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Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Peter Henning
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Krempel vollgepackten Einkaufswagen durchs grelle Sonnenlicht schob.
    Arme Sau, dachte Bertram, leerte sein Glas, legte einen Zehner auf den Tisch, erhob sich und trat hinaus in den Sommertag.
    ***
    Der Anruf aus Recklinghausen erreichte ihn kurz nach halb zehn. Es war sein freier Tag. Er stand im Bad und rasierte sich. Der Polizeidirektor war höchstpersönlich in der Leitung gewesen.
    Wie eine verliebte Pennälerin hatte Barbara einige Wochen zuvor mit ihrem Lippenstift ein riesiges rotes Herz auf den Spiegel gemalt, das ihrer beider, durch ein dickes Pluszeichen miteinander verbundene Initialen umschloss. Kirchner erfreute sich jedes Mal neu an dem Anblick, wenn er im Bad am Waschbecken stand und sein Gesicht mit Rasierschaum bedeckte. Barbara schien ihn wirklich zu lieben und ließ ihn morgens kaum aus dem Bett. Bevor sie ging, verabredeten sie, dass er sie gegen eins im Sportstudio abholte und sie anschließend gemeinsam zu Mittag essen würden. Doch daraus wurde nichts.
    Kirchner fuhr umgehend in die Markgrafenstraße, rief seine Leute zusammen und improvisierte eine schnelle Lagebesprechung. Anschließend fuhren sie los, mit Ziel Gladbeck. Vier Fahrzeuge mit jeweils vier Mann, unterstützt durch weitere Beamte vor Ort. Das SEK Dortmund kam ins Rollen.
    Als sie in Rentfort-Nord ankamen, versperrten ihnen mitten auf der Straße geparkte Übertragungswagen von WDR und RTL den Zugang zum Deutsche-Bank-Gebäude. Zwischen parkenden PKW rangelte eine Meute von Journalisten und Kameramännern um die besten Plätze. Reporter, Mikrophone in der Hand, redeten in auf sie gerichtete TV-Kameras, während rund um die Bank uniformierte Beamte erfolglos versuchten, neugierige Passanten und Journalisten auf Distanz zum Eingang zu halten. Die umliegenden Geschäfte des kleinen Einkaufsparks waren alle geschlossen. In einem weitgeöffneten Fenster über einer Metzgerei stand ein vielleicht zehnjähriger Junge und grinste. Auf den Balkonender umliegenden Blocks versammelten sich die Bewohner und starrten gebannt herüber. Vorsichtig ausgedrückt, war die Lage aus Kirchners Sicht unübersichtlich.
    »Um fünf sind wir beim Tennis!«, hatte Jens Berischa im Wagen vollmundig getönt. Nun legte er, wie die anderen, wortlos seine schusssichere Weste an. Die Vorbereitungen für einen »Kleinen Notzugriff« liefen. Sie würden Körperschallmikrophone und, trotz des ausdrücklichen Verbots »von oben«, zur präzisen Täterbestimmung ein Sichtokular einsetzen. Noch war unklar, mit wem sie es zu tun hatten.
    »Wir machen es wie besprochen.« Kirchner stimmte letzte Details ab. »Wenn wir um fünf beim Tennis sein wollen, bleiben uns noch gut zwei Stunden!«
    Berischa grinste, warf seine Kippe auf den Boden und trat sie aus.
    Kirchner sah noch einmal auf seine Uhr, blickte in die Runde und setzte mit einem Nicken die Aktion in Gang.
    ***
    Inzwischen saßen sie seit über zehn Stunden in der Bank fest. Draußen war es bereits Nacht, doch das harte Licht der TV-Scheinwerfer, umschwirrt von Insekten, erhellte den Platz vor dem Bankgebäude und schlug durch die Sichtblenden bis in die Bank hinein. Seit Stunden dröhnten die Aggregate für den Strom. Es war zum Verrücktwerden.
    »Ich garantiere Ihnen freien Abzug«, hatte Schönwald ihm in ihrem letzten Telefonat versprochen. Das sei mit der Polizei so ausgehandelt. Und, nein, man würde sie nicht verfolgen.
    »Wenn die Bullen sich nicht dran halten, knallt et, und ich hämmer der Andrea eins rein!«, antwortete Rösner und legte auf.
    Er konnte nicht sagen, wie oft er seit dem Morgen mit Schönwald gesprochen hatte. Der Mann machte einen vernünftigenEindruck auf ihn. Nun warteten sie auf den geforderten Fluchtwagen, einen dunklen PS-starken BMW.
    Auf dem Schreibtisch lag das Paket mit den 300

000 Mark. Der Reinhard hatte es auf dem Boden liegend durch die spaltbreit geöffnete Tür reingeholt. Der Dieter hatte ihm einfach seinen Gürtel um den Hals gebunden und ihn damit wie einen Hund an der Leine gehabt. Gar nicht so blöd, der Dieter, hatte Rösner gedacht und sich zufrieden eine Marlboro angesteckt.
    Die Presse spielte schon den ganzen Tag verrückt. Dauernd läutete das Telefon. Am Ende verbot er der Andrea abzuheben. Er hatte echt keinen Bock mehr auf die blöden Fragen der Journalisten. Außerdem war er müde. Und hungrig. Er wollte bloß noch weg, raus aus der Bank und ab durch die Mitte.
    Um kurz vor halb zehn kam endlich Bewegung in die Sache. Ein weißer Audi 100 fuhr vor die
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