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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend
Autoren: Unknown
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Als wir heimkamen, war das Haus wie ausgestorben, und Ihr Abendbrot stand unberührt da.«
    »Ich war im Kino«, sagte ich.
    »Im Kino?« Er war im Flur stehengeblieben und starrte mich an. »Die Kinos machen doch um zehn Uhr Schluß.«
    »Weiß ich«, sagte ich, »bin aber hinterher noch spazierengegangen. Entschuldigen Sie die Störung. Gute Nacht.«
    Ich ließ den Alten stehn und stieg die Treppe zu meinem Zimmer hinauf. Ich hörte, wie er vor sich hinbrummte, die Tür abriegelte und wie Frau Thompson vom Schlafzimmer rief: »Was ist's? Ist er's? Ist er endlich da?«
    Ich hatte sie in Unruhe und Sorge versetzt, und eigentlich hätte ich auf der Stelle hingehn und mich entschuldigen müssen, aber ich brachte es nicht über mich, hätte es auch nicht auf die rechte Art tun können. Darum machte ich einfach die Tür zu, zog mich aus und legte mich ins Bett. Es war, als sei sie nun in der Finsternis noch immer bei mir, mein Mädchen.
    Am nächsten Morgen beim Frühstück waren die beiden Thompsons etwas schweigsam, sahen mich auch nicht an. Frau Thompson setzte mir wortlos meinen Räucherhering vor, und er blickte unverwandt in die Zeitung.
    Nach dem Frühstück fragte ich: »Hatten Sie es gestern abend nett bei Ihrer Tochter?« Und Frau Thompson antwortete, ein bißchen verkniffen: »Danke, sehr nett. Wir waren um zehn Uhr zu Haus«, und dabei schnupfte sie beleidigt und goß ihrem Mann noch eine Tasse Tee ein.
    Dann verstummten wir wieder. Keiner sprach ein Wort, bis schließlich Frau Thompson sagte: »Werden Sie heute zum Abendbrot zu Hause sein?« Und ich. »Nein, ich glaube nicht. Bin mit einem Freund verabredet.« Der Alte blickte über seine Brille hinweg zu mir herüber.
    »Falls Sie spät nach Hause kommen, legen wir Ihnen wohl am besten den Hausschlüssel bereit.« Dann steckte er seine Nase wieder in die Zeitung. Man konnte merken, daß sie gekränkt waren, weil ich ihnen nichts erzählte und auch nicht sagte, was ich vorhatte.
    Ich ging zur Werkstatt, und den ganzen Tag über hatten wir alle Hände voll zu tun, eine Reparatur nach der andern. An jedem andern Tag wäre mir das egal gewesen, ich hatte es sogar gern, wenn viel Arbeit da war, und machte oft Überstunden. Aber heute abend wollte ich fertig sein, bevor die Geschäfte schlossen. Seit mir die Idee gekommen war, hatte ich an nichts anderes mehr denken können.
    Die Uhr ging schon auf halb fünf, da kam der Chef und sagte: »Ich habe dem Doktor versprochen, daß er seinen Austin noch heut abend haben kann. Hab ihm gesagt, Sie würden wohl gegen halb acht damit fertig sein. Geht doch in Ordnung, nicht?«
    Ich war niedergeschlagen. Ich hatte damit gerechnet – wegen dieser Sache, die ich erledigen wollte –, früh wegzukommen. Dann überlegte ich rasch, daß es sich auch einrichten ließ, wenn der Chef mir jetzt, vor Ladenschluß freigab, und ich dann wieder zurückkam, um den Austin zu reparieren. »Eine Überstunde macht mir nichts aus«, sagte ich. »Möchte nur gern mal für eine halbe Stunde weg, falls Sie solange hierbleiben können, hab nämlich noch was zu besorgen.«
    Ihm war es recht. Ich zog also meinen Overall aus, wusch mich, schlüpfte in die Jacke und ging zu der Geschäftsstraße, unten bei Haverstock Hill. Ich hatte einen ganz bestimmten Laden im Auge, ein Juweliergeschäft; Thompson brachte immer seine Uhr dorthin, wenn sie kaputt war. Dort gab es keinen Schund, nur gute Ware, Bestecke, gediegene Silberrahmen und derlei.
    Ringe hatten sie natürlich auch, und auch ein paar Armreifen, sie gefielen mir aber nicht; alle Mädchen im Hilfsdienst hatten diese Dinger mit Amuletts getragen, sie waren mir zu gewöhnlich. Ich starrte weiter in das Schaufenster, und plötzlich sah ich das richtige, ganz hinten lag es.
    Es war eine Brosche. Klein, nicht viel größer als ein Daumennagel, aber mit einem hübschen blauen Stein in der Mitte und hinten mit einer Nadel; sie war herzförmig. Ich sah sie mir noch eine Weile an, ein Preisschild lag nicht dabei, was bedeutete, daß sie schon einen Batzen kosten würde. Ich ging hinein und ließ sie mir zeigen. Der Juwelier holte sie aus dem Schaufenster, polierte sie erst ein bißchen auf und drehte sie dann vor mir hin und her. Ich konnte sie mir an meinem Mädchen vorstellen. Wie hübsch sie sich an ihrem Pullover oder Kleid ausnehmen würde! Ich wußte: Das ist das richtige.
    »Ich nehm sie«, sagte ich und fragte nach dem Preis.
    Als er ihn nannte, mußte ich doch einmal leer schlucken, aber ich
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