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Eden

Eden

Titel: Eden
Autoren: Stanislaw Lem
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dass wir etwas anderes finden?« »Ich weiß es nicht. Einen Tag haben wir noch vor uns. Am Nachmittag müssen wir zur Rakete zurück.« »Freut mich außerordentlich«, brummte der Ingenieur, stand auf, reckte sich und stöhnte. »Ich fühle mich, als hätte ich keinen heilen Knochen mehr im Leibe«, gestand er.
    »Es geht uns allen so«, erwiderte der Doktor gutmütig. »Hör zu, kannst du wirklich nichts zu dem da sagen?« Er deutete mit dem Ende der brennenden Zigarette auf den Gegenstand, der den Zeltrand festhielt. »Kann ich. Warum nicht? Natürlich kann ich das. Das ist eine Vorrichtung, die dazu dient, damit man sie zuerst…« »Nein, im Ernst. Das hat doch bestimmte Teile. Ich kenne mich nicht so aus.«
    »Denkst du etwa, ich kenne mich da aus?« brauste der Ingenieur auf. »Das ist das Produkt eines Wahnsinnigen. Eine Zivilisation von Verrückten. Das ist dieses verdammte Eden. Was wir da mitgeschleppt haben, wurde in einer Reihe von Prozessen erzeugt«, fügte er ruhiger hinzu. »Pressen, Eindrücken der durchsichtigen Segmente, thermische Behandlung, Polieren. Es müssen hochmolekulare Polymere und anorganische Kristalle sein. Wozu das dienen soll, weiß ich nicht. Das ist ein Teil, nicht das Ganze. Doch selbst aus dieser verrückten Mühle herausgenommen, kommt mir dieser Teil in sich irrsinnig vor.«
    »Was verstehst du darunter?« fragte der Koordinator. Der Chemiker legte die Teller und die Vorräte zusammen und rollte die Decke auseinander. Der Doktor drückte die Zigarette aus und steckte die restliche Hälfte behutsam in die Schachtel zurück. »Ich habe keine Beweise dafür. Da drinnen gibt es gewisse Bindeglieder. Sie sind mit nichts verbunden. Wie ein geschlossener Stromkreis, der von Isolatoren durchschnitten ist. Das kann nie wirksam sein. Diesen Eindruck habe ich gewonnen. Schließlich hat man nach so vielen Jahren doch so etwas wie eine berufliche Intuition. Ich kann mich natürlich irren, aber ich möchte überhaupt nicht darüber reden.«
    Der Koordinator stand auf. Die anderen folgten seinem Beispiel. Als sie den Kocher ausgemacht hatten, hüllte brutale Schwärze sie ein. Die Sterne gaben kein Licht, sie glänzten nur stark an dem merkwürdig niedrigen Himmel. »Deneb«, sagte der Physiker leise. Sie blickten hoch. »Wo? Dort?« Auch der Doktor dämpfte unbewußt die Stimme. »Ja. Und der kleinere daneben, das ist Gamma Cygni. Verdammt hell!«
    »Dreimal so hell wie auf der Erde«, sagte der Koordinator. »Es ist kühl, und nach Hause ist es weit«, murmelte der Doktor.
    Keiner sprach noch etwas. Einzeln krochen sie in das aufgeblasene Zelt. Sie waren so erschöpft, dass dem Doktor, als er nach seiner Gewohnheit im Dunkeln eine gute Nacht wünschte, nur die Atemzüge der Schlafenden antworteten. Er selbst schlief noch nicht. Ihm fiel ein, dass sie unachtsam handelten. Aus der nahen Schonung konnte in der Nacht ein Ungetüm herauskommen. Sie hätten eine Wache aufstellen sollen. Eine Weile überlegte er, ob er nicht selbst diesen Posten übernehmen sollte. Aber er lachte nur ironisch in die Finsternis, drehte sich um und seufzte. Er merkte gar nicht, wie er einschlief. Und er schlief wie ein Stein. Der Morgen grüßte sie mit Sonne. Am Himmel zeigten sich diesmal ein paar weiße Knäuelwolken mehr als am Vortag. Sie aßen ihr frugales Frühstück. Die Reste hoben sie für die letzte Mahlzeit auf. Neuen Vorrat mussten sie sich aus der Rakete holen. »Wenn man sich wenigstens mal waschen könnte«, klagte der Kybernetiker. »Das ist mir noch nicht passiert, man stinkt ja richtig nach Schweiß, entsetzlich! Es muss hier doch irgendwo Wasser geben!« »Wo es Wasser gibt, da gibt es auch einen Frisör«, erwiderte der Doktor heiter, während er in seinen kleinen Spiegel schaute. Er schnitt skeptische und heroische Grimassen. »Ich befürchte allerdings, dass der Frisör auf diesem Planeten zuerst rasiert und dann alle Haare wieder einsetzt, das ist hier sehr wahrscheinlich, weißt du!«
    »Du wirst wohl noch im Grab Witze reißen«, versetzte der Ingenieur. Verwirrt fügte er hinzu: »Verzeihung. Ich wollte nicht…«
    »Macht nichts«, entgegnete der Doktor. »Im Grab nicht, aber solange es geht, ja. So, nun machen wir uns wohl auf den Weg, wie?«
    Sie packten die Sachen, ließen die Luft aus dem Zelt ab und zogen mit ihrer Last den gleichmäßig wogenden Vorhang entlang, bis sie sich einen guten Kilometer von ihrer Raststelle entfernt hatten. »Ich kann mir nicht helfen, vielleicht irre
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