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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur
Autoren: Ian Banks
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Abheben des Moduls, dunkel und leise, hinauf in den nächtlichen Himmel und zu dem wartenden Schiff, habe ich nur zweimal Zuflucht genommen zu dem Vermächtnis der Kultur, der veränderten Biologie, und kein einziges Mal zu ihren Artefakten; bis jetzt. Die Waffe ergeht sich immer noch in weitschweifigen Erklärungen). Ich habe ein Paradies verlassen, das mir trostlos vorkam, und es gegen ein grausames und habgieriges System eingetauscht, brodelnd vor Leben und Betriebsamkeit; einen Ort, an dem ich… was?… zu finden hoffte. Ich weiß es nicht. Ich wußte es bei meinem Aufbruch nicht, und ich weiß es jetzt immer noch nicht, obwohl ich hier wenigstens Maust gefunden habe, und mit ihm gemeinsam empfinde ich das Suchen nicht mehr als so einsam.
    Bis letzte Nacht schien sich das Suchen zu lohnen. Jetzt schickt Utopia ein winziges Päckchen der Zerstörung, eine beiläufige, zufällige Botschaft.
     
    Wo haben Kaddus und Cruizell das Ding nur aufgetrieben? Die Kultur hütet ihre Waffen eifersüchtig, mit peinlicher Unerbittlichkeit. Man kann keine Waffen der Kultur kaufen, zumindest nicht von der Kultur selbst. Ich vermute allerdings, daß manchmal dies oder jenes durchschlüpft; es ist von allem so reichlich vorhanden in der Kultur, daß bestimmt gelegentlich Gegenstände in die falschen Kanäle geraten. Ich schüttete mir noch ein Glas ein, hörte der Waffe zu und betrachtete den wäßrigen Regenzeit-Himmel über den Dächern, Türmen, Antennen, Empfangsschüsseln und Kuppeln der Großen Stadt. Vielleicht entglitten Waffen häufiger dem manikürten Griff der Kultur als andere Produkte; sie künden von Gefahr, sie sind ein Zeichen von Angst, und sie werden nur dort gebraucht, wo die berechtigte Aussicht besteht, daß sie verlorengehen, also müssen sie notwendigerweise dann und wann verschwinden, als geforderter Preis hingenommen werden.
    Das ist natürlich der Grund, weshalb sie mit Schaltkreisen ausgestattet sind, durch die die Waffen nur von den Kultur-Zugehörigen bedient werden können (also von vernünftigen, gewaltlosen, defensiven Kulturisten, die natürlich eine Waffe ausschließlich zur Selbstverteidigung einsetzen würden, wenn sie zum Beispiel von einem vergleichsweise barbarischen Wesen bedroht würden… oh, diese selbstzufriedene Kultur; ihr Imperialismus der Überheblichkeit!). Diese Pistole ist ein antikes Stück; sie ist nicht veraltet (denn das paßt nicht in das Konzept, dem die Kultur anhängt – sie baut für die Ewigkeit), sondern lediglich unmodern, kaum intelligenter als ein Haustier, während die modernen Waffen der Kultur ein Empfindungsvermögen haben.
    Die Kultur stellt wahrscheinlich nicht einmal mehr Handwaffen her. Ich habe das gesehen, was sie Bewaffnete Begleitschutz-Drohnen nennen, und wenn eins dieser Geräte irgendwie Leuten wie Kaddus und Cruizell in die Hände fiele, würde es sofort Alarm schlagen und um Hilfe rufen und außerdem seine Energien dafür einsetzen, einen Fluchtversuch zu unternehmen, durch Schüsse diejenigen zu verletzen oder gar zu töten, die es benutzen oder gefangennehmen wollen, sich um ein Entkommen durch das Unterbreiten verlockender Angebote bemühen oder zu zerstören, wenn es befürchtete, auseinandergenommen oder sonstwie belästigt zu werden.
    Ich trank noch mehr Jahl. Ich sah wieder auf die Uhr; Maust hätte längst da sein müssen. Der Club schloß immer pünktlich, wegen der Polizei. Es war den Angestellten nicht erlaubt, nach der Arbeit mit den Kunden zu reden; er kam immer gleich nach Hause… Ich spürte, wie Angst in mir hochstieg, unterdrückte sie jedoch. Natürlich war alles in Ordnung mit ihm. Es gab andere Dinge, um die ich mir Gedanken machen mußte. Noch mehr Jahl.
    Nein, ich konnte es nicht tun. Ich hatte die Kultur verlassen, weil sie mich langweilte, aber auch weil die sendungsbesessenen, sich in alles einmischenden Moralapostel vom Kontakt manchmal verlangten, daß man genau solche Dinge tat, die man bei anderen verhindern sollte: Kriege anzetteln, Meuchelmorde verüben… die ganze Palette aller Schlechtigkeiten… Ich hatte noch nie direkt mit Besonderen Gegebenheiten zu tun gehabt, aber ich wußte, was gespielt wurde (Besondere Gegebenheiten bedeutet mit anderen Worten Schmutzige Tricks in der vielsagenden, einzigartigen Umschreibung der Kultur). Ich weigerte mich, mit einer solchen Scheinheiligkeit zu leben, und wählte statt dessen diese auf ehrliche Weise selbstsüchtige und habgierige Gesellschaft, die nicht vorgab, gut zu
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