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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen
Autoren: Mats Wahl
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aber keine Antwort. Draußen war es ganz still.
    Als ich gerade aufstehen wollte, kam die gestreifte Katze in die Küche. Ich ging zum Kühlschrank und nahm Milch heraus. Es war fetthaltige Milch, also verdünnte ich sie mit etwas Wasserund stellte das Schälchen vor die Katze. Sie streckte ihre rosafarbene Zunge aus und leckte vorsichtig am Rand der Schale. Dann begann sie richtig zu schlecken, und ich ging in mein Zimmer.
    Aus Sundsvall hatte ich überwiegend Klamotten mitgenommen. Die meisten Bücher hatte ich verschenkt und nur ein paar Lieblingsbücher und drei Filme behalten. Ich hatte sogar meine CDs aussortiert. Dabei war nur ein Bruchteil meiner alten Musik übrig geblieben.
    Es war Zeit, ein neues Leben anzufangen. Ich erwog, mir den Schädel kahl zu rasieren, meine Unterlippe zu piercen und vielleicht auch noch ein Ohr abzuschneiden.
    Das Bett aus meinem Zimmer in Sundsvall hatte ich auch behalten. Es war ein gutes Bett, und deshalb gab es keinen Grund, es gegen ein anderes auszutauschen. Die Umzugsleute hatten es an die Längswand gestellt, die mein Zimmer von Morgans trennt, und dort konnte es stehen.
    Zuoberst in einer der drei Umzugskisten lag eine Reproduktion von einem van-Gogh-Bild. Das ist der, der sich das rechte Ohr abgeschnitten hat und total verrückt war. Ich pinnte das Bild mit vier Heftzwecken an die Schmalwand neben der Tür, sodass ich es vom Bett aus sehen konnte.
    Dem Bett gegenüber ist eine Dachschräge. Die Wand darunter, in der es eine tapezierte Tür gibt, ist nicht mehr als etwa eineinhalb Meter hoch, man muss also den Kopf einziehen, wenn man durch die Tür gehen will.
    Dahinter befindet sich der unausgebaute Dachstuhl, unter dem es sehr heiß werden kann, denn das Dach ist mit schwarzem Blech gedeckt.
    Ich öffnete die Tür zu der Abseite, die so lang wie mein Zimmer ist, also mindestens vier Meter lang. Direkt neben der Tür stand eine Kommode, die wahrscheinlich vergessen wurde, als Mama die Möbel ihrer Mutter verkauft hat. Die Kommode warlang und schmal, hatte drei Schubläden und krumme Beine. Im Schloss der obersten Schublade steckte ein Schlüssel. Ich öffnete sie, sie war mit Zeitungspapier ausgeschlagen. Ich nahm die vergilbte Zeitung heraus, die von 1954 war. Auf der ersten Seite waren zwei Polizisten mit Maschinenpistolen abgebildet. Darunter stand ein Artikel über Tumba-Tarzan, der in Waldhöhlen gelebt und Einbrüche in Sommerhäuser verübt hatte.
    Außerdem lagen in der Schublade ein Fotoalbum voller Schwarz-weiß-Fotos sowie eine Rolle weißes Garn, eine Häkelnadel und eine zwanzig Zentimeter lange gehäkelte Spitze, durch die die Nadel gesteckt war, als wäre die Handarbeit nur mal eben unterbrochen worden, weil das Telefon geklingelt hatte.
    Ich schob die oberste Schublade zu und zog die anderen heraus. Sie waren nicht mit vergilbten Zeitungen ausgelegt und enthielten auch keine Fotoalben, Spitzen oder Häkelnadeln.
    Die oberen beiden Schubladen füllte ich mit Unterwäsche, Strümpfen, Hemden und T-Shirts, und unter die Kommode stellte ich meine drei Paar Schuhe. Die Winterjacke und ein paar andere Sachen legte ich auf die Kommode. Dann ging ich in die Küche, wo die noch nicht ausgepackten Umzugskartons standen. Zwischen der Tannenbaumbeleuchtung fand ich Kerzenhalter. Der eine war aus Messing. Ich suchte mir eine Kerze und eine Streichholzschachtel und nahm den Schemel aus der Küche mit in mein Zimmer. Den Schemel stellte ich neben das Bett und darauf den Kerzenhalter.
    Dann trug ich die Kartons in den Keller, und als ich wieder nach oben kam, fuhr Mama gerade auf den Hof. Das Auto war kaum zum Stehen gekommen, da stieg sie schon aus.
    »Ich bin bestohlen worden!«
    Sie zitterte vor Aufregung.
    »Jemand hat mein Portemonnaie geklaut!«
    Sie öffnete die hintere Autotür und hob drei Plastiktüten vom Rücksitz.
    »Ich hatte es auf den Tresen gelegt. Hinter mir hat ein kleiner Junge gestanden, der muss es genommen haben. Er war bestimmt nicht älter als zwölf. Er hat sich an mir vorbeigedrängelt, als es Schwierigkeiten mit der Geheimzahl gab. Ich musste sie mehrere Male eingeben.«
    »Ist alles weg?«
    »Er hat das ganze Portemonnaie mitgehen lassen außer der Karte, mit der ich gerade bezahlt habe. Meinen Führerschein hatte ich auch herausgenommen. Drei Kreditkarten, tausend Kronen, Quittungen, Fotos, alles, was ich im Portemonnaie hatte. Ich bin bei der Polizei gewesen und hab den Diebstahl angezeigt. Mensch, bin ich sauer!«
    Mama rannte mit den drei
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