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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Reaves
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Jondalrun streitlustig und leicht erregbar war, aber nicht in diesem Ausmaß. Der Kummer über den Tod seines Sohnes hatte sich in Raserei verwandelt, eine Raserei, die ihn aufrechterhalten würde, ein Anker für sein in Aufruhr geratenes Leben.
    »Wir müssen eine Ratsversammlung einberufen!«, sagte Jondalrun abschließend. »Die Sim und dieser Mörder Amsel müssen ihre Strafe erhalten!«
    Sie versuchten, ihn zu beruhigen, aber er ließ es nicht zu. »Ihr glaubt mir nicht! Was ist mit dem Angriff auf Gordain letzte Woche …«
    »Was du sagst, ist nicht unmöglich, Jondalrun«, sagte Pennel. »Aber wir haben keinen tatsächlichen Beweis, dass die Sim uns feindlich gesinnt sind. Wir müssen untersuchen, ob diese …«
    »Beweis, sagst du? Hier ist der Beweis!«, unterbrach Jondalrun ihn und zeigte auf die Leiche seines Sohnes. »Es wird noch mehr Beweise geben und schon bald, davon kannst du überzeugt sein.« Er wandte sich zur Tür. »Lasst uns in die Stadt zurückkehren. Ich muss die Beerdigung meines Sohnes bekannt geben.«
    Schweigend fuhren sie nach Tamberly zurück; die beiden Pferde stapften hinter dem Wagen her. Der Morgen war hell und freundlich, aber Jondalrun brütete vor sich hin. Er war bei aller Schimpferei eigentlich nie rachsüchtig gewesen. Aber empfand er einmal ernsten Groll, so trug er ihn mit sich herum, und Hauptanlass für Groll waren für ihn die Simbalesen. Wie die meisten Fandoraner wusste Jondalrun sehr wenig über Lebensart und Gebräuche der Sim. In Übereinstimmung mit den meisten seiner Landsleute hielt er die Simbalesen für Hexen und Zauberer. Er ärgerte sich über ihr angebliches Leben im Überfluss, hatte aber immer widerwillig zugegeben, dass Simbala Fandora noch nie Schaden zugefügt hatte. Der dürftige Handel der Fandoraner mit den Ländern im Süden beschränkte sich weitgehend auf Getreide und einfache Handwerkserzeugnisse und bedeutete kein Problem für die Simbalesen, die mit Edelsteinen, Windschiffen und seltenen Kräutern handelten. Simbala war bisher friedlich geblieben – bis zu dem Angriff auf Gordain vor Kurzem. Der daraus entstandene Schaden bedeutete für viele eine Katastrophe, aber für Jondalrun war der Verlust seines Sohnes unvergleichlich schlimmer. Jondalrun war überzeugt, dass die Simbalesen ihre vermeintliche Überlegenheit ausspielen und mutwillig zur Schau stellen wollten. Ihre Windschiffe und ihre Zauberkunst gaben ihnen das Gefühl, sie seien unverletzbar, immun gegen Vergeltungsmaßnahmen. Nun, sagte er sich grimmig, sie würden bald erfahren, wie verletzbar sie waren.
    In Tamberly war die Stimmung gedämpft und nachdenklich, als erwarteten alle einen Urteilsspruch, der jeden von ihnen betreffen würde. Diese angespannte Stimmung, so erfuhren die Ältesten, war nicht allein auf das Unglück der letzten Nacht zurückzuführen: Dort, wo Jondalrun vor Pennels Haus gestanden hatte, stand jetzt ein Schäfer, alt und ergraut, mit von Kummer gezeichnetem Gesicht. Mit einer Hand umklammerte er einen Fetzen grünen Stoffes.
    Er regte sich nicht, begann aber mit langsamer, monotoner Stimme zu sprechen, als der Wagen vor ihm hielt. Er sah nicht die Ältesten an, sondern sprach wie zu sich selbst.
    »Sie ging spazieren letzte Nacht, ging spazieren, nachdem ich eingeschlafen war, und sie kam nicht zurück, kam nicht zurück. Sobald es hell war, begann ich, nach ihr zu suchen. Ich brauchte nicht lange zu suchen. Dies hier«, er blickte auf den Stofffetzen, den seine Faust fest umklammerte, »dies habe ich an der Kreuzung in den Hügeln gefunden. Nicht weit entfernt davon fand ich sie, fand ich sie. Sie …« Er hielt inne, sein Gesicht von Gram verzerrt. »Sie war abgestürzt … von hoch oben …« Er schloss die Augen. Seine Schultern bebten.
    Pennel schwang sich vom Wagen hinunter und führte den weinenden Mann ins Haus. Jondalrun blickte Agron an. Agron atmete tief ein und langsam wieder aus. »Du sagtest, es würde noch mehr Beweise geben«, sagte er. »Offensichtlich hattest du recht.«
    Jondalrun nickte. »Ich schlage jetzt die Bekanntgabe des Todes meines Sohnes an«, sagte er. Und dann, fügte er in Gedanken hinzu, werde ich Amsel aufsuchen.
     
    Überall und zu jeder Zeit gibt es immer Leute, die besonders wissbegierig sind. Amsel war ein solcher Mensch. Zu allem stellte er Fragen, versuchte, Geheimnisse zu ergründen, wo andere keine sahen, und wie die meisten wissensdurstigen Geister stieß er auf kein großes Verständnis bei seinen Mitmenschen. Die
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