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Dracula, my love

Dracula, my love

Titel: Dracula, my love
Autoren: Syrie James
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Herr Swales darauf, dass all jene Berichte von der Weißen Frau im Fenster der Abtei Ammenmärchen und Seemannsgarn seien.
    „Das sind nur Lügenmärchen, die sie den Feriengästen und derlei leichtgläubigen Leuten vorsetzen“, spottete der alte Mann. „Schenken Sie ihnen keinen Glauben, Fräulein. Wenn Ihnen aber der Sinn nach Geschichten steht, dann erzähle ich Ihnen ein paar, die wirklich geschehen sind.“
    Und er ergötzte uns mit einigen schillernden Histörchen über die Stadt und den Friedhof. Lucy entsetzte sich, als er uns darauf hinwies, dass die Steinplatte zu unseren Füßen, auf der unsere Lieblingsbank ruhte, das Grab eines Mannes bezeichnete, der Selbstmord begangen hatte. Herr Swales versicherte ihr, er selbst säße hier nun schon mehr als zwanzig Jahre immer wieder, und es sei ihm deswegen noch kein Leid geschehen.
    Als wir in unsere Pension zurückkehrten, verkündete mir die Wirtin, Frau Abernathy, sie hätte einen Brief für mich. Mein Herz hüpfte vor banger Erwartung. Ich erkannte die Handschrift sofort. Der Brief war von Jonathans Arbeitgeber, Herrn Peter Hawkins. Ich war außerstande, mich zu beherrschen, bis wir unsere Kammer erreicht hatten, und riss den Brief gleich auf. Zu meiner Erleichterung entdeckte ich, dass der alte Mann einen Brief beigefügt hatte, den er von Jonathan erhalten hatte.
    „Siehst du?“, rief Lucy und verrenkte sich den Hals, um einen Blick auf die mitgeschickte Nachricht zu erhaschen, während ich diese überflog. „Ich habe dir doch gesagt, dass Jonathan schreiben würde. Was berichtet er?“
    Mein Herz wurde schwer. Es war zwar Jonathans Handschrift. Doch ich hatte mich nach aufmunternden Worten gesehnt und nach einer Erklärung für sein lang andauerndes Schweigen. Stattdessen war der mitgeschickte Brief an seinen Arbeitgeber gerichtet und eine bittere Enttäuschung.
    Burg Dracula, den 19. Juni 1890
    Sehr geehrter Herr,
hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich den geschäftlichen Auftrag, dessentwillen Sie mich entsandt hatten, zufriedenstellend erledigt habe und dass ich morgen meine Heimreise anzutreten beabsichtige, die ich jedoch wahrscheinlich für einen Ferienaufenthalt zu unterbrechen gedenke.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Ihr ergebener
J. Harker
    „So wenige Zeilen“, sagte ich leise, als ich Lucy den Brief reichte. „Nur so wenige Zeilen. Das sieht Jonathan überhaupt nicht ähnlich.“
    „Wieso? Er hat an Herrn Hawkins geschrieben, nicht an dich. Ich finde den Brief knapp und geschäftlich.“
    „Das ist es ja gerade. Herr Hawkins ist für Jonathan eher so etwas wie ein Vater als ein Vorgesetzter. Wir kennen ihn beide seit unseren Kindertagen. Jonathan würde den alten Mann niemals in solch nüchternem Geschäftston ansprechen.“
    „Vielleicht war er in Eile? Und sieh nur: Er sagt, dass er plant, die Reise unterwegs für einen Ferienaufenthalt zu unterbrechen.“
    „Selbst wenn Jonathan irgendwo Ferien gemacht hat, müsste er längst wieder hier eingetroffen sein. Und warum hat er an Herrn Hawkins geschrieben, nicht aber an mich? Ich habe ihm meine Anschrift hier in Whitby mitgeteilt.“ Plötzlich ergriff mich die Furcht, verkrampfte mir die Eingeweide und attackierte all meine Sinne so sehr, dass ich nur noch kraftlos auf einen Stuhl sinken konnte. „Hältst du es für möglich ... Könnte Jonathan auf seinen Reisen eine andere Frau kennengelernt haben? Mag das der Grund für sein Schweigen sein?“
    „Eine andere Frau?“, rief Lucy entsetzt. „Niemals! Jonathan ist so aufrichtig und treu wie du, Mina Murray. Er liebt dich sehr, und ihr seid die beiden ehrlichsten Menschen, die mir je begegnet sind. Er würde keine andere Frau auch nur zweimal ansehen, dessen kannst du sicher sein.“
    „Meinst du das wirklich?“
    „Ich weiß es. Du heiratest Jonathan, Mina. Ich bin sicher, dass es eine vollkommen simple Erklärung für sein Schweigen gibt, und die erfährst du gewiss schon bald. Er kommt zu dir nach Hause, das verspreche ich dir.“
    Beinahe vierzehn Tage vergingen, ohne dass ich weitere Kunde von Jonathan erhielt. Ich befand mich in einem wahrhaft schrecklichen Zustand der Anspannung. Lucy allerdings empfing Nachrichten von Arthur. Zu ihrer Enttäuschung sah er sich gezwungen, seinen Besuch zu verschieben, da sein Vater schwer erkrankt war. Das bedeutete, dass wir unsere Pläne vertagen mussten, auf dem Fluss rudern zu gehen, worauf wir uns so gefreut hatten. Zu all diesen Ängsten kam noch hinzu, dass Lucy
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