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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond
Autoren: Lena Johannson
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sich ihnen zu und hob die Hand zumGruß. Jo nickte ihm zu und lief hinter Jan her, der bereits auf dem Steg war.
    »Bitte mit Landratte an Bord kommen zu dürfen.«
    »Hey«, protestierte Jo, »ich bin schon auf der Alster gesegelt.«
    »Hallo, ich bin Sönke, willkommen auf der Aldebaran !« Er streckte ihr eine Hand entgegen und legte für einen Moment die Stirn in Falten, als versuche er, sich an irgendetwas zu erinnern.
    »Danke, ich bin Jo.«
    »Sie heißt Josefine. Das klingt viel schöner«, meinte Jan.
    »Das klingt altmodisch«, widersprach sie.
    »Dann wollen wir mal los, solange der Wind so günstig steht.« Sönke, ein Mann von schätzungsweise Ende dreißig mit bereits schütterem schwarzen Haar, begann, die Segel zu setzen.
    »Setz dich am besten dort rüber«, meinte Jan und deutete auf eine Holzbank, auf der blau-weiß gestreifte Sitzkissen lagen. »Da bist du nicht im Weg.«
    »Toll, danke«, antwortete Jo wenig begeistert. Wäre ich im Hotel geblieben, wäre ich überhaupt nicht im Weg, dachte sie. Sie musste auf dem schwankenden Schiff, das sich langsam vom Ufer entfernte, mühsam die Balance halten. Es wäre bestimmt das Beste, wenn sie sich irgendwo hinsetzte, wo sie nicht störte. Trotzdem fragte sie: »Kann ich nicht helfen?«
    »Nein, nein, danke, wir machen das schon«, rief Sönke. Er warf ihr einen kurzen freundlichen Blick zu und kümmerte sich dann wieder um die Segel. Jeder Handgriff saß, die beiden Männer schienen ein eingespieltes Team zu sein. Wahrscheinlich fuhren sie oft gemeinsam raus und nahmen Frauen vom Festland mit, die ihre Ferien in Ahrenshoop verbrachten.
    Die rotbraunen Segel – das kleinste erinnerte an die Segelformchinesischer Dschunken – blähten sich bald im Wind. Es war trotz der kräftigen Brise noch immer warm, und so drehte Jo ihr Gesicht in die Abendsonne und freute sich auf den Ausflug.
    »Warum segelt ihr nicht draußen auf der Ostsee? Wäre das nicht reizvoller?«, wollte sie wissen.
    »Überhaupt nicht«, antwortete Sönke. »Von der Ostsee aus sieht man doch immer nur den Strand und endlos viel Wasser. Der Bodden ist das schönere Revier.«
    »Warte, bis du die Landschaft gesehen hast«, ergänzte Jan. »Dann verstehst du, was wir meinen. Das macht den Darß aus. Deshalb kommen mehr Maler hierher als zum Beispiel in die Buchten in Schleswig-Holstein.«
    Es dauerte nicht lange, dann hatte das Boot seinen Rhythmus gefunden und glitt ruhig, geradezu lautlos und überraschend zügig durch das dunkle Wasser. Hier und da bildeten sich kleine Wellenkämme, die bernsteinfarben in der Sonne funkelten. Sönke lenkte das Boot vorbei an Sandbänken, auf denen sich Wasservögel mit langen gebogenen Schnäbeln ihre Beute streitig machten. Auf der Landseite war auf weiter Strecke Schilf zu sehen, dahinter zunächst noch Häuser, später dann blühende Sommerwiesen und vom Wind gebeugte Kiefern, die mit ihren knorrigen Ästen wie bizarre Märchengestalten aussahen.
    »Es ist wirklich wunderschön«, seufzte Jo.
    »Hier hört der Darß auf, und Fischland fängt an«, erklärte Jan. »Aber die meisten sagen Darß zur gesamten Halbinsel. Bist du zum ersten Mal hier?«
    »Ja.«
    »Ich hätte schwören können, ich habe dich hier schon gesehen«, sagte Sönke und sah sie wieder so nachdenklich an wie bei der Begrüßung. »Du kommst mir irgendwie bekannt vor.«
    »Ha, ganz plumper Versuch, mein Lieber«, sagte Jan lachend.
    Jo lächelte, dann wurde sie wieder ernst und erzählte: »Mein Vater war früher oft hier. Er hat gemalt. Ich wollte endlich mal sehen, ob es hier wirklich so schön ist, wie er immer behauptet hat.«
    »Und?« Jan ließ sich neben ihr auf die Bank fallen und sah sie erwartungsvoll an. Er hatte ausdrucksstarke graue Augen.
    »Ich kann verstehen, warum er so gerne hergekommen ist.« Leiser setzte sie hinzu: »Aber ich werde nie verstehen, warum er uns nicht dabei haben wollte.« Sie spürte seinen Blick, der noch immer aufmerksam auf sie gerichtet war.
    » Aldebaran klingt hübsch«, rief sie Sönke zu. »Hat der Name eine Bedeutung?«
    »Ja, das ist der Name eines Sterns. Er ist einer der hellsten Sterne am Himmel und gehört zum Bild des Stiers. Er diente den Seeleuten früher als Orientierung. Wer nach den Sternen navigieren kann, richtet sich auch heute noch oft nach dem Aldebaran , weil er so gut zu erkennen ist.«
    »Interessant«, sagte sie.
    »Noch viel interessanter als der Name ist das Boot selbst«, warf Jan ein. »Es ist nämlich wirklich
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