Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
Vom Netzwerk:
Grübchen. «Oder soll ich den adretten Dragoner da drüben fragen? Der hilft mir sicher gern.»
    Elsi kannte ihren Vater gut, sie liebte ihn nicht immer, das zu behaupten wäre übertrieben, aber sie hätte es schlechter treffen können. Leider wurde er in der letzten Zeit zum Wachhund, was äußerst lästig war.
    «Nein», rief sie, als Schaffer die Kommode auf eine andere, größere wuchten wollte. «Nein, Vater, da oben sieht doch keiner, was in den Schubladen ist. Die wollen wir doch offen lassen – hast du das vergessen? – und in den oberen die englischen Shawls und die beiden Puppen ausstellen.»
    Als die Kommode den richtigen Platz bekommen hatte, nämlich als Begrenzung des Stands nahe bei einem der Fenster, nickte sie zufrieden. Anton Schaffers Gewerbe war der Trödel, allerdings zog er die Bezeichnung «Kleinhandel» vor. Er kaufte und verkaufte alles, was ihm in die Finger kam und mindestens ein paar Pfennige Profit versprach, was auf seinen Karren passte und kein Geschäft der zünftigen Gewerbe störte. Nicht, dass Schaffer ein Mann von übertriebener Honorigkeit gewesen wäre, wie jeder andere musste er sehen, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen, aber er wusste, wie man sich Ärger einhandelte und wie man ihn vermied. So stand er im Ruf eines beinahe ehrlichen Mannes.
    Die nach Norden an den Kirchturm gebaute, ursprünglich der heiligen Anna geweihte zweischiffige Predigthalle mit fünf hohen Säulen und einem einst prächtigen Sternengewölbe schloss ehemals den Kreuzgang ab, nun war sie schon lange als überflüssiger Raum den Tischlern überlassen. Die stellten dort ihre Möbel aus, Bettstellen, Tische und Stühle, Kommoden und die wuchtigen Schränke, was der einstigen großzügig bemessenen Kapelle die Bezeichnung Schappendom eingebracht hatte – die Niederdeutschen nannten einen Schrank nun mal Schapp. Für den Weihnachtsmarkt mussten die Tischler zur Seite rücken, um für all die anderen Händler Platz zu machen, was stets mit so viel Aufwand wie Schimpferei verbunden war, aber ebenso zu den Bräuchen gehörte wie das Rummelpottlaufen der Kinder.
    Schaffer hatte gemault, als er feststellte, dass seine Tochter für einen anderen Standplatz als in den vergangenen Jahren gesorgt hatte. Das war nur mit einem deftigen Obolus für den Kirchendiener gegangen, und ihm hatte der Platz im hinteren Kirchenschiff besser gefallen. Natürlich war es dort ziemlich dunkel, und Kunden, denen seine Laternen nicht reichten, bestanden darauf, die Ware im Tageslicht vor der Kirchentür oder im Hof zu begutachten. Das war lästig, wenn man zugleich ein Auge auf die Taschendiebe haben musste, die ja nicht nur aus Taschen stibitzten, sondern ebenso flink im Vorbeigehen von den Ständen.
    Schaffer hatte schon manchen erwischt und ihm auf die Finger oder eins hinter die Ohren gehauen. Er regelte seine Angelegenheiten am liebsten selbst. Die Kerle – Weiber und Kinder schnappte er selten, die waren zu geschickt und schnell – an die durch den Trubel patrouillierenden Stadtsoldaten zu übergeben ging ihm gegen die Ehre. Außerdem kam er denen selbst nicht gern zu nahe.
    So oder so, ein bisschen Schummerigkeit war in seinem Gewerbe von Vorteil, wozu also brauchte Elsi plötzlich so viel Licht? Wo viel Licht war, war viel Schatten, hieß es, aber das war falsch. Wo viel Licht war, konnte die Kundschaft die Waren genau sehen, da wurde manches Stück Silber wieder zu Zinn und manche Perle wieder zu mattem Glas. Nichts lag ihm ferner, als zu betrügen – ein gemeines Wort! –, aber ein bisschen Risiko, ein bisschen Spiel gehörte doch immer dazu.
    Ein unbehaglicher Gedanke regte sich in seinem Kopf. Er sah seine Tochter genauer an, was er selten tat, und bemerkte eine Veränderung. Ihr Haar erinnerte wie gewöhnlich an das Nest eines besoffenen Vogels und war wieder reich und bunt garniert, aber ihre Hände und Fingernägel waren trotz der Arbeit besonders sauber, und sie trug dieses züchtige graue Kleid, das sie sonst nur zum Kirchgang aus der Truhe holte. Sie sah enorm manierlich aus. Warum machte sie das? In so einem Kleid verkaufte man Gebetbücher, aber keinen Trödel und galanten Kram. Womöglich machte er sich die falschen Sorgen um sein Kind, womöglich spukten keine Kerle und unzüchtigen Gedanken in ihrem Kopf herum, sondern neue, äußerst nachteilige Handelsusancen.
    «Na?» Elsi blickte ihren Vater erwartungsvoll an. «Sag doch was. Warum guckst du so erschreckt? Dieser Platz ist viel besser, er

Weitere Kostenlose Bücher