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Ein gefaehrlicher Liebhaber

Titel: Ein gefaehrlicher Liebhaber
Autoren: Linda Howard
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bekam die Knete. Nein, keiner würde eine schlechte Presse riskieren, indem er sie ins Team aufnahm. Sie war schon auf zahlreichen kleineren Ausgrabungen gewesen, aber alle wirklich wichtigen blieben ihr verschlossen.
    Nicht, dass sie ihren Namen geändert hätte, selbst wenn es was genützt hätte. Ihr Vater war ein wundervoller Mann gewesen, ein brillanter Archäologe. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt und vermisste ihn selbst jetzt noch, obwohl er schon die Hälfte ihrer achtundzwanzig Jahre tot war. Es machte sie zornig, dass seine zahllosen unschätzbaren Beiträge zur Archäologie ignoriert wurden, bloß weil er ein paar Theorien entwickelt hatte, die er nie hatte beweisen können. Er war während einer Forschungsreise durch den Amazonasdschungel umgekommen, einer Reise, bei der er gehofft hatte, unwiderlegbare Beweise für eine seiner kühnsten Theorien zu finden. Als Scharlatan und Narr war er beschimpft worden, doch nach seinem Tod bezeichneten ihn die mitfühlenderen Seelen lediglich als einen »Irregeleiteten«.
    Cyrus Sherwoods Ruf verfolgte Jillian seit dem Studium. Sie hatte daher das Gefühl, fleißiger, gewissenhafter und härter arbeiten zu müssen als jeder andere und es sich nicht leisten zu können, irgendwelchen Träumen nachzuhängen, so wie ihr Vater. Sie hatte ihr Leben der Archäologie verschrieben, hatte sich nie einen Urlaub gegönnt, hatte alle Zeit und Willenskraft auf die Verfolgung ihres Ziels verwandt.
    Und alles umsonst.
    Die Tochter des »Spinners« Sherwood war nun mal auf keiner bedeutenderen Ausgrabung willkommen.
    Sie schlug mit der flachen Hand gegen die Wand. Er war kein Spinner, dachte sie zornig. Er war vielleicht ein Träumer gewesen, ein wenig exzentrisch, aber wenn er zu Hause war, war er ein wundervoller Vater gewesen. Obendrein war er ein verdammt guter Archäologe gewesen. Davon war sie absolut überzeugt.
    Bei dem Gedanken an ihn fielen Jillian wieder die Schachteln ein, die Schachteln mit seinen Papieren, die sie nie geordnet hatte. Nach seinem Tod waren die Unterlagen des Professors verpackt und das Haus verkauft worden. Ihr Halbbruder Rick hatte die Schachteln mit in sein schäbiges Apartment genommen, und dort verstaubten sie in irgendeiner Ecke. Er hatte keinerlei Interesse an den Sachen und hatte sie ihres Wissens auch nie angerührt. Als Jillian mit dem Studium fertig war und in eine eigene Wohnung zog, hatte sie ihm angeboten, die Schachteln zu sich zu nehmen, aber Rick hatte abgelehnt - eher deshalb, weil sie sie wollte, so vermutete sie, als aus einem echten Interesse an den Sachen ihres Vaters.
    Doch auch hier irrte sich Rick, wie so oft. Natürlich hätte sie die Sachen ihres Vaters nie weggeworfen oder verkommen lassen, doch unbedingt erpicht auf sie war sie ebenso wenig gewesen. Eher im Gegenteil. Zu diesem Zeitpunkt hatte Jillian den schlechten Ruf ihres Vaters schon leidvoll und unmissverständlich zu spüren bekommen, und sie wollte nichts lesen, das sie möglicherweise selbst glauben ließe, er wäre der Spinner gewesen, als den ihn seine Kollegen regelmäßig hinstellten. Da war es besser, ihn so in Erinnerung zu behalten, wie sie ihn gekannt hatte.
    Doch nun überkam sie auf einmal eine brennende Neugier, ein starkes Bedürfnis, ihm wieder näher zu sein. Er war kein Narr! Einige seiner Theorien waren zwar unkonventionell, aber vor fünfhundert Jahren war der Gedanke, die Erde sei rund, schließlich ebenso närrisch gewesen. Ihr Vater hatte zahllose Stunden über Landkarten und Reiseberichten gebrütet, hatte zahllose Spuren verfolgt, um seine Theorien zu untermauern. Und draußen, bei Ausgrabungen, war er superb gewesen, ein Genie, wenn es darum ging, aus den wenigen noch übrigen Scherben eine alte Welt erstehen zu lassen.
    Sie wünschte, sie hätte diese Schachteln jetzt hier. Ihr Vater hatte sie von klein auf ermutigt, und genau das fehlte ihr jetzt. Er selbst war nicht mehr da, aber diese alten Unterlagen waren mehr er selbst als die paar Erinnerungsstücke, meist Fotos, von ihm, die sie besaß.
    Ein paar Minuten lang war sie unschlüssig. Dies war der schwärzeste Moment ihrer Karriere, so wütend und traurig war sie nicht mehr gewesen, seit sie vom Tod des Professors erfahren hatte. Sie war von Natur aus eine unabhängige Person, aber selbst die unabhängigsten Menschen brauchen manchmal Trost, und dies war ein solcher Moment. Sie brauchte die Nähe zu ihrem Vater, die Auffrischung ihrer Erinnerungen an ihn.
    Einmal entschieden, ging
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