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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray
Autoren: Katie Kacvinsky
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ihres Autos unterhalten. Noch unglaublicher ist, dass sie mich überhaupt zu einem zweiten gemeinsamen Tag überreden konnte. Hey, ich habe mein eigenes Leben. Auf mich warten vier TV -Folgen von Mythbusters , die ich noch nicht kenne. – Na gut, vielleicht habe ich doch kein Leben.
    Ich schaue aus dem Fenster zu den braunen Hügelketten in der Ferne. Auf einem der Hänge steht in großen weißen Buchstaben das Wort ARIZONA .
    »Bei euch schreibt man also auf Berge«, übertönt Dylans Stimme das laute Rattern von Gürkchen. »Warum machen Leute so etwas?«
    »Weil sie es können«, sage ich.
    Ihre Augen werden schmal. »Aber das heißt nicht, dass sie es auch tun sollten. Wenn du mich fragst, wirkt der Hang, als habe ein Riesenvogel draufgeschissen.«
    »So kann man es natürlich sehen. Ich persönlich sehe nur weiße Farbe.«
    »Nehmen wir an, du dürftest ein einziges Wort auf einen Berg schreiben, sodass jeder im Umkreis es liest. Welches würdest du wählen?« Ist sie zu einer ernsthaften Unterhaltung überhaupt fähig?
    »Bist du zu einer ernsthaften Unterhaltung überhaupt fähig?«
    Sie schaut mir direkt in die Augen und behauptet, das sei ein total ernstes Thema.
    »Gar nicht so leicht«, gebe ich schließlich zu.
    Die Entdeckung, dass wir ausnahmsweise einer Meinung sind, lässt ihre Augen aufstrahlen. »Ich weiß! Es gibt so viele fantastische Worte. Ich mag Kabale und Mirakel und despektierlich und schillernd und Kataklysmus.«
    »Kata-was?«
    »Auf der anderen Seite gibt es auch ganz schreckliche Worte«, fährt sie fort, »zum Beispiel Schleimhautmembran. Oder breiig. Am schlimmsten ist Protoplasma.« Um ihre Aussage zu unterstreichen, tut sie so, als würde sie neben mir auf den Sitz reihern. Ich betrachte den unsichtbaren feuchten Fleck mit möglichst angewiderter Miene.
    Während wir immer weiter nach Süden fahren, redet Dylan wie ein Wasserfall, und ich entspanne mich beim ablenkenden Geplätscher ihrer Stimme. Ich strecke die Beine aus und halte das Gesicht in den heißen Wüstenwind, der durchs Autofenster bläst. Dann lege ich meine Füße mit den dreckigen Turnschuhen auf Gürkchens Armaturenbrett und mache es mir bequem. Unwillkürlich lächele ich in mich hinein. Dylan war gestern nicht unhöflich, sondern einfach nur sie selbst. Warum sollte man dafür erst um Erlaubnis bitten?
    Sie redet über den Fotokurs, den sie am Mesa belegt hat. Eigentlich stammt die Idee von ihrer Tante Diane, damit sie in den Ferien etwas zu tun hat. Dylan hütet das Haus, während ihre Tante im Land herumreist und Kunstausstellungen besucht, denn sie ist Innendekorateurin. Manchmal verdient Dylan sich ein bisschen Geld, indem sie bei Luxusrenovierungen hilft und Wände anstreicht. Als Nächstes erzählt sie mir, dass ihre Tante gerade geschieden wurde und im Anschluss ihr Coming-Out hatte. Dylan behauptet, sie habe schon seit der neunten Klasse Bescheid gewusst, als Tante Diane (oder Tante Dan, wie der Familienclan sie nun liebevoll nennt) zu einer Familienfeier kam und das ganze Wochenende versuchte, ein Frauenfootball-Match auf die Beine zu stellen. Ein unschlagbarer Beweis, wie Dylan behauptet. Außerdem besitzt ihre Tante verdächtig viele dieser khakigrünen Outdoorhosen, die man mit Reißverschlüssen in Shorts verwandeln kann. Zu meiner eigenen Überraschung muss ich darüber richtig lachen.
    Wir verlassen den Highway an der Abfahrt zum Picacho-Peak-Nationalpark und sind bald darauf von kahlen, knochentrockenen Hügeln umgeben. Besonders spektakulär ist der Park nicht. Nur eine leblose Staubwüste voller Stachelsträucher, die entwurzelt vom Wind durch die Gegend gerollt werden, wie man es aus Westernfilmen kennt. Wir kurven eine Schotterpiste hoch, bis wir einen verlassenen Parkplatz erreichen. Dort steht ein kleines Begrüßungsschild, doch die Beschriftung ist von der Sonnenhitze ausgebleicht.
    Die Wagentür lässt sich nur mit einem schmerzvollen Winseln öffnen (weil Gürkchen an Gelenkverschleiß leidet, wie Dylan mir erklärt). Nachdem sie ein paar Wasserflaschen in ihren Rucksack gepackt und ihre Fotoausrüstung überprüft hat, wandern wir einen felsigen Pfad hinauf. Selbst von hier im Nationalpark kann man noch immer den Highway sehen. Die dürren Wüstenpflanzen und Kakteen erlauben einen meilenweiten Blick in alle Richtungen. Lastwagenmotoren in der Ferne schnarren mit den Zikaden um die Wette.
    Während wir den gewundenen Pfad entlangwandern, erzählt Dylan von dem Hausaufgabenprojekt für
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