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Dreiländermord

Dreiländermord

Titel: Dreiländermord
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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dafür Beweise
erbringen zu können. Um die Szene zu beruhigen, habe die Polizei die Mordermittlungen
aufgenommen und noch nicht eingestellt, hatte der Redakteur am Rande vermerkt. Auch
hier hatte der Informant den Namen neben einen Artikel geschrieben: Marcel van Ruilenbeek.
     
    Warum ein Journalist aus Südlimburg einem Dürener Kollegen diese Informationen
schickte, lag für Böhnke auf der Hand: Geffert hatte seine Recherche auf die umliegenden
Regionen des Dreiländerecks ausgedehnt. Vermutlich hatte er deshalb auch das Pfarramt
in Belgien kontaktieren wollen. Denn Pfarrer wissen oft mehr als andere Zeitgenossen.
Böhnke wusste aus eigener Erfahrung, dass sich Betroffene, ob Täter oder Opfer,
oft erst an einen Geistlichen wandten, um sich bei ihm Rat zu suchen. Erst danach
wandten sie sich an die Polizei.
    Nachdenklich steckte Böhnke die Post aus den Niederlanden ein. Ein
Detail war ihm aufgefallen, nein, weniger, hatte bei ihm eine fast unmerkliche Reaktion
ausgelöst. Böhnke hätte nicht beschreiben können, was es war. Er wusste nur, er
würde sich auf dieses Gefühl verlassen können. Etwas stimmte nicht, eine Kleinigkeit,
die er klären und die sich vielleicht als unwesentlich herausstellen würde. Aber
sie war im Moment zunächst einmal in der Welt.
    Böhnke kümmerte sich nicht weiter um dieses Gefühl, es würde sich von
selbst wieder melden.
    Er schaute sich auf dem übersichtlichen Schreibtisch um. Oberhalb der
braunen Schreibunterlage lag ein aufgeschlagener Spiralkalender. Links stand ein
Telefon und rechts befand sich eine Ablage aus rotem Plastik. In den fein säuberlich
beschrifteten Fächern waren Unterlagen zu Steuern, Versicherungen, Wohnung und Beruf
einsortiert. Papiere, die auf eine Recherche hinwiesen, waren nicht auszumachen.
Offensichtlich waren sie alle in dem Ordner abgeheftet, den Küpper aus der Tageblatt-Redaktion
erhalten und an ihn weitergegeben hatte.
    Nach einem prüfenden Blick in den ebenfalls roten Plastikpapierkorb,
der, wie er nicht anders erwartet hatte, leer war, drückte Böhnke die Wahlwiederholungstaste
des Telefons. Im Display erschien die auch auf dem Einzelnachweis der Telefonrechnung
aufgeführte Nummer aus dem Jülicher Ortsnetz. Er hatte keine Hemmung, die Nummer
anzuwählen, und wartete geduldig.
    Bereits mit einer negativen Reaktion rechnend, nämlich dem automatischen
Abschalten der Verbindung, meldete sich eine tiefe Männerstimme.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
    Böhnke schluckte und sammelte sich. Er entschloss sich zu einer Antwort
zwischen Dichtung und Wahrheit. »Ich ermittele in der Nachlassangelegenheit des
Redakteurs Geffert, sitze an seinem Schreibtisch und stelle fest, dass der Verstorbene
Ihre Rufnummer als letzte gewählt hat. Ich nehme an, er hat Sie häufiger angerufen.
Schmitz ist mein Name. Und wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?«
    Für einen Moment blieb es still in der Leitung,
dann antwortete der Bass. »Mein Name ist Ömmes. Ich bin«, er räusperte sich kurz,
»ich bin so etwas wie ein guter Bekannter von Geffert und war erstaunt, als ich
gerade seine Rufnummer auf meinem Telefon sah.« Wieder räusperte er sich. »Nichts
für ungut, Herr Schmitz, aber ich hoffe Sie haben nichts dagegen, wenn ich unser
Gespräch mitschneide? Das mache ich immer, wenn ich von mir Unbekannten angerufen
werde. Das schreckt so manchen Taugenichts davon ab, mir am Telefon etwas aufdrängen
zu wollen.«
    Selbstverständlich hatte Böhnke etwas dagegen. Was würde der tatsächlich
zuständige Nachlassverwalter sagen, wenn er erführe, dass sich ein gewisser Herr
Schmitz unlauter in der Wohnung eines Selbstmörders aufhielt? Andererseits war Böhnke
neugierig genug, um erfahren zu wollen, wie weit es mit einer Verbindung zwischen
Ömmes und Geffert war.
    »Kein Problem«, log er unbehaglich und griff zum probaten Mittel, um
das Gespräch in die von ihm gewünschte Spur zu lenken. Wer fragt, der führt, hieß
es nicht umsonst. »Wie gut kannten Sie Geffert, Herr Ömmes?«
    Ömmes ging wahrscheinlich unwissend auf das Spiel
ein. »Bleiben wir beim guten Bekannten. Ich hatte ihn in Frankfurt kennengelernt.
Sie wissen ja bestimmt, dass er homosexuell war? Wir haben gewissermaßen eine Liaison
begonnen«, erklärte Ömmes unaufgeregt. »Dabei hat Thomas sich tatsächlich in mich
verliebt. Na ja«, räumte Ömmes ein, »das war vielleicht sogar gegenseitig. Thomas
hat danach die Gelegenheit bekommen, als Redakteur in Düren zu arbeiten und ist
anschließend
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