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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren
Autoren: Jules Verne
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entgegnete Kapitän Hull, doch bleibt es ein Wunder, daß es nicht sofort gesunken ist.
    – Wenn hier ein Zusammenstoß stattfand, bemerkte Mrs. Weldon, so darf man wohl hoffen, daß die Mannschaften dieses Schiffes von dem anderen, welches dasselbe übersegelte, aufgenommen wurden.
    – Ja, wir wollen das hoffen, Mistreß Weldon, belehrte sie der Kapitän Hull, wenn die Leute nicht auf ihren eigenen Booten Rettung gesucht haben, im Falle das andere Schiff nach der Collision seinen Kurs sogleich fortsetzte – was leider dann und wann vorkommt!
    – Wäre es möglich! Ein solcher Beweis grausamster Unmenschlichkeit, Herr Hull!
    – Ja, Mistreß Weldon, – es ist, Gott sei es geklagt, so wie ich Ihnen sage!
    – Bezüglich der Besatzung des Schiffes wird meine Ansicht, daß sie dasselbe verlassen, noch dadurch bestärkt, daß ich kein einziges Boot mehr sehe, und wenn die Leute nicht doch etwa aufgenommen wurden, so möchte ich eher glauben, daß sie den Versuch gemacht haben, irgendwo an Land zu kommen. Freilich ist bei der ungeheuren Entfernung Amerikas und der Oceanischen Inseln kaum anzunehmen, daß ein solcher Versuch gelingen könne.
    – Vielleicht, sagte Mrs. Weldon, wird der Schleier nie von diesem Geheimnisse gehoben! Immerhin wäre es möglich, daß sich noch Einer oder der Andere der Mannschaft an Bord befände.
    – Das ist nicht wohl anzunehmen, Mistreß Weldon, erwiderte Kapitän Hull; unsere Annäherung wäre sicher schon bemerkt worden und man würde uns ein Signal geben. Doch wir wollen uns selbst überzeugen. Luv’ an, Bolton, luv’ an!« rief er dem Mann am Steuer zu, und wies mit der Hand nach der einzuschlagenden Richtung.
    Nur drei Kabellängen von dem Wrack befand sich jetzt der »Pilgrim« und man konnte kaum noch zweifeln, daß dasselbe vollständig verlassen sei.
    Eben da machte Dick Sand aber ein Zeichen mit der Hand, die Anderen zum Stillschweigen aufzufordern.

    »Hört! Hört!« sagte er.
    Jeder horchte gespannt.
    »Mir schien, ich hörte ein Gebell!« rief Dick Sand.
    Wirklich erscholl aus dem Innern des Schiffsrumpfes ein entferntes Bellen. Darin befand sich also ohne Zweifel ein noch lebender Hund, der wohl eingesperrt sein mochte, denn möglicher Weise waren die Luken hermetisch geschlossen. Letztere konnte man noch nicht sehen, weil das Verdeck des verunglückten Fahrzeuges nach der anderen Seite gewendet lag.
    »Und wäre auch nur ein Hund darauf, Herr Hull, erklärte Mrs. Weldon, so werden wir diesen retten!
    – Ja…. ei ja!…. rief der kleine Jack erfreut…. den wollen wir retten!…. Ich werde ihm zu fressen geben…. ach, er wird uns so lieb haben…. Mama, wart’, ich will ihm ein Stückchen Zucker holen!…
    – Bleib’ nur hier, mein Kind, antwortete Mrs. Weldon lächelnd. Ich glaube eher, das arme Thier wird dem Hungertode nahe sein und eine gute Pastete Deinem Stückchen Zucker vorziehen.
    – Nun wohl, so gebe man ihm meine Suppe, rief der kleine Jack schnell entschlossen, ich werde sie entbehren können!«
    Jetzt ließ sich das Bellen deutlicher vernehmen. Nur dreihundert Schritte trennte die beiden Fahrzeuge. Fast gleichzeitig erschien ein großer Hund über der Schanzkleidung des Steuerbords, an der er sich anklammerte, während er heftiger bellte als je zuvor.
    »Howik, wandte sich Kapitän Hull an den Quartiermeister des »Pilgrim«, laß beilegen und das kleine Boot aussetzen.
    – Halt aus, mein Hund, halt aus!« rief der kleine Jack dem Thiere zu, das ihm durch halbgedämpftes Bellen zu antworten schien.
    Das Segelwerk des »Pilgrim« wurde sofort so gerichtet, daß das Schiff auf eine halbe Kabellänge von dem Wrack ziemlich unbeweglich stehen blieb.
    Das Boot ward klar gemacht und Kapitän Hull, Dick Sand nebst zwei Mann nahmen darin Platz.
    Noch immer bellte der Hund. Er versuchte sich am Barkholz festzuhalten, kletterte aber immer wieder auf das Verdeck herab. Man konnte glauben, daß sein Gebell sich nicht allein an Diejenigen richte, welche er auf sich herankommen sah. Galt es also vielleicht doch etwaigen Passagieren und Matrosen in dem gekenterten Rumpfe?
    »Sollte sich an Bord doch noch ein überlebender Schiffbrüchiger vorfinden?« fragte sich Mrs. Weldon.
    Nach wenigen Ruderschlägen langte das Boot an dem auf der Seite liegenden Rumpfe an.
    Plötzlich aber veränderte sich das ganze Benehmen des Hundes.
    Auf sein erstes Anschlagen, welches Rettung und Hilfe anzulocken schien, folgte ein wüthendes Bellen. Offenbar schäumte das Thier in
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