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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur
Autoren: Ian Banks
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lediglich als Terroristen brauchbar. Ich hätte mir vorstellen können, daß er sie rein aus Prinzip an die Polizei verkaufen würde, auch wenn sie ihm eine Menge Geld anboten. Ging er allmählich dazu über, sich gegen Verluste abzusichern, für den Fall, daß er aufs falsche Pferd setzte, oder war er einfach unersättlich gierig? Es gibt hier ein Sprichwort: Verbrechen flüstert, Geld redet.
    »Aber es befinden sich Leute auf dem Schiff, nicht nur…«
    »Du wirst sie nicht zu Gesicht bekommen. Und überhaupt, es handelt sich um Gardisten, Marinemitglieder, Handlanger der Regierung, Geheimdienstagenten… Warum machst du dir um die Sorgen?« Kaddus klopfte mir auf die feuchte Schulter. »Du schaffst es!«
    Ich wandte den Blick ab von seinen müden grauen Augen und senkte ihn auf die Pistole, die ruhig in meiner Faust lag und deren kleiner Bildschirm schwach leuchtete. Verraten von meiner eigenen Haut, meiner eigenen Berührung. Ich dachte wieder an die Krankenhausrechnung. Ich hätte am liebsten geweint, doch das schickte sich nicht bei diesen Männern hier, und was hätte ich sagen sollen? Ich war eine Frau, ich war die Kultur. Doch ich hatte diese Eigenschaften abgelegt, und jetzt bin ich ein Mann, und jetzt befinde ich mich in der Freien Stadt Vreccis, wo nichts frei ist.
    »Nun gut«, sagte ich mit einem bitteren Geschmack im Mund. »Ich werde es tun.«
    Cruizell sah enttäuscht aus. Kaddus nickte. »Gut. Das Schiff kommt am Neunttag; du weißt, wie es aussieht?« Ich nickte. »Dann wirst du keinerlei Probleme haben.« Kaddus lächelte dünn. »Man kann es fast von überall in der Stadt sehen.« Er brachte etwas Bargeld zum Vorschein und schob es mir in die Manteltasche. »Nimm dir ein Taxi. Die U-Bahn ist heutzutage zu unsicher.« Er tätschelte mir leicht die Wange; sein Hand roch nach einem teuren Parfüm. »He, Wrobik, mach ein fröhlicheres Gesicht, ja? Du wirst ein verdammtes Raumschiff zusammenschießen. Das ist doch eine tolle Erfahrung.« Kaddus lachte und sah zuerst mich und dann Cruizell an, der pflichtschuldigst ebenfalls lachte.
    Sie gingen zurück zum Wagen; er brummte in die Nacht davon, die Reifen drehten auf der regennassen Straße quietschend durch. Ich blieb zurück und beobachtete, wie die Pfützen großer wurden, und die Waffe lastete in meiner Hand wie eine Schuld.
     
    »Ich bin ein Leicht-Plasma-Projektor, Modell LPP 91, zweite Produktionsserie, gebaut in A/4882.4 in der Fabrikationsanlage Sechs im Spanshacht-Trouferre-Orbital, Orvolous-Sternenhaufen. Seriennummer 3.685.706. Gehirnwert Punkt eins. AM-batteriebetrieben, Nennleistung: unendlich. Maximale Energie pro Einzelgeschoß: 3.1 x 8 10 Joules, Recyclingzeit 14 Sekunden. Höchste Feuerleistung: 260 U/Sek. Verwendung ausschließlich genofixen Individuen der Kultur vorbehalten, epidermale Genanalyse. Nur mit Handschuhen oder leichter Panzerung zu benutzen, Speicherung der Zugangs-›Modi‹ mittels Befehlsknöpfen. Unbefugter Gebrauch ist sowohl verboten als auch strafbar. Erforderlicher Fähigkeitsgrad 12 – 75 % C. Ausführliche Instruktionen folgen; benutzen Sie die Befehlsknöpfe und den Bildschirm für: Wiederholen, Suchen, Pause oder Stop…
    Instruktionen, Teil eins: Einführung. Der LPP91 ist eine für friedliche Bedingungen ausgelegte Allzweckwaffe mit einem hochentwickelten Betriebssystem, nicht geeignet für unbegrenzten Kampfeinsatz; ihre Konstruktions- und Leistungsparameter basieren auf den Empfehlungen von…«
    Die Pistole lag auf dem Tisch und erzählte mir mit hoher, blecherner Stimme alles mögliche über sich, während ich lässig in einem Sessel hing und auf die emsige Geschäftigkeit einer Straße in Vreccis Unterstadt hinausblickte. U-Güterzüge erschütterten alle paar Minuten den baufälligen Apartmentblock, Verkehr wimmelte auf Straßenebene, reiche Leute und die Polizei bewegten sich mit Fliegern und Patrouillenkreuzern durch die Luft, und über alledem schwebten die Raumschiffe.
    Ich kam mir vor wie in einer Falle, gefangen zwischen all diesen Schichten der Bewegung.
    In weiter Ferne sah ich über der Stadt den schlanken, glänzenden Turm der städtischen Vertikalbahn, der sich auf seinem Weg in den Raum geradewegs bis zu den Wolken und durch sie hindurch erhob. Warum konnte der Admiral nicht einfach die V-Bahn benutzen, anstatt eine große Schau abzuziehen und mit seinem eigenen Schiff zurückzukehren? Vielleicht fand er ein Transportmittel, das nur ein besserer Aufzug war, seiner unwürdig.
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