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Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Titel: Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
Autoren: Edgar Wallace
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Gesicht war von unzähligen Falten durchzogen, seine Nase war groß und knollenartig. Dicke Lippen umrahmten den großen Mund, dessen eine Seite etwas in die Höhe gezogen war, so daß er ständig höhnisch zu grinsen schien.
    Er kümmerte sich nicht im mindesten um sein Aussehen und nahm es als eine Tatsache hin, wie ihm auch seine Leidenschaften etwas Selbstverständliches waren.
    Das war Abel Bellamy aus Chicago, der jetzt in Garre Castle in Berkshire wohnte. Ein Mann, der weder Liebe noch Mitleid kannte.
    Noch immer stand er an dem großen Fenster seines Hotels und beobachtete die Bauarbeiten. Wer der Erbauer oder was das für ein Bauwerk war, wußte er nicht und kümmerte sich auch nicht darum. Aber einen Augenblick schien es ihm, als ob die Männer, die sich drüben auf schmalen, gefährlichen Stegen bewegten, seine eigenen Arbeitsleute seien. Er stieß einen halbunterdrückten Fluch aus, als sein wachsames Auge eine Gruppe von drei Schmieden entdeckte, die von dem Polier nicht gesehen werden konnten und müßig umherstanden.
    Plötzlich schaute er wieder auf den großen hängenden Träger und witterte sofort die Gefahr. Er hatte den Unfall, der sich jetzt ereignete, vorausgesehen. Das freie Ende des Doppel-T-Trägers schwang nach innen und schlug gegen ein Gerüst, auf dem zwei Leute arbeiteten. Er konnte das Krachen trotz des lärmenden Straßenverkehrs deutlich hören, er sah einen Augenblick einen Mann, der sich verzweifelt am Gerüst festhielt, dann in die Tiefe stürzte und in dem großen Wirrwarr von Ziegelhaufen und Mörtelmaschinen hinter dem großen hohen Arbeitszaun verschwand.
    »Hm!« sagte Abel Bellamy.
    Er war gespannt, was der Bauunternehmer wohl jetzt tun würde. Wie mochten die Gesetze dieses Landes sein, in dem er sich seit sieben Jahren niedergelassen hatte? Wenn es sein Bau gewesen wäre, würde er seinen Rechtsanwalt losgeschickt haben, um die Witwe aufzusuchen, bevor sie die Nachricht erreichen konnte, und sie zu veranlassen, alle ihre Anforderungen aufzugeben, ehe sie den Betrug wirklich gemerkt hätte. Aber diese Engländer waren dazu viel zu langsam.
    Die Tür des Wohnzimmers öffnete sich, und er wandte sich um. Julius Savini war schon daran gewöhnt, nur durch ein Brummen gegrüßt zu werden, aber er merkte, daß er heute etwas mehr abbekommen würde als den gewöhnlichen Rüffel, der sein regelmäßiger Morgengruß war.
    »Savini, ich habe seit sieben Uhr auf Sie gewartet. Wenn Sie Ihre Stellung behalten wollen, will ich Sie wenigstens vor Mittag sehen. Haben Sie mich verstanden?«
    »Es tut mir sehr leid, Mr. Bellamy, aber ich sagte Ihnen bereits gestern abend, daß ich heute später kommen würde. Ich bin erst vor ein paar Minuten von außerhalb zurück.«
    Die Haltung und die Stimme Savinis waren sehr unterwürfig. Er war schon ein ganzes Jahr Bellamys Privatsekretär und hatte gelernt, daß es zwecklos war, seinem Herrn zu widersprechen.
    »Würden Sie einen Vertreter vom ›Globe‹ empfangen?« fragte er.
    »Einen Zeitungsmenschen?« sagte Abel Bellamy verächtlich. »Sie wissen doch, daß ich niemals solche Leute empfange. Was will er? Wie heißt er denn?«
    »Es ist Spike Holland, ein Amerikaner« antwortete Julius, als ob er um Entschuldigung bitten wollte.
    »Deswegen ist er mir nicht angenehmer« brummte Bellamy. »Sagen Sie ihm, daß ich ihn nicht empfangen kann. Ich kümmere mich überhaupt nicht darum, was in den Zeitungen steht. Weshalb kommt er denn? Sie sind doch mein Sekretär!«
    Julius machte eine Verlegenheitspause, bevor er antwortete.
    »Er kommt wegen des Grünen Bogenschützen.«
    Abel Bellamy fuhr wild herum.
    »Wer hat denn etwas über den Grünen Bogenschützen ausgeplaudert? Das können doch nur Sie Esel gewesen sein!«
    »Ich habe mit keinem Zeitungsmann gesprochen« sagte Julius mürrisch. »Was soll ich ihm denn sagen?«
    »Sagen Sie ihm, er soll sich zum – na, lassen Sie ihn meinetwegen heraufkommen.«
    Bellamy hatte sich schnell überlegt, daß der Journalist wahrscheinlich irgendeine Geschichte erfinden würde, wenn er ihn nicht empfing, und er hatte gerade genug von den Zeitungen. Hatte nicht neulich solch ein Blatt den ganzen Lärm in Falmouth inszeniert?
    In diesem Augenblick führte Julius den Besucher herein.
    »Ihre Anwesenheit ist nicht notwendig« fuhr Bellamy seinen Sekretär an. Als Savini gegangen war, brummte er: »Nehmen Sie sich eine Zigarre.«
    Er stieß die Zigarrenkiste mit einem heftigen Ruck über den Tisch, wie wenn er einem
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