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Draculas Fluch

Draculas Fluch

Titel: Draculas Fluch
Autoren: Robert Lory
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der Ausdruck in den Augen seines Arbeitgebers.
    »Sehen Sie«, sagte Harmon, »also doch. Sie geben endlich zu, daß Sie und ich ein gemeinsames Anliegen haben. Ein echtes gemeinsames Anliegen, das auf lange Sicht geplant ist. Sie geben zu, daß zwischen uns ein festes Bündnis besteht.«
    »Ein Bündnis?« Graf Dracula sprang wütend aus seinem Sessel auf.
    »Ein Bündnis«, wiederholte Harmon ruhig.
    Und dann schloß er die Augen. Es dauerte bloß einen Moment, dann betätigte der stahlharte Wille des Professors den winzigen Hebel unter seinem Brustkorb.
    Graf Dracula schrie vor Schmerzen auf. Seine Augen wurden glasig, die Pupillen rutschten unter die Lider. Die Knie versagten ihm den Dienst.
    Harmon holte tief Luft, dann wandte er sich an Cam. »Es war an der Zeit, ihn es wieder einmal spüren zu lassen«, sagte er.
    Cam nickte wortlos.
    Eine neue Stimme meldete sich in diesem Moment.
    In dem Sessel, in dem noch vor einem Augenblick die Katze gelegen hatte, saß eine Frau. Sie trug eine schwarze Hose und einen schwarzen Rollkragenpullover. Das schulterlange Haar rahmte ein ovales Gesicht ein. Die Haut war weiß und durchsichtig. In den gelbgrünen Augen glitzerte ein seltsames Feuer. Sie war hübsch, diese Frau. Man hätte sie auf Ende zwanzig, Mitte dreißig schätzen können, sie war jedoch gut siebentausend Jahre alt. So alt wie derjenige, den sie ihren Meister nannte.
    »Sie fordern Ihr Schicksal heraus, Professor Harmon«, sagte Ktara.
    »In meinem Alter neigt man zu Leichtsinnigkeit«, entgegnete Harmon. »Ihren Meister aus seiner Krypta zu holen, war Leichtsinn. Und was das Bündnis anbelangt, von dem ich eben sprach: Wenn ich es nicht mehr für notwendig erachte, daran festzuhalten ...«
    Ktara lächelte. »Und er, Professor?« fragte sie. »Wenn er es nicht mehr für notwendig erachtet, daran festzuhalten, was ist dann ? «
    »Dann ...« Harmon überlegte. »Sie stellen die Frage zu früh, meine Liebe. An dem Punkt sind wir noch nicht. Jetzt wollen wir erst einmal über andere Dinge sprechen. Zum Beispiel über das Phänomen, das wir heute nacht beobachtet haben.« Er wandte sich an Cam. »Während Sie im Meer Ihren Leib, beziehungsweise Ihre Seele abgekühlt haben, tauchte am westlichen Horizont etwas auf, was unsere Ktara zu ängstigen schien.« Harmon sah nachdenklich aus dem Fenster. »Sprechen wir darüber, Ktara. Sprechen wir über den Kometen, über die Bewegung am Himmel, die Sie in so finstere Laune versetzt hat.«
    3.
    Der Himmel über den Gipfeln des Himalaya war klar und wolkenlos. Die Winde, die über die Massen aus Eis und ewigem Schnee strichen, sangen ihr trügerisches Lied. Eine Welt absoluter Einsamkeit, in der sich nie etwas zu verändern schien.
    An jenem Nachmittag jedoch trat eine Veränderung ein. Aus höheren Sphären tauchte ein Himmelskörper in die Atmosphäre der Erde ein. Einen blaugrauen Schweif hinter sich herziehend, fiel er in einem Bogen von perfekter Symmetrie nach unten und raste auf das Gebirge zu.
    Der Aufprall war ungeheuerlich. Die Eismassen zerbarsten, der Fels wurde freigelegt. Die Sherpas in den tiefer gelegenen Dörfern hörten das Donnern -auch die Mönche im Kloster. Hastig gesprochene, zum Teil stumme Gebete wurden an die Geister des Gebirges gerichtet, doch die Lawine aus Eis und Geröll wälzte sich weiter. Erst nach zwanzig Minuten wurde es wieder still. Das letzte Echo verhallte zwischen den Bergriesen und war im selben Moment auch schon vergessen.
    Einem Menschen kostete das Naturereignis das Leben. Es war ein Mönch, der einem Glauben angehörte, von dem selbst die Sherpas nichts wußten.
    »Es ist gekommen !« rief er seinem Abt zu.
    Sie hockten vor einem goldenen Altar mit goldenen Kandelabern. Ihr Goldener Tempel stand kurz unter dem Gipfel des höchsten Berges.
    »Es ist gekommen !«
    Der Abt, dessen Alter niemand kannte, nickte. »Und wenn schon«, sagte er. »Falls das Schlimmste gekommen ist, was ändert sich dann an diesem Tag? Wirst du dich nicht verhalten wie immer? Ich glaube schon. Du brauchst dir deshalb also keine Gedanken zu machen.«
    Der Mönch entgegnete nichts. Er verharrte in seiner gehorsam dienenden Stellung. Er war tot.
    Der Abt, dessen Name Qua Siem war, bedachte die anderen beiden Mönche, die vor ihm knieten, mit einem Lächeln. »Es drängt euch, etwas zu sagen. Tut es erst, dann kümmert euch um euren Bruder.«
    »Ehrwürdiger, weiser Qua Siem«, begann der jüngere der beiden schüchtern. »Hatte unser Bruder recht? Das
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