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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft
Autoren: Terry Pratchett
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Spielbrett. Die Scheibenwelt erschien.
    »Und wo spielen wir?« erkundigte er sich.
    »Auf dem Gegengewicht-Kontinent«, sagte die Lady. »Fünf adlige Fa-
    milien kämpfen dort schon seit Jahrhunderten gegeneinander.«
    »Im Ernst?« warf Io ein. »Wie heißen die Familien?« Mit einzelnen
    Menschen bekam er es nur selten zu tun. Er kümmerte sich vor al em
    um Donner und Blitze, weshalb die Menschheit für ihn nur existierte,
    um entweder naß zu werden oder gelegentlich zu brutzeln.
    »Es sind die Hongs, Sungs, Tangs, McSweeneys und Fangs.«
    »Ach«, murmelte Io. »Ich wußte gar nicht, daß sie zum Adel gehören.«
    »Sie sind sehr reich«, erklärte die Lady. »Allein aus Gründen der
    Zweckdienlichkeit und des Stolzes haben sie Millionen von Menschen
    auf dem Schlachtfeld oder in Folterkammern sterben lassen.«
    Die zuhörenden Götter nickten ernst. Genau so verhielt sich der wahre
    Adel.
    »McFweeney?« fragte Offler.
    »Eine sehr alte und angesehene Familie«, entgegnete Schicksal.
    »Oh.«
    »Und bei dem langen Kampf geht es um ein Reich«, sagte Schicksal.
    »Ausgezeichnet. Wen übernimmst du?«
    Die Lady betrachtete die sich vor ihnen ausdehnende Geschichte.
    »Die Hongs sind sehr mächtig. Während wir hier miteinander spre-
    chen, erobern sie weitere Städte. Offenbar sind sie dazu bestimmt, den
    Sieg zu erringen.«
    »Also wählst du eine schwächere Familie.«
    Schicksal hob erneut die Hand. Spielfiguren erschienen und wandelten
    über das Spielbrett, als hätten sie ein eigenes Leben – was natürlich der
    Fall war.
    »Wir verwenden keine Würfel«, sagte er. »Beim Würfeln traue ich dir
    nicht. Du wirfst sie immer dorthin, wo ich sie nicht sehen kann. Wir
    spielen mit Stahl und Taktik, mit Politik und Krieg.«
    Die Lady nickte.
    Schicksal musterte seine Gegnerin.
    »Du bist dran«, sagte er.
    Sie lächelte. »Ich habe meine Figuren schon gesetzt.«
    Schicksal blickte aufs Brett. »Wo sind sie?«
    »Sie befinden sich noch nicht auf dem Spielbrett«, antwortete die Lady
    und öffnete ihre Hand.
    Etwas Schwarzes und Gelbes kam zum Vorschein. Nach kurzem Pu-
    sten entfaltete es die Flügel.
    Ein Schmetterling.
    Das Schicksal gewinnt immer…
    Zumindest dann, wenn sich die Leute an die Regeln halten.

    Nach dem Philosophen Ly Schwatzmaul findet man immer dort beson-
    ders viel Chaos, wo man nach Ordnung sucht. Das Chaos besiegt die
    Ordnung, weil es besser organisiert ist.

    Dies ist der Schmetterling der Stürme.
    Seine Flügel sind nur wenig mehr ausgefranst als die Schwingen eines
    gewöhnlichen Perlmutterfalters. Doch wenn man die fraktale Natur des
    Universums berücksichtigt… Danach sind die Flügelräder unendlich –
    auf die gleiche Weise ist eine zerklüftete Küstenlinie unendlich lang,
    wenn man sie auf mikroskopischem Niveau mißt. Um zum Schmetter-
    ling zurückzukehren: Wenn die Flügelränder nicht wirklich unendlich sind, so kommen sie der Unendlichkeit doch so nahe, wie man diese an
    einem klaren Tag sehen kann.
    Woraus folgt: Wenn die Ränder unendlich lang sind, so müssen die
    Flügel unendlich groß sein.
    Sie scheinen genau die richtige Größe von Schmetterlingsflügeln zu haben, aber nur deshalb, weil die meisten Leute gesunden Menschenvers-
    tand der Logik vorziehen.
    Der Quantenwetter-Schmetterling (Papilio tempestae) zeichnet sich durch ein unauffäl iges Gelb aus, aber die Mandelbrot-Muster der Flügel sind
    sehr interessant. Seine herausragende Fähigkeit besteht darin, Wetter zu
    erzeugen.
    Ursprünglich war dies vermutlich eine Eigenschaft, die das Überleben
    der Spezies förderte – selbst ein sehr hungriger Vogel empfände es als
    ausgesprochen unangenehm, in einen scheußlichen lokalen Tornado* zu
    geraten. Später wurde daraus ein sekundäres Geschlechtsmerkmal, wie
    zum Beispiel das Gefieder von Vögeln oder die Kehlbeutel mancher
    Frösche. Sieh mich an, sagt das Männchen, während es unter dem Dach des Regenwalds sitzt und lässig mit den Flügeln schlägt. Mein Gelb mag
    unauffällig sein, aber in vierzehn Tagen wird es anderthalbtausend Kilo-
    meter von hier entfernt heißen: Sturmböen führen zu Verkehrschaos.
    Dies ist der Schmetterling der Stürme.
    Er schlägt mit den Flügeln…

    Dies ist die Scheibenwelt, die auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte durchs All getragen wird.
    Es geht vielen Welten so – zumindest vertreten ihre Bewohner wäh-
    rend bestimmter Phasen ihrer Entwicklung solche Meinungen. Offenbar
    ist das eine kosmologische
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