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Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)

Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)

Titel: Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
Autoren: Volker Kitz
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Fragesteller wollten ihren Wissensdurst stets bei dem Sachverständigen stillen, dem sie bei der Frage die größte Kompetenz zutrauen. Für die Sachverständigen, die so naiv sind, das zu glauben, ist es daher auch ein Ehrenbeweis, möglichst viele Fragen »zu bekommen«.
    In Wahrheit aber befragen die Abgeordneten fast immer nur die Sachverständigen, die sie selbst geladen haben oder wenigstens die der Koalitionspartner. Die Experten »auf dem Ticket« der anderen Fraktionen sprechen sie höchstens an, um sie bloßzustellen. Und das ist nicht sehr schwer: Ein Fragesteller darf eine Antwort kommentieren, aber der Sachverständige darf darauf nicht mehr reagieren, denn er hat ja das Wort nicht mehr. Ein Sachverständiger muss also damit leben, dass seine Ausführungen zum Beispiel mit einem arroganten »Dass Sie immer noch solche Märchen erzählen« quittiert wird – und er dem nichts mehr entgegensetzen kann.
    An diesem besagten Nachmittag, an dem es bei Kaffee und Kuchen um 25 Milliarden Dollar ging, saß ich »auf dem Ticket« der größeren Oppositionsfraktion. Daher hatte ich in den ersten 22 Minuten Pause, in denen das Fragerecht bei der Koalition lag.
    Ich war damals noch nicht abgebrüht genug, um mir für diese Pause Arbeit aus dem Büro mitzubringen. Die Abgeordneten der Opposition holten ihre Postmappen heraus, während die Koalition fragte. Auch andere Sachverständige nutzten die Zeit, um ungeniert sonstige Arbeit zu erledigen. Später kehrte sich die Situation um – wer gerade nicht selbst fragte oder gefragt wurde, den interessierte nicht, was die anderen redeten. Nur wenige löbliche Ausnahmen folgten dem Gespräch aufmerksam, auch wenn es gerade nicht um sie selbst ging.
    Als das Fragerecht zur größeren Oppositionspartei wechselte, unterbrachen deren Mitglieder kurz ihre anderweitigen Beschäftigungen.
    »Man muss bei so einem Gesetz ja genau unterscheiden können zwischen dem, was erlaubt sein soll, und dem, was verboten ist«, dozierte eine Abgeordnete nun. Einen Großteil der knappen »Fragezeit« verwenden die Abgeordneten darauf, noch einmal ihre eigene Meinung zu referieren. Die eigentlichen Fragen sind oft ein verschämtes Anhängsel, auch wenn sie streng klingen können: »Geht der Gesetzentwurf da in die richtige Richtung? Diese Frage geht an Herrn Dr. Kitz.«
    Ich schaltete mein Mikrofon ein und führte aus, dass diese Abgrenzung in dem Gesetzentwurf aus meiner Sicht nicht praktikabel war. Die Fragestellerin nickte zufrieden. Sie wusste, dass ich so antworten würde. Sie hatte vorher »ihre« Sachverständigen zu einer Art Probeanhörung eingeladen, um zu ermitteln, auf welche Fragen wer welche Antworten geben würde. Generell ist es üblich, dass die Sachverständigen den Abgeordneten vorher Vorschläge für Fragen zuschicken, die sie gerne beantworten würden. Daher wusste die Abgeordnete auch, dass ich die Gesetzesinitiative im Grundsatz begrüßte. Es handelte sich um einen Gesetzentwurf gegen unerwünschte E-Mail-Werbung, gegen Spam. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen richtet Spam weltweit einen jährlichen Schaden von 25 Milliarden Dollar an.
    Deshalb waren auch alle Fraktionen in Aktionismus verfallen: Die Koalition hatte ein Anti-Spam-Gesetz ins Rennen gebracht, das verschleierte Werbe-E-Mails grundsätzlich verbieten sollte. Die Opposition war naturgemäß gegen diesen Entwurf, freilich nicht ohne einen eigenen Antrag »Spam effektiv bekämpfen« einzubringen. Darin forderte sie vage, über Spam besser aufzuklären und eine zentrale Stelle zur Spam-Bekämpfung zu schaffen.
    Die Unternehmen, die ich vertrat, waren zu einem Teil Internetprovider. Sie leiden unter der schieren Datenlast, mit der Spam-E-Mails ihre Netze verstopfen. Und jedes andere seriöse Unternehmen leidet darunter, wenn sich weniger seriöse Firmen durch Spamwellen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
    Aber jedes seriöse Unternehmen ist auch darauf angewiesen, selbst Werbung machen zu können. Das gehört sogar zu den Unternehmensgrundrechten, die unsere Verfassung garantiert. Also muss ein Anti-Spam-Gesetz so formuliert sein, dass es die schwarzen Schafe erwischt, den seriösen Unternehmen aber nicht ihre Werbemöglichkeiten nimmt. Bei der Probeanhörung war meine differenzierte Haltung zu dem Gesetzentwurf deutlich geworden.
    Daher wartete ich darauf, dass die Vertreterin der Opposition mich erneut aufrief, als es darum ging, ob ein Anti-Spam-Gesetz im Grundsatz sinnvoll sei. Allerdings hörte ich
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