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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie
Autoren: Tommy Engel
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Schulz hatte eine rührende Nummer für mich komponiert, die er allein am Klavier vortrug. Und der Höhepunkt war dann der Auftritt mit meinen Söhnen.
    Ich habe nie bewusst geplant, meine Pänz zu Musikern zu machen. Natürlich haben sie früh mitbekommen, dass ihr Vater nicht ganz unbekannt ist. Manchmal waren sie bei unseren Fööss-Gigs dabei, zum Beispiel bei »Musik extra 3« im WDR. Da saßen sie irgendwann in den 70ern zwischen meiner Exfrau Irmgard und Heinz Schubert, dem »Ekel Alfred«. Und mein Ältester, René, hat während dem Auftritt unentwegt »Papa« gerufen.
    Sie sind alle drei prima Jungs und letztendlich sogar Musiker geworden. Aber das wollte ich ihnen nie aufzwingen. Kinder sollen ihre eigenen Köpfe haben, ich wollte die nicht krallen und auf die Bühne verpflanzen. Ein Abklatsch der Kelly Family, die in den 90ern als ganzer Clan auftrat, wäre mir nie in den Sinn gekommen.
    Etwas anderes ist es, wenn sich so eine Zusammenarbeit spontan ergibt. Ein paarmal haben sie mich auf der Bühne überrascht, unter anderem im Mai 2007 bei der Albumpräsentation von »Du bes Kölle« im Tanzbrunnen .
    Beim Song »Minge Vatter«, der eigentlich von meinem Vater Richard Engel handelt, schlichen sich René, Ilja und Kai von der Seite an, ganz fein herausgeputzt übrigens. Und dann sangen die drei den Refrain mit mir: »Du wors Vatter vun ener jroße Famillich/Häs immer an uns jedach.«
    In dem Moment entstand eine spannende Parallele, weil die Jungs dabei an mich dachten und ich wiederum an meinen Vater. Solche Lieder schaffen einen Platz, finde ich. Einen Platz, den man noch lange betreten kann, den die Kinder noch betreten können, wenn man selbst nicht mehr ist.

EICHHÖRNCHEN, PAPAGEIEN UND FÜCHSE
    Vom Tod, oder besser vom Umgang damit, handelt auch ein anderes Lied des »Du bes Kölle«-Albums. Als es erschien, sollte ausgerechnet jener Mann das nicht mehr erleben, mit dem ich es geschrieben hatte. »Melote«, den Song über den Melatenfriedhof, hatte ich richtig geplant. Es gibt diese Nummer von Ludwig Hirsch: »I lieg am Ruckn«. Da singt er von einem, der schon unter der Erde liegt. Das Lied gefiel mir. Also schnappte ich mir meinen textlichen Spannmann Helmut Seliger und fuhr nach Melaten.
    Alles, was wir in dem Text erzählen, haben wir auf jenem Spaziergang wirklich erlebt. Jeder kennt die Mausoleen auf der Millionenallee. Jeder beobachtet die Eichhörnchen dort, lauscht den Papageien, und vielleicht hat er wie wir auch schon mal einen Fuchs gesehen, der um die Grabmäler streicht. Friedhöfe verströmen eine ganz besondere, zugleich geweihte und morbide Atmosphäre. Besonders intensiv spürt man die vor den verwitterten Steinen der unbekannten Soldaten oder auch vor einem jener Gräber, um die sich niemand mehr kümmert:
    An enem Jravstein klääv ne jröne Zeddel
Nevven ner Trepp, die en d’r Himmel zeich
›Nutzungsräch es afjelaufe‹
Doch die Siel es längs em Himmelreich
    Ich mag dieses Lied sehr, gerade wegen der einfachen Wahrheiten, die es enthält. Und wegen der tiefen Ruhe, die es ausstrahlt. Helmut Seliger war ein brillanter Texter. Unter anderem stammt von ihm Dirk Bachs Soloprogramm »Edgar«, und auch zum Weihnachtsengel hat er manches beigesteuert.
    Wir kannten uns zwar nicht wirklich gut, aber ich hatte den Eindruck, dass auch ihm die Arbeit mit mir durchaus Spaß gemacht hat. Und erfolgreich waren wir sowieso, schließlich hatte er auch an »Du bes Kölle« seinen Anteil. »Melote« wird für mich sein Vermächtnis bleiben, bei diesem Lied werde ich immer an ihn und an die, die schon vorgegangen sind, denken. Denn im April 2007, wenige Monate nach unserem gemeinsamen Spaziergang, hat Helmut sich umgebracht.

DU NICHT, HAU AB!
    Die Feierlichkeiten zu meinem 60. Geburtstag mündeten in eine Würdigung, die ich nicht ganz unproblematisch fand. Die Kölner Verkehrsbetriebe wollten mir eine Straßenbahn widmen, eine Idee, die schon 2008 geboren worden war. Einige Monate später jedoch passierte das große Unglück, und deshalb habe ich gezögert, bevor ich dieses Geschenk der KVB annahm. Auch wenn die Schuldfrage vielleicht nie eindeutig geklärt wird: Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau der Nord-Süd-Bahn.
    Sehr reizvoll fand ich jedoch, dass die Gestaltung dieser Bahn weitgehend mir überlassen wurde. Wann bekommt man schon einmal eine solche Gelegenheit? Und dann auch noch legal! Im Atelier meines Freundes Anton Fuchs im
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