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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8
Autoren: Horst Biernath
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Sparbüchsen gelegt; aber der Peter kannte den Trick, wenigstens die kleinen Münzen gelegentlich mit Hilfe einer Stricknadel herauszuzaubern.
    »Meinst du nicht, Mutti, daß man für fünf Mark schon einen kleinen Hund bekam’?« fragte Anni, als die Münze durch den Schlitz in den Bauch des Sparschweins klingelte.
    »Lieber Gott, daß du auch gar keine Ruhe gibst«, seufzte Frau Holldorf und tunkte den Schrubber mit dem Wischtuch in den Wassereimer. »Hast du eine Ahnung, was ein Hund kostet? Für fünf Mark kriegst du noch nicht einmal den Schwanz zu kaufen, womit er wedelt.«
    Eine Weile später liefen die Kinder zum Fluß hinunter, um auf den Wiesen zu spielen und womöglich den Schäfer Karl mit seiner Herde und den beiden Hunden Blitz und Hasso zu treffen. Aber der Schäfer war mit seiner Herde schon so weit gezogen, daß es sich nicht mehr lohnte, ihm nachzulaufen. Ein Stück hinter der Eisenbahnbrücke an dem Altwasser, wo man zwischen den Büschen in den Tümpeln, die der Fluß bei Überschwemmungen zurückließ, Fische fangen konnte, entdeckten sie einen Kerl, der gerade dabei war, den letzten von drei jungen Hunden zu ertränken.
    »Es is’, erklärte er den Kindern auf ihre entsetzten Fragen gleichmütig und mit schnuffeliger Stimme, »weil die Hündin neun Junge geworfen hat und als Rassehündin mit ‘n Stammbaum nur sechs säugen darf. Und da hat mich die Frau, wo ich auch Holz hacken tu und die Briketts im Keller aufschicht, drei Mark gegeben, weil sie es selber nicht iebers Herz bringen tut, die Welpen abzukrageln.«
    Das Hundejunge, für die paar Stunden, die es leben mochte, erstaunlich kräftig, lag blind und piepsend auf dem alten Sack, in dem der Kerl die junge Brut hergeschafft hatte. Er packte es nicht einmal herzlos, sondern mit einem fast sanft zu nennenden Griff beim Genick, um auch an ihm das Todesurteil zu vollstrecken.
    »Nein!!!« schrien die Kinder ihn an.
    »Was heißt hier nein?« fragte er zurück und blinzelte die Kinder aus entzündeten Augen an, »denen is es bestimmt. Und ersäuft werden is ‘n scheener Tod, das macht noch een’ Schnapper und is weg. Seemannslos... >Dunkel die Nacht und die See geht hoch<, haben wir gesungen bei die Marine. Also nun geht man spielen. Ihr braucht ja nich grade zusehn, nich?«
    »Wenn Sie es tun, fang ich zu schreien an«, sagte die Anni wild entschlossen.
    Der Kerl schaute sich langsam nach allen Seiten um. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Ein Schlepper tuckerte langsam stromauf, mit zwei Kähnen hinter sich, die so schwer Kies geladen hatten, daß das Wasser fast über die Bordwand schwappte. Und weiter hinten rollte ein endloser Güterzug über die Eisenbahnbrücke.
    »So, schreien willst du«, sagte der Kerl und bekam einen tückischen Blick, »na, denn schrei man zu.«
    Die Kinder zogen sich ein paar Schritte zurück. Der Mann war schon ziemlich alt, und zu fassen bekam er sie nie.
    »Wir schreien nicht hier«, sagte der Peter, »das brauchen Sie Ihnen nicht einzubilden. Aber wir rennen hinter Ihnen her, wo Sie auch hingehn, und schreien Ihnen Hundsmörder nach, bis die Polizei kommt.«
    »Jawoll, bis ein Polizist kommt«, widerholte die Anni. Nie hätte sie ihrem Bruder solch einen guten Einfall zugetraut. »Und dann werden wir ja sehen, was passiert, wenn die Polizei kommt, und ob man junge Hunde einfach ertränken darf.«
    »Also, zum Henker, was wollt ihr von mich eigentlich?«
    »Sie sollen den kleinen Hund leben lassen!«
    »Was ihr nich sagt! Und wo leben lassen und wie leben lassen? Soll ich ihm vielleicht eine Amme besorgen, die wo ihn säugt? Oder ihm die Flasche geben, wo ich selber nichts zu fressen habe, he? Macht bloß, daß ihr wegkommt, aber schnell, sonst schmeiß ich euch was Hartes ins Kreuz!« Und er grub mit seinen Fingern einen faustgroßen Stein aus dem Boden.
    Auch der Peter bückte sich. Er brauchte nach Steinen nicht zu graben, denn die handlichsten Kiesel lagen, vom Fluß hochgeschwemmt, zu Dutzenden vor seinen Füßen.
    »Hören Sie«, rief die Anni, der ein silberner Gedanke durch den Kopf blitzte, »ich habe daheim in der Sparbüchse fünf Mark. Grad gestern habe ich sie geschenkt bekommen. Dafür kaufe ich Ihnen den Hund ab. Ich renne heim und hol das Geld.«
    »Du bist gar nich blöd. Für fünf lumpige Eier willst du ‘nen Rassehund kaufen, wo unter Brüdern seine dreihundert Piepen oder noch mehr wert is, was?«
    »Mehr habe ich nicht.« Sie sah ihren Bruder flehend an, auch sein Fünfmarkstück
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