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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller
Autoren: James Ellroy
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Und Sie stellen dabei sowohl Ihren ein-
    maligen persönlichen Schneid unter Beweis als auch einen
    damit verbundenen Respekt für meine Person, der sehr an-
    sprechend ist. Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Nein, Sir. Das weiß ich nicht.«
    »Das bedeutet, daß ich was für Sie übrig habe und bei
    Ausrutschern ein Auge zudrücke, für die ich andere Agenten
    vierteilen würde. Sie sind ein gefährlicher und skrupelloser
    Mann, aber Sie verfügen über einen verführerischen Charme.
    Das gleicht Ihren Hang zur Zügellosigkeit aus und macht
    es mir möglich, Sie zu mögen.«
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    FRAG NICHT, »WAS FÜR AUSRUTSCHER?« – SONST
    SAGT ER DIR’S UND MACHT DICH FERTIG.
    »Sir, Ihr Respekt bedeutet mir sehr viel, wobei er ganz
    und gar auf Gegenseitigkeit beruht.«
    »Das Wort ›Zuneigung‹ fehlt in Ihrer Antwort, aber ich
    will die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Und damit zu
    unseren Geschäften. Sie bekommen von mir die Möglichkeit,
    zwei ordentliche Gehälter auf einmal einzustreichen, was Sie
    zweifellos grenzenlos glücklich machen dürfte.«
    Hoover lehnte sich zurück, um genüßlich auf seine Frage
    zu warten.
    »Sir?« sagte Kemper.
    Die Limousine beschleunigte. Hoover rückte die Krawatte
    zurecht.
    »Die jüngsten Unternehmungen der Kennedy-Brüder
    machen mir Sorgen. Bobby scheint das Mandat des Mc-
    Clellan-Ausschusses zur Aufklärung verbrecherischer Ge-
    werkschaftsumtriebe zu mißbrauchen, um das FBI in den
    Schatten zu stellen und die Präsidentschaftsbestrebungen
    seines Bruders zu befördern. Das mißfällt mir. Ich habe
    das Büro schon vor Bobbys Geburt geleitet. Jack Kennedy
    ist ein degenerierter liberaler Playboy mit den moralischen
    Überzeugungen eines auf Mösen dressierten Bluthunds. Im
    McClellan-Ausschuß spielt er sich als Verbrechensbekämp-
    fer auf, und allein die Tatsache, daß es diesen Ausschuß
    gibt, kommt einer heimlichen Ohrfeige für das FBI gleich.
    Der alte Joe Kennedy ist fest entschlossen, seinem Sohn das
    Weiße Haus zu kaufen, und ich möchte über Informatio-
    nen verfügen, die mich, falls ihm dies denn gelingen sollte,
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    in die Lage versetzen, wenigstens die allerübelste politische
    Gleichmacherei des Bürschchens auf ein erträgliches Maß
    zu mildern.«
    Kemper reagierte aufs Stichwort. »Sir?«
    »Ich möchte, daß Sie in der Kennedy-Organisation ver-
    deckt ermitteln. Das Mandat des McClellan-Ausschusses
    läuft kommendes Frühjahr aus, aber Bobby Kennedy stellt
    nach wie vor Untersuchungsbeamte ein. Sie beenden mit
    augenblicklicher Wirkung Ihre Tätigkeit fürs FBI, obwohl
    Sie bis Juli 1961, wenn sich der Tag Ihres Eintritts beim
    FBI zum zwanzigsten Mal jährt, Ihr volles Gehalt beziehen
    werden. Sie denken sich überzeugende Gründe für Ihre vor-
    zeitige Pensionierung aus und besorgen sich eine Stel ung als
    Anwalt beim McClellan-Ausschuß. Mir ist bekannt, daß Sie
    und Jack Kennedy mit einer Senatsangestel ten namens Sal y
    Lefferts liiert gewesen sind. Miss Lefferts ist eine gesprächige
    junge Dame, und daher bin ich sicher, daß der junge Jack
    von Ihnen gehört hat. Der junge Jack sitzt im McClellan-
    Ausschuß und hat eine Schwäche für pikanten Tratsch und
    gefährliche Freunde. Ich glaube, daß Sie hervorragend zu den
    Kennedys passen, Mr. Boyd. Meiner Meinung nach ist dies
    für Sie sowohl eine sinnvol e Gelegenheit, Ihre Fähigkeiten in
    Täuschung und Doppelspiel unter Beweis zu stel en, als auch
    eine Möglichkeit, Ihren Hang zur Promiskuität auszuleben.«
    Kemper fühlte sich schwerelos. Die Limousine schien
    durch die Luft zu gleiten.
    »Ihre Reaktion entzückt mich«, sagte Hoover. »Ruhen Sie
    sich jetzt aus. In einer Stunde sind wir in Washington, wo
    ich Sie bei Ihrer Wohnung absetzen werde.«
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    Hoover hatte ihm neuestes Studienmaterial geschickt- in
    einem Lederordner mit der Prägung »VERTRAULICH«.
    Kemper mixte sich einen trockenen Martini, rückte sich
    seinen Lieblingssessel zurecht und begann zu lesen.
    Letztlich ging es darum: Bobby Kennedy gegen Jimmy
    Hoffa.
    Senator John McClellan war Leiter des im Januar 1957
    einberufenen Senatsausschusses zur Untersuchung unlauterer
    Umtriebe seitens der Gewerkschaften und der Arbeitgeber.
    Außerdem gehörten dem Ausschuß an: die Senatoren Ives,
    Kennedy, McNamara, McCarthy, Ervin, Mund, Goldwater.
    Leitender Rechtsberater und Untersuchungsbeauftragter: Ro-
    bert F. Kennedy.
    Gegenwärtiger Personalbestand: 35 Untersuchungsbeamte,
    45 Buchprüfer, 25 Stenographen und
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