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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf
Autoren: C. Bertelsmann
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dem Fenster. Die Sonne stand schon hoch am Himmel; offenbar hatte sie lange geschlafen. Dann lachte sie sich selbst aus. Und ob sie lange geschlafen hatte! Sie befand sich jetzt auf der anderen Hälfte von Pern; immerhin gab es zwischen dem Benden-Weyr und der Gildehalle eine Zeitverschiebung von sechs Stunden. Zum Glück waren die Echsen genauso erschöpft gewesen wie sie, sonst hätte das Hungergeschrei der Kleinen sie längst geweckt.
    Sie streckte sich, schüttelte das Haar aus und humpelte vorsichtig zum Waschkrug. Nachdem sie sich mit Kleie geschrubbt hatte, zog sie sich an und bürstete gründlich ihr Haar.
    Prinzessin begann, ungeduldig zu schimpfen. Sie war wach. Und sehr hungrig. Rocky und Taucher unterstützten ihre Beschwerde.
    Menolly musste versuchen, Nahrung für ihre Schar aufzutreiben - und das rasch. Es reichte schon, dass sie mit neun Echsen hier aufkreuzte. Wenn die Biester, durch leere Mägen gereizt, auch noch allerhand Unfug anstellten, war die Geduld der Bewohner sicher bald erschöpft.
    Entschlossen öffnete Menolly die Tür.Vor ihr lag ein verlassener Gang. Der würzige Duft von Klah, frischem Brot und Bratengebrutzel erfüllte die Luft. Menolly beschloss, einfach ihrer Nase zu folgen.
    Zu beiden Seiten des Korridors befanden sich Türen; die entlang der Außenfassade standen offen, um Sonne und Luft hereinzulassen. Sie stieg vom oberen Stockwerk zur breiten Eingangshalle hinunter. Jenseits des Treppenschachtes entdeckte sie
drachenhohe Metalltüren mit einem seltsamen Schließmechanismus; an der Rückseite der Portale waren Kurbeln angebracht, die allem Anschein nach dazu dienten, schwere Riegel in Decke und Boden zu treiben. In der Halbkreis-Bucht hatte man nur Bolzen und dicke Querstangen benutzt, um die Burgtore zu sichern; dieser Mechanismus hier wirkte sicherer und ließ sich bestimmt leichter bedienen.
    Zur Linken befand sich eine Flügeltür, die in den Großen Saal führte - vermutlich der Raum, aus dem sie nachts die Stimmen der Harfner vernommen hatte. Rechts sah sie den Speisesaal, beinahe ebenso lang wie der Große Saal, mit drei lang gestreckten Tischen, die parallel zu den Fenstern standen. Ebenfalls zu ihrer Rechten, neben dem Treppenschacht, war ein offener Durchgang, der zu niedrigen Stufen führte. Dahinter lag - den herrlichen Düften nach zu schließen - das Küchengewölbe.
    Die Feuerechsen kreischten vor Hunger, aber Menolly konnte nicht zulassen, dass der ganze Schwarm über die Küche herfiel und das Gesinde in Aufruhr brachte. Sie befahl den Tieren, sich auf den hohen Türleisten niederzulassen, die halb im Schatten lagen, und versprach, dass sie ihnen Futter bringen würde, wenn sie sich brav und leise verhielten. Prinzessin zeterte, bis die anderen nachgaben und gehorchten. Nur die glitzernden Facettenaugen verrieten, wo sie sich befanden. Dann nahm Prinzessin ihren Lieblingsplatz auf Menollys Schulter ein - den Kopf halb im dichten Haar ihrer Herrin vergraben, den Schwanz wie eine goldene Kette um ihren Hals geschlungen.
    Menolly erreichte die Küche, und der Anblick der Mägde und Köche, die hin und her flitzten, um das Mittagsmahl zu bereiten, weckte flüchtige Erinnerungen an glücklichere Tage in der Halbkreis-Bucht. Aber hier kam ihr Silvina lächelnd entgegen, was Mavi, ihre eigene Mutter, nie getan hatte.
    »Du bist wach? Und ausgeruht?« Silvina winkte gebieterisch einem plumpen Mann mit wirrem Gesichtsausdruck, der neben
dem Herd kauerte. »Klah, Camo! Gieß einen Becher Klah für Menolly ein! Du musst halb verhungert sein, Kind. Was machen deine Füße?«
    »Oh, sie schmerzen überhaupt nicht. Aber ich möchte niemanden stören...«
    »Stören? Was heißt da stören! Camo, gieß einen Becher Klah ein!«
    »Ich komme auch nicht meinetwegen...«
    »Aber du musst etwas essen, Kind!«
    »Bitte, es ist wegen der Echsen. Wenn ich vielleicht ein paar Reste oder Abfälle haben könnte...«
    Silvina presste eine Hand an den Mund. Sie schaute umher, als erwartete sie jeden Moment den Echsenschwarm in der Küche.
    »Nein, ich habe ihnen befohlen, draußen zu warten«, beruhigte Menolly sie rasch. »Sie kommen nicht hier herein.«
    »Du bist aber ein rücksichtsvolles Kind«, sagte Silvina so entschieden, dass Menolly ganz verwirrt war. Dann erst bemerkte sie, dass sie Mittelpunkt einer verstohlenen Neugier war. »Camo, Vorsicht! Gib her - komm!« Silvina streckte die Hand nach dem Becher aus, den der Mann mit übertriebener Sorgfalt trug. »Und nun hol die große
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