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Dunkle Rosen: Roman (German Edition)

Dunkle Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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die meiner Familie kommst, Amelia, lasse ich dich verhaften und in eine Anstalt für kriminelle Geisteskranke stecken.« Er winkte der Bediensteten, seinen Hut und Stock zu bringen. »Das würde dir nicht gefallen.«
    Amelia schrie, riss an ihren Haaren und ihrem Kleid, schrie, bis ihr von den eigenen Nägeln das Blut über die Haut rann.
    Und verlor den Verstand.
    Als sie in ihrem zerrissenen Kleid die Treppe hinaufging, summte sie ein Schlaflied.

Erstes Kapitel
    Harper House
Dezember 2004
     
    Die Morgendämmerung, voll erwachender Versprechen, war ihre liebste Zeit zum Joggen. Das Laufen selbst war einfach etwas, das es zu erledigen galt, dreimal in der Woche, wie jede andere Aufgabe oder Verpflichtung. Rosalind Harper tat, was getan werden musste.
    Sie lief ihrer Gesundheit zuliebe. Eine Frau, die gerade ihren fünfundvierzigsten Geburtstag begangen – in diesem Alter konnte sie wohl kaum sagen gefeiert  – hatte, musste auf ihre Gesundheit achten. Sie lief, um stark zu bleiben, denn stark wollte und musste sie sein. Und sie lief aus Gründen der Eitelkeit. Ihr Körper würde nie mehr so sein wie mit zwanzig oder wenigstens mit dreißig, aber, bei Gott, es würde der beste Körper sein, den eine Fünfundvierzigjährige haben konnte.
    Sie hatte keinen Ehemann, keinen Geliebten, doch sie hatte ein Image zu verteidigen. Sie war eine Harper, und die Harpers hatten ihren Stolz.
    Aber, Himmel noch mal, dieses Training war eine Schinderei.
    Wegen der kühlen Morgenluft mit einem Sportanzug bekleidet, schlüpfte sie durch die Balkontür aus ihrem Schlafzimmer. Im Haus schlief noch alles. Ihr Haus, das zu leer gewesen war, war nun wieder bewohnt und nur noch selten ganz still.
    Da war David, ihr Ersatzsohn, der das Haus in Ordnung hielt, ihr Gesellschaft leistete, wenn sie Unterhaltung brauchte, und sich zurückzog, wenn sie allein sein wollte.
    Niemand kannte ihre Stimmungen so gut wie David.
    Und da war Stella mit ihren beiden prachtvollen Jungen. Es
war ein guter Tag gewesen, dachte Roz, während sie auf dem Balkon ein paar Lockerungsübungen machte, ein guter Tag, an dem sie Stella Rothchild als Geschäftsführerin ihrer Gärtnerei eingestellt hatte.
    Natürlich würde Stella in nicht allzu langer Zeit umziehen und die süßen Jungen mitnehmen. Doch auch wenn sie erst mit Logan verheiratet sein würde – und passten die beiden nicht wunderbar zusammen? –, würden sie nur ein paar Kilometer entfernt wohnen.
    Hayley würde noch da sein und das Haus mit jugendlicher Energie erfüllen. Es war ein weiterer Glückstreffer gewesen, außerdem eine unbestimmte, entfernte Verbindung zu ihrer Familie, die Hayley, damals im sechsten Monat schwanger, auf ihre Türschwelle geführt hatte. In Hayley hatte Roz die Tochter, nach der sie sich insgeheim gesehnt hatte, und noch dazu eine Enkeltochter ehrenhalber in der reizenden kleinen Lily.
    Ihr war nicht bewusst gewesen, wie einsam sie gewesen war, dachte Roz, bis diese Mädchen kamen und die Leere ausfüllten. Nachdem zwei ihrer drei eigenen Söhne ausgezogen waren, war das Haus zu groß, zu still geworden. Und einem Teil von ihr graute vor dem Tag, an dem Harper, ihr Erstgeborener, ihr Fels, das einen Steinwurf vom Haupthaus entfernte Gästehaus verlassen würde.
    Aber so war das Leben. Niemand wusste besser als eine Gärtnerin, dass das Leben niemals stillstand. Zyklen waren notwendig, denn ohne sie gab es keine Blüte.
    Roz trabte gemächlich die Treppe hinunter und freute sich daran, wie der Frühnebel ihren winterlichen Garten einhüllte. Sieh, wie hübsch ihr Wollziest mit seinen weichen, silbrigen Blättern war, die der Tau bedeckte. Und die Vögel mussten die roten Früchte an ihrer Apfelbeere erst noch für sich entdecken.
    Im Gehen – um ihren Muskeln Zeit zu geben, warm zu werden, und um sich an ihrem Garten er erfreuen – umrundete sie das Haus.
    Auf dem Weg die Einfahrt hinunter steigerte sie ihr Tempo zum Laufschritt. Sie war eine große, gertenschlanke Frau mit kurz geschnittenem schwarzem Haar. Ihr Blick aus warmen, whiskeybraunen Augen wanderte über das Grundstück – die hochgewachsenen Magnolien, die grazilen Hartriegel, die Anordnung von Ziersträuchern, das Meer von Stiefmütterchen, die sie erst vor ein paar Wochen gepflanzt hatte, und die Beete, die noch ein wenig warten würden, bis sie zu blühen begannen.
    Für Roz gab es im ganzen westlichen Tennessee keine Gartenanlage, die der von Harper House das Wasser reichen konnte. Ebenso wie es kein
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