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Ein Jahr in Andalusien

Titel: Ein Jahr in Andalusien
Autoren: Veronica Frenzel
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zwischen den Wortgefechten Garnelenspieße,
frittierte Minitintenfische und Miesmuscheln. Das alles spülen sie mit süßem Málaga-Wein hinunter, bevor sie zur nächsten Diskussionsrunde
ansetzen. Jaime gesellt sich dazu und bestellt das Gleiche, anstatt lieblichen Weins ordert er zwei „Pintados“, eine Mischung aus süßem und herbem
Málaga-Wein. Ein älterer Mann hinter der Bar nimmt die Bestellung entgegen. Das Innere ist wie jeder Marktstand gekachelt, damit mit einem
Wasserstrahler in Sekundenschnelle alles gereinigt werden kann.
    „Salud“, Jaime und ich lassen die Gläser klirren. „Auf unsere Zukunft.“ Im Stehen verspeisen wir die Köstlichkeiten, der Wein steigt uns schnell zu
Kopf. „Vor ein paar Tagen habe ich gelesen, dass eine Stiftung Recherchestipendien für junge Journalisten vergibt, bis Mitte des Monats kann ich noch
Vorschläge einreichen. Wenn das Thema ausgewähltwird, bezahlt die Stiftung die gesamten Rechercheausgaben, und man bekommt einen
Mentor zur Seite gestellt, der einen bei der Arbeit betreut“, erzähle ich, während wir die zweite Portion Tintenfische verspeisen. „Seitdem denke ich
die ganze Zeit über ein geeignetes Thema nach, aber leider fällt mir nichts ein.“ „Warte nur ab, dir kommt schon noch der Geistesblitz.“ Jaime ist so
zuversichtlich wie immer.
    „Ich brauche dringend eine Siesta“, sagt Jaime, nachdem wir den dritten Garnelenspieß verputzt haben. Heute handelt es sich eindeutig wieder um einen
Ausnahmefall, ich werde mich dazulegen. Der Wein in Kombination mit der Hitze hat mir den Rest gegeben, kaum liegen wir auf dem Sofa, falle ich in einen
traumlosen Schlaf.

    Mein Handy weckt mich Stunden später wieder auf, es ist Esther. Jaime ist schon wieder in sein Büro zurückgekehrt, mittlerweile ist es
18 Uhr. Ich habe mehr als zwei Stunden geschlafen. Wie sehr die Hitze mir zu schaffen macht, entgeht Esther nicht. Jeder zweite meiner Sätze lautet:
„¡Qué Calor! – Was für eine Hitze!“ „Unser Ausflug nach Cabo de Gata ist ja dringend notwendig.“ Esther will mit mir besprechen, was wir einpacken
müssen, um auf unser Strandabenteuer vorbereitet zu sein. Jede muss sich um ein paar Sachen kümmern.
    Als ich sie am Freitag darauf vom Busbahnhof abhole, um nach Almería aufzubrechen, scheinen die Temperaturen einen erneuten Rekordwert erreichen zu
wollen. Im Gepäck habe ich eine Isomatte, einen dünnen Schlafsack, ein Handtuch und ein Buch. Wie abgemacht, hat Esther eine Kühlbox dabei. „Noch ist
sie leer“, sagt sie und dirigiert mich sofort zum nächsten Supermarkt. Wir kaufen Bier, Obst und eine Riesenstange Eis, Esther schichtet alles in die
Kühlbox. Außerdem decken wir uns mit Brot und Instantkaffee ein. „Es kann losgehen“, sagt sie aufgeregt, als wir wieder Fahrtaufnehmen, und legt eine CD der Musikgruppe El Bicho ein, durch die Fenster bläst der heiße Wind.
    Bis nach Almería sind es zwar nur 180 Kilometer, aber es gibt keine durchgehende Autobahn, den Großteil der Strecke legen wir auf der schmalen
Küstenstraße zurück, die sich entlang unzähliger Buchten schlängelt. Gemächlich nähern wir uns dem Ziel, das Meer verliere ich nicht aus dem
Blick. Esther ist auf dem Beifahrersitz eingeschlafen, die Musik habe ich ausgeschaltet. Sobald wir die Provinz Almería erreichen, begleitet uns am
Fahrbahnrand ein Plastikmeer. Ein riesiges Gewächshaus reiht sich an das andere. Hier wird das Gemüse für die Supermärkte von ganz Europa gezüchtet. Bei
dem Anblick vergeht einem die Lust auf knackiges Gemüse aus Spanien.
    Nach drei Stunden Fahrt passieren wir endlich die Hauptstadt der östlichsten andalusischen Provinz. Von Almería sind es nur noch zwanzig Kilometer bis
zum Naturpark. Gerade als ich auf die Ausfahrt Cabo de Gata zufahre, wacht Esther auf. „Wir sind ja schon da“, sagt sie schlaftrunken. Sie greift zur
Wasserflasche, nimmt einen kräftigen Schluck und spuckt es dann angeekelt aus dem Fenster. „Das ist ja Puchero“, ruft sie. Damit meint sie die
andalusische Suppe aus ausgekochtem Fleisch. „Halt bitte an einer Tankstelle an, ich brauche dringend eine eiskalte Cola.“ Keine schlechte Idee, das
Koffein bringt auch mich wieder auf Vordermann. Esther ist schnell wieder in Höchstform.
    „Cabo de Gato ist die größte Vulkanlandschaft der Iberischen Halbinsel, seit 1987 ist die Küste und auch das Meer unter Naturschutz gestellt“, klärt
sie mich auf, als wir wieder im Auto sitzen. Die Landschaft der
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