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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula
Autoren: Bram Stoker
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Der Wind drang nun in wilderen und kälteren Stößen auf uns ein, und er kam jetzt mehr von Norden her. Offenbar hatte er aber die Schneewolken von uns fortgetrieben, denn nur noch gelegentlich erreichte uns ein Schauer. Mittlerweile waren in den einzelnen Gruppen auch die Personen deutlich zu erkennen, sowohl die Verfolger als auch die Verfolgten. Es fiel mir auf, dass die Verfolgten gar nicht zu bemerken oder sich nicht daran zu stören schienen, dass ihnen jemand auf den Fersen war – weder teilten sie sich auf, noch änderten sie ihren Kurs. Sie vergrößerten aber ihre Eile, je weiter sich die Sonne den Bergspitzen näherte.
    Immer geringer wurde die Entfernung zwischen uns und ihnen, gleich mussten sie hier sein. Wir kauerten uns hinter unserem Felsen nieder und hielten die Waffen schussbereit. Ich konnte van Helsings Entschlossenheit erkennen, den Wagen und seine Begleiter um keinen Preis passieren zu lassen. Immerhin hatten diese keinerlei Kenntnis von dem Hinterhalt, der ihnen gelegt worden war.
    Plötzlich riefen zwei Stimmen zugleich: »Halt!« Die eine gehörte meinem Jonathan, und sie klang vor Aufregung schrill und hoch; die andere Stimme war die von Mr. Morris, und es war ein ruhiger, entschiedener Kommandoton. Wenn die Zigeuner die Sprache auch nicht verstanden, so konnte doch aufgrund dieses Tones kein Missverständnis über das Gesagte bestehen, in welcher |545| Sprache auch immer der Halt verlangt worden wäre. Sie zügelten die Pferde, und augenblicklich setzten sich unsere Reiter an ihre Flanken, Lord Godalming und Jonathan auf der einen, Dr. Seward und Mr. Morris auf der anderen Seite. Der Anführer der Zigeuner, ein blendend aussehender Bursche, der auf seinem Pferd wie ein Zentaur erschien, trieb seine Leute jedoch mit wilden Gesten und wütender Stimme zum Weiterreiten an. Als diese darauf wieder auf ihre Pferde einzuschlagen begannen, rissen die vier Männer um sie herum ihre Winchesterbüchsen an die Wangen und forderten sie damit in unmissverständlicher Weise zum Stehenbleiben auf. Zugleich sprangen auch Dr. van Helsing und ich hinter unserem Felsen hervor und richteten unsere Waffen auf sie. Als die Zigeuner sahen, dass sie vollständig umzingelt waren, zogen sie die Zügel an und blieben stehen. Ihr Anführer drehte sich zu ihnen um und gab ein Kommando, woraufhin ein jeder die Waffen, die er bei sich führte, herauszog. Innerhalb eines kurzen Augenblickes sahen wir uns einer angriffsbereiten Gruppe mit Pistolen und Messern bewaffneter Männern gegenüber.
    Der Führer riss mit einer flinken Bewegung sein Pferd herum und rief etwas, was ich nicht verstand, wobei er zuerst auf die Sonne, und dann auf die Burg deutete. Als Antwort sprangen zwei unserer Reiter von ihren Pferden und stürzten auf den Leiterwagen zu. Ich hätte eigentlich furchtbare Angst empfinden müssen, als ich Jonathan in solcher Gefahr sah, aber der Kampfeseifer hatte mich ebenso ergriffen wie die Übrigen. Ich fühlte keine Furcht, sondern nur ein wildes Verlangen zu handeln. Als der Führer der Zigeuner die schnelle Aktion unserer Männer erkannte, gab er seinen Leuten einen Befehl. Diese formierten augenblicklich einen wilden Schutzwall um den Wagen, wobei sie sich gegenseitig bedrängten und stießen.
    Ich konnte erkennen, wie Jonathan von der einen und Quincey von der anderen Seite her versuchten, sich einen Weg zum Wagen zu bahnen. Es war offenkundig, dass sie alles daransetzten, |546| ihre Aufgabe vor dem endgültigen Sonnenuntergang zu erfüllen. Weder die Pistolen noch die blitzenden Messer der Zigeuner vor ihnen schienen sie zu beachten, das grimmige Heulen der Wölfe hinter ihnen erst recht nicht. Jonathans Ungestüm und seine unerschütterliche Beharrlichkeit lähmten sichtlich den Mut der Gegner, instinktiv wichen sie aus und gaben ihm den Weg frei. Sofort sprang er auf den Wagen, hob mit einer unvorstellbaren Kraftanstrengung die Kiste an einem Ende hoch und stürzte sie über das Wagenrad zu Boden. Unterdessen musste Mr. Morris Gewalt anwenden, um die Mauer der Szigany auf seiner Seite ebenfalls zu durchbrechen. Ich starrte die ganze Zeit atemlos auf Jonathan und warf nur zuweilen einen Blick aus den Augenwinkeln auf Mr. Morris, der sich in einem verzweifelten Ringen vorwärtskämpfte. Manchmal sah ich über ihm die Messer der Zigeuner blitzen, während er sich seinen Weg durch sie hindurch bahnte. Er parierte die Hiebe mit seinem großen Bowiemesser, und zuerst dachte ich, dass auch er heil bis zum
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