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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz
Autoren: Ute Haese
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unmenschlich träfe es schon weitaus besser, hatte er mir am Wochenende nach dem Brunch erklärt, als ich ihn neugierig versuchte auszuhorchen, während wir bei Büsum auf dem Deich spazieren gingen und hüpfend den Schafskötteln auswichen, was sich allerdings bald als aussichtsloses Unterfangen erwies.
    Seltsamerweise mochte ich Greta auf Anhieb. Okay, sie gehörte offenbar zum früh verblühten Typ Frau und schien mir ein bisschen ätherisch zu sein, aber das würde sich mit unseren vereinten Kochkünsten schon legen. Knödel, Rotkohl und eine Ente, mit Rosmarin gewürzt, wirken da wahre Wunder an Leib und Seele. Jedenfalls bei mir, denn ich liebe diese nadeligen Spitzen heiß und innig. Allein für den Duft, den sie entfalten, wenn man sie berührt, lohnt es sich meiner Meinung nach zu leben.
    »Magst du eigentlich Rosmarin?«, entfuhr es mir spontan. Greta zuckte nicht mit der Wimper, obwohl dies eine eher gewagte Gesprächseinleitung war.
    »An Lammkoteletts? Gegrillt? Immer!«
    Hervorragend. Mein erster Eindruck war also richtig gewesen. Wir würden bestimmt prima miteinander klarkommen.
    »Fertig beschnuppert, die Damen?«, dröhnte Thomas in diesem Moment tatendurstig dazwischen. Passabel sah er aus in seiner alten Jeans und dem grauen T-Shirt, fand ich. »Dann fangen wir an, wenn’s recht ist.«
    Greta griente. Ich tat es ihr nach, während wir brav dem Recken folgten, der jetzt wie mein Dauer-Held Richard mit raumgreifenden Schritten zur Hinterfront des Lasters marschierte.
    Der Wagen war voll. Genauer gesagt, er war rappelvoll. Aber hier zog natürlich auch keine Studentin in ihre Erstsemesterbude, sondern eine gestandene Frau, wie es in meinen Sülzheimern des Öfteren heißt, wechselte den Wohnsitz mit ihrem kompletten Hab und Gut.
    »Na, bereust du dein Hilfsangebot schon?«, fragte Greta, die neben mich getreten war.
    »Nö«, erwiderte ich tapfer. Mir macht schwere körperliche Arbeit nichts aus. Im Gegenteil, durch das Schreibtischgesitze genieße ich manchmal sogar das Gefühl, nach gewonnener Schlacht jeden Muskel meines Körpers mit Namen ansprechen zu können.
    »Ich hätte auch gehörig Rabatz gemacht, wenn du jetzt gekniffen hättest«, sagte Greta lächelnd, doch ich hatte den Eindruck, dass sie es durchaus ernst meinte.
    Ich fand das sympathisch, weil ungewöhnlich ehrlich. Doch bevor ich etwas darauf erwidern konnte, drückte Thomas mir auch schon den ersten Karton in die Hand. Er ruinierte einem nicht augenblicklich die gesamte Rückenmuskulatur, sondern war tragbar.
    »Da sind zwar Bücher drin«, erklärte Greta und schnappte sich ebenfalls eine Kiste, »aber ich packe sie immer nur halb voll. Wenn man so etwas öfter macht, lernt man schnell dazu.«
    Nach dreieinhalb Stunden muskeltrainierenden Schleppens, zwei kurzen Pausen auf der Bank vor dem Haus sowie drei Kannen Tee war die Tat vollbracht. In Gretas neuem Heim türmten sich die Kartons, standen Schrankteile quer und im Weg und lehnte eine Matratze an der Wand, die auf den Zusammenbau ihres Gestells wartete.
    Greta strahlte. »Danke, ihr beiden! Ihr seid echte Schätze!« Dann gab sie Thomas einen Schmatz auf die Wange und mir auch, trat ans Fenster und warf einen andächtigen Blick hinaus. Der Passader See lag ruhig da, eine blau-graue Scheibe mit dunkelgrauen Tupfern – die Schatten der wenigen Wolken, die über das Wasser zogen. Ein Entenpärchen paddelte gemächlich durch das Schilf und schnatterte leise dabei. Es klang, als führten die beiden ein angeregtes Gespräch. In der Ferne, am anderen Ufer des Sees, erkannte man Hollbakken, das Herrenhaus, in dem Johannes mit seiner Mutter und den neuen Mietern wohnte. Ich hatte sie noch nicht gesehen und wohl auch deshalb ihre Namen wieder vergessen.
    Es war – nach wie vor – ein schöner Anblick. Und ein sehr friedlicher, obwohl meine Gedanken in diesem Moment bei Bendix, Gretas Vormieter, weilten. Wie es ihm wohl ging? Ich hatte mich immer noch nicht bei ihm gemeldet, obwohl ich es mir Weihnachten fest vorgenommen hatte. Ich verdrängte den Gedanken an Bendix Dollhagel jedoch rasch, als ich bemerkte, dass Greta die Tränen in die Augen stiegen. Verstohlen zupfte ich Thomas am Ärmel. »Wir gehen schon mal zu Marga hinüber, Greta. Wenn du so weit bist, kommst du einfach nach.«
    Das war zwanzig Minuten später der Fall. Eine gut gelaunte Greta erschien in der Tür und schnupperte.
    »Hmm, das riecht ja köstlich!«, lobte sie. »Ich habe eben nur kurz meine Mutter
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