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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied
Autoren: C. Bertelsmann
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Halbkreis-Bucht erreichte. Inzwischen durften die Kinder ihr Grundwissen nicht wieder vergessen.
    Aber Yanus hatte eine Menge Skrupel, die große Last und Verantwortung des Lehrens auf die Schultern einer noch nicht Fünfzehnjährigen zu legen. Zu seinen Vorbehalten gehörte nicht zuletzt Menollys schlimme Angewohnheit, selbst
Melodien und Reime zu erfinden. Gewiss, es machte Spaß, hin und wieder etwas Neues zu hören; das verscheuchte die Langeweile des Winters. Aber solange der alte Petiron gelebt hatte, war es leicht gewesen, Menolly in ihren Schranken zu halten. Yanus dagegen konnte nicht sicher sein, dass sie ihre Kapriolen ließ, wenn sie die Kinder unterrichtete. Woher sollten die Jüngsten wissen, dass die Lieder, die sie ihnen beibrachte, nicht zu den Lehrballaden gehörten? Dumm war nur, dass ihre Melodien im Gedächtnis haften blieben - dass er selbst sie manchmal vor sich hin pfiff, ohne es zu wollen.
    Die Schiffe machten reichen Fang in den Untiefen und liefen zurück in den Heimathafen, aber Yanus hatte immer noch keinen Kompromiss gefunden. Es tröstete ihn auch nicht, dass von den Pächtern kein Widerspruch zu erwarten war. Hätte Menolly an jenem Morgen schlecht gesungen... aber das hatte sie nicht. Als Baron der Halbkreis-Bucht war er verpflichtet, die Jüngsten des Burgbereichs in der Tradition von Pern zu erziehen, damit sie später danach handelten. Er schätzte sich äußerst glücklich, dass er dem Benden-Weyr unterstand, mit F’lar, dem Reiter des Bronzedrachen Mnementh als Weyrführer und Lessa auf Ramoth als Weyrherrin. Deshalb nahm er seine Aufgabe, Tradition und Sitte zu erhalten, besonders ernst. Das junge Volk musste die Lehrgesänge beherrschen - selbst wenn ein Mädchen den Unterricht erteilte.
    An diesem Abend, nachdem der Fang entladen und eingesalzen war, bat er Mavi, ihre Tochter in die Kammer neben dem Großen Saal zu bringen, wo er die Geschäfte der Burg verwaltete und ein Archiv angelegt hatte. Mavi hatte die Harfnerinstrumente bis zum Eintreffen von Petirons Nachfolger auf dem Kaminsims verstaut, damit sie nicht zu Schaden kamen.
    Wie es sich geziemte, überreichte Yanus Menolly die Gitarre
von Petiron. Sie nahm das Instrument ehrfürchtig entgegen, ein Zeichen für den Burgherrn, dass sie um ihre Verantwortung wusste.
    »Du bist ab morgen von deinen Vormittagspflichten befreit«, erklärte er, »weil du dich um den Unterricht der Kleinen kümmern wirst. Aber ich dulde nicht, dass du deine eigenen Melodien spielst!«
    »Als Petiron noch lebte, hat es dir nichts ausgemacht.«
    Yanus sah seine hochgewachsene Tochter mit gerunzelter Stirn an.
    »Petiron ist aber tot und du wirst mir gehorchen...«
    Über die Schulter des Vaters sah Menolly, wie Mavi warnend den Kopf schüttelte. Sie schluckte gerade noch eine gereizte Antwort hinunter.
    »Also, denk an meine Worte! Du bringst den Kindern die Lehrballaden bei und sonst nichts!« UndYanus fasste grimmig an seinen breiten Ledergürtel.
    »In Ordnung.«
    »Fang gleich morgen an - es sei denn, wir erleben einen Sporenregen. In diesem Fall müssen die Kinder Angelhaken mit Ködern bestücken.«
    Yanus schickte die beiden Frauen fort und begann, eine Nachricht an den Meisterharfner aufzusetzen. Sobald er ein Schiff entbehren konnte, sollte es hinüber nach Igen segeln und die Botschaft dort abliefern. Wurde ohnehin höchste Zeit, dass man in der Halbkreis-Bucht erfuhr, was es Neues auf Pern gab. Außerdem konnten die Leute einen Teil des Räucherfisch-Tributs mitnehmen, dass sich die Fahrt auch lohnte.
    Draußen im Gang umklammerte Mavi hart den Arm ihrer Tochter. »Wehe, du tust nicht, was er sagt, Kind!«
    »Was ist denn so Schlimmes an meinen Liedern? Du weißt, dass Petiron...«

    »Ich mache dich noch einmal darauf aufmerksam, dass der alte Mann tot ist. Und das verändert eine ganze Menge. Benimm dich anständig, solange du die Stelle eines Mannes vertrittst! Keine selbst erfundenen Melodien, ja? Geh jetzt schlafen - und vergiss nicht, die Leuchten auszumachen! Wir müssen sparen...«

KAPITEL ZWEI
    Lob gebührt dem Drachenreiter,
Zollt es ihm durch Wort und Tat,
Seine starken Hände greifen
Lenkend in das Schicksalsrad.
     
    Drachenreiter, Maß lass walten,
Machtgier bringt den Untergang.
Achte das Gesetz der Alten,
Für des Weyrs Fortbestand.
    Es fiel Menolly anfangs leicht genug, während des Unterrichts ihre eigenen Melodien zu vergessen. Der neue Harfner sollte bei seiner Ankunft eine gut vorbereitete Klasse finden;
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