig, sagte Kapitän Hull, doch in unserem Falle handelt es sich nicht um einen Walfisch, sondern um ein Fahrzeug.
    – Das werden wir erst sehen, meinte Vetter Benedict, der übrigens alle Wassersäugethiere der arktischen und antarktischen Meere für ein einziges seltenes Insect gern hingegeben hätte.
    – Steuere scharf darauf zu, Bolton! rief der Kapitän nochmals, doch laufe die Trift nicht an, sondern eine Kabellänge daran vorbei. Können wir jenem Rumpfe auch keinen großen Schaden thun, so könnten wir dabei doch eine Havarie erleiden und ich möchte die Flanken des »Pilgrim« keinem solchen Stoße aussetzen. Luv’ etwas an, Bolton, luv’ an!«
    Der »Pilgrim«, der bis jetzt direct auf das Wrack zuhielt, ward durch eine leichte Bewegung des Steuers ein wenig abgelenkt.
    Die Brigg-Goëlette befand sich jetzt etwa noch eine Meile von der Trift entfernt. Neugierig betrachteten sie alle Matrosen. Vielleicht barg sie eine werthvolle Ladung, welche man auf den »Pilgrim« herüber schaffen konnte? Bekanntlich gehört der dritte Theil solch’ geborgener Güter den Rettern derselben, und im Falle, daß jene Ladung nicht havarirt war, hätten die Mannschaften noch zuletzt, wie man sagt, eine »gute Hochfluth« gemacht. Das wäre doch noch ein Trost gewesen nach dem kläglichen Fischzuge.
    Eine Viertelstunde später tanzte die Seetrift kaum eine halbe Meile von dem »Pilgrim« auf und ab.
    Es war wirklich ein Fahrzeug, dessen Steuerbord nach außen und oben lag. Gekentert bis zur niederen Schanzkleidung, hätte man sich auf seinem Deck schwerlich zu halten vermocht. Von seiner Bemastung sah man so gut wie nichts mehr. An den Jungfern hingen noch einige gesprengte Taue und die zerrissenen Pardunen der Eselsköpfe. An der Steuerbordwand gähnte eine weite Oeffnung zwischen dem Rippenwerk und den eingestoßenen Planken.
    »Dieses Schiff ist angesegelt worden, rief Dick Sand.
    – Das ist nicht zu bezweifeln,
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