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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter
Autoren: C Funke
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Mülleimern.«
    Er sah sie wirklich nicht.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und lugte über das Fensterbrett.
    Die Nacht war dunkel und leer. Der Schmerz in meiner Brust war verschwunden und ich kam mir wie ein Idiot vor.
    Na bestens, Jon, dachte ich, während ich zurück unter die kratzige Bettdecke kroch. Jetzt wirst du schon verrückt vor Heimweh. Vielleicht hatte ich auch Halluzinationen, weil ich außer Stus und Angus’ Weingummis kaum etwas aß.

    Angus begann wieder, im Schlaf vor sich hin zu summen, aber ich stand noch ein paarmal auf und schlich ans Fenster zurück.Doch alles, was ich draußen sah, war die menschenleere Straße vor der angestrahlten Kathedrale, und schließlich schlief ich mit dem festen Vorsatz ein, von nun an das Internatsessen hinunterzuwürgen.

3
    Hartgill

    A m nächsten Morgen war ich so müde, dass ich mir kaum die Schuhe zubinden konnte. Angus und Stu wechselten einen besorgten Blick, als ich zum Fenster ging, um auf die Mauer hinunterzustarren, vor der ich die Geister gesehen hatte. Aber keiner von uns verlor ein Wort über das, was in der Nacht geschehen war, und ich aß zum Frühstück so viel Porridge, wie ich, ohne mich zu übergeben, herunterbekam, und beschloss, das Ganze zu vergessen.
    Beim Mittagessen dachte ich schon wieder darüber nach, ob der Vollbart inzwischen mit meiner Mutter in der spanischen Sonne briet, und am Nachmittag ließ mich ein Grammatiktest die drei bleichen Gestalten endgültig vergessen.
    Es war gerade erst dunkel geworden, als Mr Rifkin die Internatsschüler, wie an jedem Abend, vor der Schule versammelte, um sie über den spärlich beleuchteten Domhof zurück in die Obhut von Alma und Edward Popplewell zu führen. Keiner von uns mochte Rifkin. Ich glaube, er mochte sich selbst auch nicht besonders. Er war nicht viel größer als wir und musterte uns ständig mit so säuerlichem Gesicht, als verursachten wir ihm Zahnschmerzen. Das Einzige, was ihn glücklich machte, waren vergangene Kriege. Rifkin zerbrach jedes Mal ein Dutzend Kreiden vor Begeisterung, wenn er uns die Heeresaufstellungen berühmter Schlachten auf die Tafel malte. Das und die Angewohnheit, sich das dünne Haar mit größter Sorgfalt, aber wenig Erfolg über den kahlen Schädel zu kämmen, hatte ihm den Namen Bonapart eingebracht (ja, ich weiß, das E fehlt, aber wir alle hatten unsere Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung französischer Namen).
    Auf dem Rasen vor der Kathedrale leuchteten die Scheinwerfer auf, die sie nachts anstrahlten. Sie bleichten die grauen Mauern, als hätte sie jemand mit Mondlicht gewaschen. Der Domhof war um diese Zeit fast menschenleer und Bonapart scheuchte uns ungeduldig an den parkenden Autos vorbei. Es war ein kühler Abend, und ich fragte mich, während wir alle im kalten englischen Wind froren, ob der Vollbart schon einen Sonnenbrand hatte und meine Mutter ihn mit schälender Haut weniger aufregend finden würde.
    Die drei Reiter waren nicht mehr als ein böser Traum, den das Tageslicht mir aus dem Gedächtnis gewaschen hatte. Aber sie hatten mich nicht vergessen. Und diesmal bewiesen sie mir, dass sie nicht nur Einbildung waren.
    Das Internatshaus liegt nicht gleich an der Straße. Es steht am Ende eines breiten Fußwegs, der von der Straße abbiegt und anein paar Häusern vorbei auf das Tor zuführt, hinter dem sich Haus und Garten befinden. Sie warteten neben dem Tor, hoch zu Pferd, wie in der vergangenen Nacht, und diesmal waren sie zu viert.
    Ich blieb so abrupt stehen, dass Stu in mich hineinstolperte.
    Natürlich sah er sie auch diesmal nicht. Niemand sah sie. Außer mir.
    Der vierte Geist ließ die anderen drei wie zerlumpte Wegelagerer aussehen. Sein hohlwangiges Gesicht war starr vor Hochmut und seine Kleider waren sicher irgendwann die eines reichen Mannes gewesen. Doch um die Handgelenke trug er eiserne Ketten und um seinen Hals hing eine Galgenschlinge.
    Er war ein so furchtbarer Anblick, dass ich ihn nur anstarren konnte, aber Bonapart wandte nicht mal den Kopf, als er an ihm vorbeiging.
    Gib schon zu, du ahnst den Grund, warum niemand außer dir sie sieht, Jon Whitcroft!, flüsterte es in mir, während ich dastand und kein Glied rühren konnte. Sie haben es nur auf dich abgesehen!
    Aber warum?, schrie alles in mir. Warum ich, verflucht! Was wollen sie von mir?
    Von einem der Dächer krächzte ein Rabe, und der Anführer stieß seinem Pferd die Sporen in die Seiten, als hätte der heisere Schrei ihm das Zeichen gegeben. Mit hohlem
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