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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1
Autoren: PeP eBooks
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gibt, zum magischen Max Reinhardt ans Deutsche Theater oder eben hierher zu Jessner ins Schauspielhaus.
    Ja, Leonie ist glücklich heute Abend. Und nicht nur wegen der schönen Vorstellung, die sie sehen durfte. Es gibt etwas, das ihr Herz höherschlagen lässt, wenn sie daran denkt. Sonst hat sie die Spielpause der Theater immer mit Unmut erwartet: Ein langweiliger Sommer stand bevor!
    Diesmal aber ist es anders. Ein Abenteuer kommt auf sie zu. Übermorgen wird sie verreisen – ins Ausland!
    Leonie ist in ihrem ganzen Leben noch nicht aus Berlin herausgekommen, höchstens mal zu einem Ausfl ug an den Müggelsee oder nach Caputh, bei Potsdam.
    Aber vor zwei Wochen kam ein dicker Brief mit fremdartigen Briefmarken ins Haus. Absender ein gewisser Gaston Lecomte. Unterzeichnet war der Brief von ihm und einer Dame.
    Der Brief war eine Einladung nach Südfrankreich, auf ein Schloss in den Pyrenäen, nahe der spanischen Grenze, und die Absender erklärten, sie seien nahe Verwandte und würden sie, Leonie, gern auf einen Urlaub bei sich sehen.
    Nahe Verwandte in Südfrankreich? Der Vater, der die französischen Postwertzeichen und Stempel mit gerunzelter Stirn betrachtet hatte, meinte schließlich zögernd, das könne wohl seine Richtigkeit haben. Ihre Vorfahren stammten schließlich aus dem Elsass, und vielleicht sei ein Zweig der Familie dann tatsächlich von dort nach Frankreich gegangen; möglicherweise durch eine Heirat. Die Dame unterschrieb neben diesem Gaston allerdings mit dem ins Französische abgewandelten Familiennamen der Laskers: Laskère. Isabelle Laskère.
    Leonie war verblüfft. Wieso hatte sie noch nie etwas von dieser Verwandtschaft gehört? Ihr Vater zuckte die Achseln. Man hat sich eben auseinandergelebt. Und wie diese Leute da im Süden überhaupt an ihre Adresse gekommen waren, das konnte er sich auch nicht erklären.
    Der schöne Traum von der Reise wäre sicher geplatzt wie eine Seifenblase, denn in Deutschland herrschte, fünf Jahre nach dem 1918 verlorenen Krieg, die Infl ation, das Geld war nichts wert, und allein in Berlin gab es Hunderttausende Arbeitslose – wie Harald Lasker, ihr Vater.
    Aber der dicke Umschlag enthielt bereits eine Zugfahrkarte: Port Bou bei Cerbère via Paris, hin und zurück; luxuriös im Schlafwagen, und außerdem fremde Währung: Die mysteriösen Ahnen hatten Dollars mitgeschickt, damit ihre Enkelin sich »was Schönes kaufen« konnte, »eine Kleinigkeit«. (Es waren fünfzig Dollar!)
    Die Leute dort in den Pyrenäen hatten sicher nur eine vage Vorstellung von der Geldentwertung in Deutschland, denn die Summe, die sie mitgeschickt hatten, mochte ihnen gering vorkommen, aber hierzulande war der Besitz von »Valuta« etwas Unglaubliches.
    Trotzdem hatte es noch Kämpfe gegeben. Und dafür gab es einen besonderen Grund. Der Vater hasste alles, was französisch war.
    Das hing mit dem verlorenen Krieg zusammen. Dass man ihn auch gegen Frankreich verloren hatte, war das eine. Doch der Vater hatte schon immer etwas gegen den »Erbfeind«, wie er das Land nannte. Schon immer, sagte er, gab es Streit zwischen den beiden Ländern. Schon immer trachtete Frankreich danach, Deutschland herabzusetzen, sahen sich die Fran zosen als die Überlegenen, die kulturell Höherstehenden, die Besseren. Seine Tochter dorthin zu schicken, das war fast undenkbar für ihn. Sein Misstrauen war nahezu unüberwindlich. Seine Tochter im Land des »Erbfeinds«? Lieber schicken wir dieses Geld zurück!
    Leonie ist alles andere als eine Heulsuse. Aber als Harald Lasker ihr seinen Entschluss verkündete, war sie vor Enttäuschung in bittere Tränen ausgebrochen. Und das konnte er nicht ertragen. Nein, seine Leonie sollte nicht weinen!
    Und somit war es dann doch beschlossene Sache, dass sie fahren würde.
    Als der Vater zugestimmt hatte, konnte Leonie vor Aufregung kaum schlafen. Ein Schloss! Wie mochte das wohl aussehen? Sie kannte das Berliner Stadtschloss oder das Schloss Charlottenburg. Aber das waren königliche Schlösser – ganz so prachtvoll würde es da ja wohl nicht zugehen. Und dann die Pyrenäen! Berge! Südliche Berge. Bestimmt war es da immer warm und schön.
    Erst wollte sie in ihrem Überschwang das ganze mitgeschickte Geld dem Vater geben. Aber Harald Lasker hatte schließlich bestimmt, sie solle sich wirklich »was Schönes kaufen«. Zumindest von der Hälfte der Summe. Gut, der Rest sollte dann ins Familienbudget fließen.
    Was Schönes kaufen! Das würde sie morgen machen.
    Wie auf
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