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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen
Autoren: Nora Roberts
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steckte, ungeduldig auf den Boden. »Seit über einer Stunde versuche ich, dich zu erreichen.«
    »Ich hab’ das Telefon abgestellt, aber der Anrufbeantworter läuft. Was hältst du hiervon, Angie?«
    Angie holte tief Atem und betrachtete die Skulptur auf dem Arbeitstisch. »Ziemlich chaotisch.«
    »Genau.« Mit einem zustimmenden Nicken beugte sich Clare tiefer über ihre Arbeit. »Ja, du hast recht. Ich hab’ die Sache falsch angefangen.«
    »Wage es ja nicht, diesen Schweißbrenner zur Hand zu nehmen!« Des Schreiens müde, stapfte Angie durch den Raum und schaltete die Stereoanlage aus. »Verdammt, Clare, wir waren um halb eins im Russian Tea Room zum Essen verabredet.«
    Clare richtete sich auf und sah ihre Freundin zum ersten Mal voll an. Wie immer bot Angie ein Bild der Eleganz. Das marineblaue Kostüm von Adolfo und die überdimensionale Perlenkette betonten ihre milchkaffeefarbene Haut und die exotischen Gesichtszüge.
    Die scharlachrote Lederhandtasche paßte genau zu ihren Pumps. Angie legte Wert darauf, Kleidung und Accessoires farblich aufeinander abzustimmen, und hielt ihre Sachen mustergültig in Ordnung. Ihre Schuhe bewahrte sie in durchsichtigen Plastikbehältern auf, die Blusen hingen nach Farbe und Material geordnet im Schrank, und ihre Handtaschen – die Sammlung war schon fast legendär zu nennen – ruhten in den Fächern eines eigens zu diesem Zweck angefertigten Regals.
    Was Clare betraf, so konnte sie froh sein, wenn sie in dem schwarzen Loch ihres Schrankes zwei zusammengehörige Schuhe herauskramen konnte. Ihre Handtaschensammlung
bestand aus einer guten schwarzen Abendtasche und einem großen Leinensack. Nicht zum ersten Mal wunderte sich Clare, wie sie und Angie sich jemals hatten anfreunden – und Freundinnen bleiben können.
    Im Moment allerdings stand die Freundschaft etwas auf der Kippe, stellte sie fest. Angies dunkle Augen sprühten Feuer, und sie trommelte mit den langen, scharlachrot lakkierten Fingernägeln wütend auf ihrer Tasche herum.
    »Bleib so stehen, genau so.« Clare schoß durch den Raum, um den unordentlichen Haufen auf ihrem Sofa nach einem Skizzenblock zu durchwühlen. Achtlos warf sie ein Sweatshirt, eine Seidenbluse, ungeöffnete Briefe, einen leeren Fritos-Karton, einige Taschenbücher sowie eine Wasserpistole beiseite.
    »Herrgott noch mal, Clare …«
    »Nicht bewegen!« Den Block in der einen Hand, schob sie mit der anderen ein Kissen zur Seite und fand ein Stück Zeichenkohle. »Wenn du sauer bist, siehst du besonders gut aus«, grinste sie.
    »Hexe«, knurrte Angie, verbiß sich aber dabei ein Lachen.
    »Das ist es! Wunderbar!« Clares Stift flog über das Papier. »Himmel, diese Wangenknochen! Wer hätte gedacht, daß die Mischung von afrikanischen, französischen und Cherokee-Erbanlagen so umwerfende Gesichtszüge ergibt. Fletsch doch bitte mal kurz die Zähne, ja?«
    »Leg endlich den dämlichen Block weg! Schmeicheln hilft dir auch nichts mehr. Ich habe eine geschlagene Stunde im Russian Tea Room gesessen, Perrier getrunken und vor Langeweile am Tischtuch geknabbert.«
    »Tut mir leid, ich hab’s total vergessen.«
    »Was gibt’s sonst Neues?«
    Clare legte die Skizze fort, wohl wissend, daß sich Angie daraufstürzen würde, sobald sie ihr den Rücken zukehrte. »Möchtest du was essen?«
    »Ich hab’ mir im Taxi einen Hot Dog einverleibt.«
    »Gut, ich hol’ mir eben was, und du erzählst mir, worüber wir uns eigentlich unterhalten wollten.«
    »Über die Show, du Trotteltier.« Angie begutachtete die
Skizze und unterdrückte ein Lächeln. Clare hatte sie mit aus den Ohren lodernden Flammen dargestellt. Ohne ihre Belustigung zu zeigen, sah sie sich nach einer Sitzgelegenheit um und ließ sich schließlich auf der Sofalehne nieder. Wer wußte schon, was sich sonst noch alles unter diesen Kissen verbarg. »Hast du vor, in absehbarer Zeit jemanden zu engagieren, der hier mal gründlich ausmistet?«
    »Nein. Mir gefällt es, wie es ist.« Clare ging in die winzige Küche, kaum größer als ein Alkoven, in der Ecke des Studios. »Das beflügelt meine schöpferische Fantasie.«
    »Den Quatsch von wegen künstlerischem Temperament kannst du deiner Großmutter erzählen, Clare. Ich weiß zufällig, daß du bloß ein Riesenfaulpelz bist.«
    »Wo du recht hast, hast du recht.« Clare kehrte mit einer Riesenschüssel Schokoladeneis und einem Teelöffel bewaffnet aus der Küche zurück. »Möchtest du was abhaben?«
    »Nein, danke.« Für Angie war es
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