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Dr. Ohio und der zweite Erbe

Dr. Ohio und der zweite Erbe

Titel: Dr. Ohio und der zweite Erbe
Autoren: Mark Stichler
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eingesammelt.“ Er sah zur Haushälterin hinüber. Sie nickte und alle erhoben sich. Alle waren froh, die Bibliothek verlassen zu können, und drückten sich an Wieri vorbei, der vor der Tür wartete.
    „Dr. Laudtner. Auf ein Wort“, sagte er.
    „Herr Wieri, ich muss Sie bitten, Ihren Schlüssel für die Bibliothek abzugeben.“
    Wieri sah den Anwalt perplex an.
    „Das kann nicht Ihr Ernst sein. Ich arbeite dort. Jeden Tag. Ich halte mich länger und öfter darin auf als Höpfner selbst. Sich aufgehalten hat. Das ist ...“ Er konnte sich gerade noch bremsen, aber es war klar, dass er seine Rechte auf die Bibliothek höher einschätzte als die Höpfners.
    „Seien Sie vernünftig“, bat Dr. Laudtner. Er nahm den widerstrebenden Wieri am Arm und zog ihn zusammen mit der Haushälterin in eine Ecke des Gangs. Dort redeten die beiden einige Minuten auf ihn ein. Die Haushälterin warf Dr. Ohio ab und zu einen schüchternen Blick zu, der ihm Mut machen sollte. Als sie zurückkamen, händigte Värie Wieri ihm seinen Schlüssel aus. Dr. Ohio war froh, dass die übrigen Hausangestellten gewartet und ihn nicht allein auf dem Gang hatten stehen lassen.
    Er fragte sich, warum er angenommen hatte. Es war, so dachte er, wohl dieser schlangengleiche Blick Wieris gewesen, vereint mit dem sanften Angebot des Anwalts, er müsse den Posten ja nicht übernehmen. Aber warum hatte er die Kontrolle über sich verloren?
    Dr. Ohio hatte gerade Zeit gehabt, die Schuhe auszuziehen und auf die Toilette zu gehen, als es an seiner Wohnungstür klingelte.
    Schnell wusch er sich die Hände und rief: „Ich komme.“ Wo ist meine Ruhe hin, dachte er und öffnete die Tür.
    „Oh, hallo“, sagte er. Vor der Tür stand Dr. Manstorff.
    „Ich war schon einmal da“, sagte sie statt einer Begrüßung.
    „Es tut mir leid, dass ich nicht immer auf meinem Zimmer sitze und auf deine zwei Besuche pro Schaltjahr warte“, sagte Dr. Ohio höflich.
    „Hm“, machte Dr. Manstorff und trat ein. Sie betrachtete ihn aufmerksam.
    „Du siehst gut aus.“
    „Danke. Ich komme gerade von Höpfner und hab noch meinen Anzug an. Ich zieh mir schnell was anderes an.“ Dr. Ohio lächelte verlegen.
    „Nein, nein. Du gefällst mir so. Lass den Anzug ruhig an.“
    Er zuckte mit den Schultern und ging den schmalen Gang entlang hinter ihr her ins Wohnzimmer.
    Auch Brigitte hatte sich zurechtgemacht, Ohio hatte es sofort bemerkt. Sie trug eine eng geschnittene, grüne Bluse und duftete dezent nach einem Parfum oder einer Feuchtigkeitscreme.
    „Du riechst gut“, sagte er. Sie lachte und drehte sich schwungvoll um.
    „Kenzo. Ein Landsmann von dir. Irgendwas aus Bambus.“
    „Mhm.“ Ich bin ihr nicht ganz egal, dachte er und spürte einen kleinen Stich in der Magengegend. Oder jetzt nicht mehr. Seit die Zeit aus ihrer Ehe Alltag und Arbeit gemacht hat. Das ernüchterte ihn. Er ging in die Küche und kam mit zwei Gläsern und einer Flasche Weißwein zurück.
    Ohio hatte immer eine Flasche Weißwein im Kühlschrank. Falls sie zu Besuch kommen sollte. So wie heute. Es war selten, dass sie kam, und dann wollte er vorbereitet sein. Das erinnerte ihn an früher. Damals hatten sie auch immer Weißwein getrunken. Leichten, duftigen Moselwein ...
    „Wein?“, fragte er, und sie nickte. Während er die Flasche entkorkte, sagte er: „Hast du heute frei bekommen?“
    Sie lächelte müde. Die Haut spannte etwas an ihren Schläfen.
    „Heinz ist auf eine Tagung gefahren.“
    „Ach ja.“ Dr. Ohio erinnerte sich, dass Dr. Manstorff so etwas gesagt hatte. „Mit oder ohne Sekretärin?“
    Brigitte sah ihn scharf an.
    „Willst du, dass ich wieder gehe?“
    „Nein. Entschuldigung.“
    Sie sagte nichts und er stand vor ihr, die Flasche in der Hand.
    „Es tut mir leid, ehrlich“, sagte er schließlich. „Bleib bitte.“
    Brigitte setzte sich auf die Couch und nahm ihr Glas.
    „Okay. Apropos Sekretärin. Ich habe von Erika gehört, dass du bei Höpfner warst.“
    „Ach, ist das der Grund deines Besuchs? Reine Neugier?“
    „Natürlich. Zum Wohl.“ Sie nippte an ihrem Glas. „Schmeckt gut.“
    „Danke. Tja, du wirst es kaum glauben, aber ich bin zusammen mit seinem Anwalt zu seinem Nachlassverwalter bestimmt.“
    Brigitte hob beeindruckt die Augenbrauen.
    „Ich wusste gar nicht, dass ihr so gut befreundet wart.“
    „Ich auch nicht. Aber irgendetwas hat mich dazu gebracht, anzunehmen.“
    „Das finde ich ... gut. Das ist wunderbar“, sagte sie ehrlich
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