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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
Autoren: Anthony Bourdain
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Bestsellerliste der New York Times , doch ich wurde ein gesundes Misstrauen nicht los, das mir riet, meine Anstellung besser zu behalten. Der Erfolg konnte nicht von Dauer sein, dachte ich mir. Nur ein Zufallstreffer. Eine Eintagsfliege. Würde ein Buch, das ich für ein paar Postenchefs und Barkeeper aus New York und Umgebung verfasst hatte, jenseits des Dreistaatengebiets New York, New Jersey und Connecticut überhaupt jemanden interessieren? Wenn ich in den achtundzwanzig Jahren im Restaurantgeschäft etwas gelernt hatte, dann dies: Was heute wie Glück aussieht, verwandelt sich morgen todsicher in Scheiße.
    Zwar bezweifelte ich, dass ich mich länger im Ruhm würde sonnen können, doch war mir durchaus bewusst, dass ich
meinem Verleger ganz gute Verkaufszahlen bescherte. Ich war vielleicht Pessimist, aber ein Idiot war ich nicht. Solange also das Eisen noch heiß war, bot ich ihm ein zweites Buch an, mit einem entschieden höheren Vorschuss, schnell, bevor meine Erfolgssträhne vorbei war und ich zwangsläufig wieder in der Mittel- und Bedeutungslosigkeit versank. Kess schlug ich ein Buch über Reisen durch die ganze Welt vor, die ich unternehmen wollte, überall dorthin, wo ich schon immer mal hingewollt hatte und wo ich nach Herzenslust essen, trinken und in die Bredouille geraten konnte. Ich sei bereit, mich auf den Weg zu machen und darüber zu schreiben, so mein Vorschlag. Wenn mein Verleger es bezahlte.
    Erstaunlicherweise wollte er es bezahlen.
    Kurze Zeit später spazierten zwei unscheinbare Männer ins Les Halles und fragten mich, ob ich Interesse am Fernsehen hätte. Sie dachten sicher an die Verfilmung von Geständnisse eines Küchenchefs , die Rechte dafür hatte ich aber bereits nach Hollywood verkauft (wo mein Buch zu einer sehr kurzlebigen Sitcom verwurstet wurde).
    Ich wandte ein, ich hätte ohnehin nicht viel Zeit, da ich ein Jahr lang durch die Welt reisen und meine Kindheitsfantasien vom exotischen Fernen Osten wahr machen wollte. Doch sie zeigten sich unverdrossen interessiert.
    Ich muss einschieben, dass ich schon damals, als ich noch meine Kochschürze trug, jeden misstrauisch beäugte, der behauptete, er wolle mir einen Fernsehjob anbieten. Wenn Leute von Film und Fernsehen einem erzählen, sie seien »große Fans« und freuten »sich riesig auf das Projekt«, so viel wusste ich schon, dann hieß das gerade mal, dass sie einem das Mittagessen zahlen würden. Noch skeptischer
wurde ich, als sie erwähnten, dass Food Network das Projekt sehr wahrscheinlich einkaufen wollte. Das allein schon ließ vermuten, dass die beiden Schwachköpfe absolut keinen Schimmer und keinen Einfluss hatten. Ich hatte schon eine Weile wild auf die Hauptverdiener bei Food Network eingedroschen. Das war inzwischen so eine Art Nummer, die sich verselbstständigte und auch weiterlaufen würde, wenn ich sie nicht mehr brachte. Dass die beiden Food Network auch nur erwähnten, ließ vermuten, dass mangelnde Fantasie noch ihr geringstes Problem war.
    Das Wort »wahnhaft« kam mir in den Sinn.
    Dann, eine Woche später, teilten sie mir telefonisch mit, dass sie ein Treffen arrangiert hatten. Ich war sauer. Stocksauer. Das konnte ja nichts werden. Reine Zeitverschwendung, ganz sicher. Vor dem Gespräch hielt ich deshalb weder eine Dusche noch eine Rasur für angebracht.
    Danach hatte ich eine eigene Sendung: A Cook’s Tour (Ein Küchenchef reist um die Welt). Entgegen unserer Absicht und ernsten Bemühung entwickelte sie sich zu einem gonzoartigen Reisebericht mit Filmmaterial von unterwegs und zusammengestöpseltem Hintergrundkommentar. Ich war davon ausgegangen, dass ich nur so lange fürs Fernsehen arbeiten würde, wie ich an dem Buch schrieb, doch zu meiner Überraschung wurde eine zweite Staffel gedreht. Und noch unglaublicher war, dass der Sender mich von Anfang an so ziemlich jeden Schwachsinn machen ließ, der mir in den Kopf kam: Ich durfte die Drehorte aussuchen, vor der Kamera rauchen, nach Bedarf fluchen und gemeinsam mit den Kameraleuten und den Produktionshelfern, die in den vielen Monaten gemeinsamen Reisens zu Freunden wurden,
die Geschichte auch noch so erzählen, wie ich es wollte. Es kam ziemlich gutes Fernsehen dabei heraus.
    Ich muss zugeben, dass ich mich an dieses Leben gewöhnen wollte - rund um den Erdball streifen auf der Suche nach Essen und Abenteuern. Außerdem machte es mir Spaß, mithilfe einer brandneuen Schatzkiste voll mit schönen Spielsachen - Kameras, Editing-Boards, Tonbearbeitung -
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