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Ein Freund des Verblichenen

Ein Freund des Verblichenen

Titel: Ein Freund des Verblichenen
Autoren: Andrej Kurkow
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mach zu, und dann reden wir.«
    Er schloß die Tür ab, verhängte die Schaufenster.
    »Alles all right «, verkündete er und setzte sich auf seinen Platz hinter dem Ladentisch. »Also, der Typ, von dem ich redete, ist gerade Vater geworden … Und er hat selber gesagt, daß er jetzt in keine ernsthaften Sachen einsteigen will … So daß dein Liebhaber gerade zur rechten Zeit kommt.«
    »Und wieviel will er?« erschrak ich.
    »Er wollte siebenhundert, aber ich habe mit ihm gehandelt … Na, und ich habe versprochen, daß du alles selber vorbereitest.«
    »Was muß ich vorbereiten?« erschrak ich.
    »Na, verschiedene Informationen. Wann und wo er sich aufhält. Vielleicht machst du ein Foto von ihm …«
    Ich dachte über das Foto nach und begriff plötzlich, daß ich in diesem Moment tatsächlich an einen abstrakten Menschen gedacht hatte, an den mir unbekannten, nie gesehenen Liebhaber meiner Frau. ›Mein Gott‹, rief ich in Gedanken aus. ›Es geht ja um mich, um meine Fotografie, um die Orte, an denen ich mich aufhalte!‹ Als ich mich beruhigt und die Lahmheit meiner Gedanken auf das schlechte Wetter und den ›Damenwodka‹ geschoben hatte, klinkte ich mich wieder in das von mir selbst erfundene Spiel ein.
    »Also was?« fragte Dima nach einer Pause.
    »Wegen der Vorbereitungen?«
    »Ja.«
    »In Ordnung. Ein Foto kriegt er. Und worauf habt ihr euch am Ende geeinigt?«
    »Vierhundertfünfzig Grüne. Zu Anfang sind wir bei fünfhundert gelandet, aber ich habe gespürt, daß ich ihn noch ein bißchen runterdrücken kann. Also mußt du eine Flasche spendieren!«
    »Und wann treffe ich mich mit ihm?«
    »Na, hör mal! Warum solltest du dich mit ihm treffen? Er ruft dich morgen abend an, und du schickst ihm alles Notwendige.«
    Nach dem geschäftlichen Teil des Gesprächs wollte sich ein anderes nicht mehr so recht anbahnen, wir saßen noch eine halbe Stunde und füllten die Pausen zwischen den Gläsern mit Witzen aus, bevor wir uns trennten.
    Als ich nach Hause kam, war meine Frau noch nicht da. Ich kochte mir Tee, sah auf die Uhr – es war schon nach Mitternacht. Im Haus gegenüber waren nur noch einige Fenster erleuchtet. Draußen war es feucht. Der Asphalt glänzte in den gelben Flecken der Straßenlaternen. Aus irgendeinem Grund schien es mir in der Küche heiß zu sein, und ich machte das Fenster auf. Ich lehnte mich hinaus und sah hinunter auf die leere Straße. Ich hatte so ungefähr fünf Minuten hinuntergesehen, als neben unserer Eingangstür ein altes rotes Auto westlichen Typs hielt, aus dem meine Frau und irgendein Kerl ausstiegen. Ich fürchtete schon, sie würden jetzt beide ins Haus gehen, aber das passierte nicht. Sie küßten sich unter der Laterne, die den Eingang erleuchtete, sie ging hinein, und der Kerl setzte sich ins Auto und fuhr davon.
    ›So ist das also‹, dachte ich, auf die jetzt wieder völlig leere Straße starrend. An den hätte ich wohl heute am Anfang meines Gesprächs mit Dima denken sollen. An sein Foto. Vielleicht könnte man noch alles umpolen und tatsächlich auf ihn anwenden? Aber dann wäre in dem allen nichts Originelles. Banale Eifersucht. Und noch nicht mal eine begründete, weil ich ja schon seit langem meine Frau nicht mehr liebte, und das bei voller Gegenseitigkeit. Nein, soll er doch leben, oder genauer, sollen sie doch leben und sich dessen freuen. Obwohl ich denke, daß mein bestellter Mord auch auf sie eine Wirkung haben wird, nur was für eine, weiß ich nicht.
    Der Schlüssel knirschte im Türschloß.
    »Du schläfst noch nicht?« bemerkte meine Frau gleichgültig, aber mit einem Anflug von Verwunderung.
    »Ich habe Tee getrunken und aus dem Fenster gesehen«, antwortete ich.
    Daraufhin erwiderte sie nichts mehr. Sie ging ins Zimmer.
    Ich wartete, bis sie dort das Licht ausgemacht hatte, und ging dann auch schlafen.

5
    Am nächsten Abend rief Dimas Bekannter an. Er stellte sich als Kostja vor und gab mir zwei Tage für das Foto und für die ›Vorbereitung von Instruktionen‹. Er versprach, in zwei Tagen wieder anzurufen und mir mitzuteilen, wie ich ihm das Material zukommen lassen könnte.
    Am Morgen holte ich einen Schuhkarton hervor, in dem jugoslawische Schuhe gewesen waren, die ich schon vor langem abgetragen und weggeworfen hatte. In diesem Karton waren meine Fotos aufbewahrt, angefangen von dem nackten Baby auf dem Fell, na, und so weiter, ohne jede chronologische Ordnung, alles durcheinander. Aber selbst die neuesten Fotos waren schon vor fünfzehn
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