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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn
Autoren: Elke Pistor
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auch.
Schreinerei Weber. Hat er von seinem Vater geerbt. Alter Familienbetrieb. Der
Großvater war auch schon Schreiner. Paul Weber. Der hatte aber alle seine
Finger bis ans Lebensende. Vermutlich hat Hubert es über die mütterliche Linie
geerbt und auch an seinen Jungen weitergegeben.« Er lachte. »Na ja, Junge ist
übertrieben. Hat ungefähr dein Alter.« Hermann stand auf. »Jetzt brauchst du
aber Ruhe, Kind«, sagte er mit einem Seitenblick auf Judith. »Vertagt eure weiteren
Ermittlungen auf später. Wir kommen heute Nachmittag wieder und besprechen, wie
wir dir in den nächsten Wochen helfen können.«
    »Danke, Pap.« Er hatte
recht. Ich sollte mich ausruhen. »Danke, für alles, was du für mich tust.« Ich
zögerte. In den nächsten Wochen? »Was wird denn dann aus eurer Reise? Hattet
ihr nicht schon gebucht?«
    »Ach die.« Hermann winkte
ab. »Haben wir storniert. Die ist nicht so wichtig wie das Wohlergehen unserer
Familie. Für dich tu ich doch alles, Kind.« Er grinste, ging mit Judith aus dem
Zimmer und fügte, bevor er leise die Tür ins Schloss zog, hinzu: »Na ja. Fast
alles.«
    Ich sank in die Kissen
zurück und schloss die Augen. Henrike, Hermann und jetzt auch Amalie. Wir waren
wirklich auf dem Weg, eine Familie zu werden. Eine Familie, die einander half,
wenn Not am Mann war. Die das eigene Wohl zurückstellte, um denen zur Seite zu
stehen, die man liebte. Ich lächelte trotz der Kopfschmerzen. Eltern taten das
für ihre Kinder. Als Henrikes Schicksal noch nicht klar war und ich Angst
gehabt hatte, ihr sei etwas geschehen, hätte ich auch alles getan, um sie zu
schützen.
    Meine Gedanken schweiften
ab, verloren sich in immer weiteren Kreisen. Ich war müde. Wollte schlafen. Ein
Gedanke aber störte mich, kämpfte sich durch die Schleier des Schlafes zurück
in mein Bewusstsein. Mutterliebe. Etwas stimmte nicht an Sandras Schilderung.
Sie hatte gedacht, sie würde sterben. Hatte nichts mehr zu verlieren gehabt.
»Er hat mir Schmerzen zugefügt. Mir und Luisa.« Luisa. »Luisa darf nichts
geschehen.«
    Jetzt war ich wach und
vollkommen klar. Trotz der Übelkeit, die sich in mir ausbreitete, schob ich die
Beine aus dem Bett, suchte festen Halt unter den Füßen und stand auf. Sandra
hatte Henrike eingesperrt, weil Henrike wusste, wer Arno Kobler wirklich umgebracht
hatte. Ich musste mit ihr sprechen. Sie lag im Nebenzimmer. Nur ein paar
Schritte. Das musste zu schaffen sein.
    An der Tür zu ihrem
Krankenzimmer hielt ich mich mehr fest, als dass ich sie öffnete. Schwankend
betrat ich den Raum. Henrike schlief. Ich ging um ihr Bett herum und setzte
mich zu ihr. Sie lag auf der Seite, die Beine angewinkelt. Zusammengekauert und
einen Arm wie zum Schutz über das Gesicht gelegt. Ihre schwarzen Locken lagen
um ihren Kopf wie ein dunkler Strahlenkranz. Ich sah reglos auf sie herab und
merkte, wie sich etwas in mir verschob. Sie war nicht länger nur ein Gast in
meinem Leben. Sie gehörte zu mir. Ich strich ihr behutsam über die Stirn.
    »Ina?« Sie war wach.
    »Ja, Kind?«
    Henrike krümmte sich noch
mehr zusammen, griff nach meiner Hand und zog sie unter ihre Wange. Sie
schmiegte sich an sie.
    »Rück ein Stück«, sagte ich
und legte mich, als sie zur Seite rutschte, zu ihr unter die Decke und meinen
Arm um sie. Wir schwiegen lange Zeit, atmeten im gleichen Rhythmus, und ich
konnte ihr Herz schlagen hören. Gleichmäßig und stark. Mit einem Mal war ich
mir sicher, dass sie es schaffen würde.
    »Ina?«, fragte sie leise in
die Stille hinein und kuschelte sich enger an mich.
    »Ja?«
    »Sie hat es mir erzählt.«
Henrike zitterte. »Sie hat mir alles erzählt, was passiert ist.« Ich
streichelte ihre Haare, drehte einzelne Strähnen um meinen Finger und ließ sie
wieder fallen, ohne etwas zu erwidern. Sie wollte reden. Ich musste zuhören.
»Luisa hat im Wald irgendwelche okkulten Feuer gelegt, als sie rausfand, dass
ihr Vater was mit Frau Rüttner hatte. Dann hat sie eine Mail an die
Nationalparkverwaltung geschrieben und darin Frau Rüttner beschuldigt, damit
das aufhört. Ihr Vater hat die Mail entdeckt und ist ausgerastet. Er wollte sie
wieder in das Loch sperren. Aber sie hatte solche Angst davor. Hat Panik
bekommen und sich gewehrt. Dabei ist das Regal umgefallen. Er hat dagelegen und
sich nicht mehr gerührt. Der Hammer ist ihr vor die Füße gefallen. Sie hat ihn
einfach aufgehoben, die Augen zugemacht und dann wohl auf seinen Kopf
eingeschlagen. Sie kann sich nicht daran erinnern, nur dass
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