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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter
Autoren: David Luckett
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hinab. Unterwegs nahm er eine Fackel aus einem Wandhalter, um unseren Weg zu beleuchten.
    Hatte er einen Geheimgang entdeckt? Wir passierten einen Ausgang, dann einen weiteren. Lagerräume. Aber er stieg die Wendeltreppe weiter hinab in die Tiefe, wir ein paar Schritte hinter ihm.
    Endlich erreichten wir das unterste Kellergeschoss, ein leeres Gewölbe am Ende der Wendeltreppe, mit Steinplat ten belegt und einer einzigen Tür aus dicken Eichenplan ken, die weiter führte. Neben ihr steckte noch eine Fackel in der Halterung. Silvus zündete sie an, gab sie mir, hob den Fallriegel und ließ uns vorangehen. Wir standen da, Silvus bei der Tür, die sich nach innen öffnete. Mich frös telte.
    »Was haben Sie gefunden, Ser de Castro?« Mercedas Stimme klang so kalt wie die Luft. »Hier befindet sich nur der älteste Schrein der Göttin, der schon hier war, bevor die Festung erbaut wurde. Sonst nichts. Ist das Ihr Mangel?«
    »In der Tat. Aber um ihn zu sehen, ist es notwendig, Zusammenhänge zu erklären, die vielleicht nicht allgemein bekannt sind.«
    Er legte eine Hand an den kalten Stein und schien sich selbst zuzunicken. Ringsum war es so, wie die Priorin ge sagt hatte. Die mächtigen Steinquader fügten sich zu schweren, niedrigen Gewölben, die in der Mitte von zwei massigen Pfeilern gestützt wurden, um das große Gewicht des Bergfrieds zu tragen. Kerzen brannten vor einem aus den Quadern gehauenen Sims, und auf diesem lag ein Sträußchen der ersten Schneeglöckchen und Kro kusse.
    Der Raum war klein, vielleicht zehn oder zwölf Schritte im Quadrat, doch war die freie Bodenfläche durch die schweren Gewölbepfeiler noch kleiner. Silvus blieb bei der offenen Tür stehen. Ich machte Platz, indem ich mich auf der anderen Seite an die Wand stellte.
    »Um das Problem zu verstehen, muss man über Mana Bescheid wissen. Ihnen wird es sicherlich bekannt sein, Priorin.«
    »Gewiss. Die Kraft, die der Magie Wirkung verleiht.«
    »In der Tat. Sie strömt aus den Gebeinen der Erde selbst. Ein Magier muss Mana haben, um Magie zu wir ken. Die Erde ist voll davon; das Nachtvolk – wir nennen sie Kobolde – lebt unter seinem ständigen Einfluss, was erklären mag, warum es und nicht wir für Magie emp fänglich sind. Denn wie ich sagte, ein Zauberer muss es besitzen. Ohne Mana kann er nichts bewirken, ganz gleich wie bedeutend sein Talent ist.«
    »Nun gut. Was ist mit diesem Fehler oder Mangel, den Sie gefunden haben wollen?«
    »Ich fragte mich, wie Ruane, dessen Angedenken verflucht sei, es fertig brachte, eine Armee im fernen Ctersi aufzustellen, während er vom Mana abgeschnitten war. Es schien unerklärlich, umso mehr als er vergeblich ver suchte, unsere kleine Truppe am Marsch nach Westen zu hindern. Gewiss, er erweckte ein paar Tote mit dem aus einer Quelle bezogenen Mana, aber seine übrigen Zauber künste waren sehr bescheiden, bis es ihm gelang, Kraft aus den Steinen des Gebirges zu ziehen. Und selbst dann erschöpfte er sich im Heraufbeschwören eines Sturmes und musste fast eineinhalb Tage warten, bevor er wieder Magie wirken konnte. Es muss eine schwierige Zeit für ihn gewesen sein. Er wartete bis zur letzten Minute, bevor er diese Horde herbeirief.«
    Merceda lächelte kühl. »Ich hoffe, Sie erwarten nicht von mir, dass ich Sympathie für ihn empfinde.«
    »Keineswegs. Trotzdem müssen wir uns dies vergegen wärtigen! Die Fähigkeit, die Armeen des Dunkels drüben in Ctersi zu mobilisieren und herüberzurufen, aber nicht imstande zu sein, uns zu erledigen, beschädigt wie wir waren, obwohl er unter uns war.«
    Er hatte es in sachlichem, erläuterndem Ton vorgetragen. Nun kam eine gewisse Härte in seine Stimme. Er wandte sich ihr zu. »Da stimmte etwas nicht. Ich glaubte es nicht. Und dann, auf dem Feld jenseits der Stadt, als ich wie ein Dummkopf zögerte, sagte Ruane zu mir, ich sollte wie er sein – und wie der andere. Welcher andere? Er meinte nicht Shanhi, den letzten großen Magier. Shanhi starb, als ein Schwert seinen Leib durch bohrte, ähnlich wie Ruane selbst. Er meinte auch nicht Nathan, denn wie Nathan zu sein, wäre das Letzte auf der Welt, was ich möchte, und Ruane wusste das. Wen also meinte er?«
    Die Priorin war ganz still geworden. »Ich verstehe«, sagte sie. »Und ich verstehe, warum Sie mich allein spre chen und hierher bringen wollten, fern der lauschen den Ohren. Sie sagen, dass es einen weiteren Meister der Schwarzen Magie gibt, und dass wir jetzt bereit sein müs sen, ihm
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