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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee
Autoren: Jacques Berndorf
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Mann unrasiert und bedeutungsschwanger in die Welt blickt. Aber sie sind nicht gewöhnt, daß er denken kann.« Es gab auch die weibliche Variante: »Also, wir haben einen verheirateten Manager. Der hat eine Frau, durchaus konservativ. Wieso, um Gottes willen, ist diese Frau bei dir plötzlich in einem Ausschuß der Stadt? Wieso mischt sie bei Greenpeace mit, wieso vertreibt sie Karten für UNICEF. Das ginge ja noch alles. Aber daß sie ihrem Mann aktiv hilft, ein Problem zu lösen, macht mir den Helden total kaputt. Verstehst du, die Frau sollte bestenfalls bei der Bahnhofsmission ein kleines Licht sein, aber ansonsten durch das Lösen von Kreuzworträtseln ihrem Ehemann eine Art Stichwortgeber sein. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir die Frauen intelligenter machen als ihre Männer.« Das ist Gondrom live.
    »Du sitzt doch sicher schon an dem Fall«, sagte er jubilierend. »Kann ich dein Material haben, kann ich das? Wir sollten ein Skript bei der Filmförderung einreichen. Ich denke an den Arbeitstitel ,Liebe in den Zeiten der Kälte'. Das wird Eindruck machen.«
    »Wieso denn Liebe? Von Liebe ist doch gar keine Rede. Zunächst nur von einem Doppelmord.«
    »Aber es klingt so gut. Und könnte man nicht einbauen, daß sie ein Kind von seinem Vater erwartet?«
    »Wie bitte?«
    Jemand schellte, dann donnerte jemand gegen meine altersschwache Haustür. Meine Dankbarkeit war ungeheuer.
    »Ich kriege Besuch«, sagte ich hastig. »Ich ruf dich nach den Feiertagen an.«
    »Aber vergiß es nicht«, drängte Gondrom. »Ich habe mir auch schon überlegt, ob der tote junge Mann nicht ein Superdealer ist und das Mädchen eine Undercover-Agentin des Bundesnachrichtendienstes.«
    »Das ist phantastisch«, bestätigte ich und hängte ein. Bis heute weiß ich keine Antwort auf die Frage, warum ich Leuten wie Gondrom überhaupt zuhöre. Wahrscheinlich bin ich hoffnungslos gutmütig.
    Unten vor der Tür stand Schniefke. Kein Mensch wußte mehr, warum er Schniefke genannt wurde, er selbst auch nicht. Er war um die 25 Jahre alt, ohne erlernten Beruf, verließ sich auf die Großzügigkeit seines Vaters, den er selbstverständlich haßte, und gab auf die Frage, was er denn könne, die lapidare Antwort: »Alles.« Es war ihm durchaus hilfreich, daß er daran glaubte. Er war klein, vierschrötig, mit einem beachtlichen Bauch versehen und hatte zwei bemerkenswerte Zahnlücken. Sein Haar war lang und dunkel und glänzte, als habe er seinen Kamm in Margarine getränkt. Er war ziemlich betrunken und hielt sich am Türrahmen fest.«Grüß dich, Siggi. Hast du einen Moment Zeit?«
    »Um was geht es?«
    »Um Ole und Betty. Die sind doch verbrannt, und man redet, irgendeiner hat die vorher umgebracht. Und ich war mittags mit denen zusammen. Wir haben ein halbes Hähnchen gegessen. Ich habe dreißig Gramm Haschisch bestellt und bezahlt. Wer gibt mir jetzt die Kohle wieder? Der Vater vielleicht?«
    »Komm erst mal aus der Kälte raus«, erwiderte ich.
    Er ging in eleganten Bögen den Flur entlang in das Arbeitszimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. »Haste denn auch ein Bier?«
    »Habe ich«, nickte ich. Ich lief die Treppe hinauf, öffnete Rodenstocks Zimmer und sagte: »Du solltest dir den ersten indirekten Zeugen anhören.«
    »Wie schön«, strahlte er.
    Ich stellte Schniefke eine Flasche Bier und ein Glas hin. Er verschmähte das Glas und nahm einen gewaltigen Zug. »Frohe Weihnachten denn auch«, sagte er und rülpste.
    Rodenstock kam herein und grüßte ihn freundlich.
    »Keine Sorge«, beruhigte ich Schniefke. »Das ist ein Freund.«
    »Das ist korrekt«, sagte Schniefke. »Ich weiß ja, daß du gute Freunde hast. Also, was soll ich machen? Soll ich dem Vater 'ne Rechnung schicken? Schließlich habe ich drei Blaue gelöhnt.«
    »Eine Rechnung würde ich für nicht so gut halten«, begann ich vorsichtig.
    »Eine Rechnung wofür?« fragte Rodenstock nebenbei.
    »Er hat bei Ole und Betty dreißig Gramm Hasch geordert und gleich bezahlt«, gab ich Auskunft.
    »Viel Geld«, sagte Rodenstock ernsthaft.
    »Und wie!« gab Schniefke ihm recht. »Und zwei Blaue habe ich von Friedbert gekriegt. Der will die Joints oder sein Geld zurück. Da sehe ich alt aus, sehr alt. Hast du noch ein Bier?«
    »Wo hast du die beiden getroffen?« fragte ich.
    »Bei der Hähnchenstation in Daun«, sagte er. »War kein Zufall, ich wollte das Zeug besorgen, und Ole hatte gesagt, sie wären gegen zwölf Uhr da.«
    »Machten sie irgendwie einen komischen Eindruck.
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