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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Assistent und knotete einen Faden in der Tiefe der Pleurahöhle. »Seit wann kümmert der sich um den Nachwuchs?«
    »Wenn er weiblich ist und so nett wie die Kleine?« Der zweite Assistent streckte die Hand aus und nahm der Instrumentenschwester die Nadel mit der eingefädelten Seide ab.
    »Blödsinn! Bornholm hat andere Pläne. Man munkelt von der Tochter des Alten. Eine solidere Stufe auf der Leiter des Ruhms kann er sich gar nicht bauen.«
    »Quatscht nicht!« Der Anästhesist kontrollierte Atmung und Herztätigkeit. »Macht zu, und zwar schnell! Ich habe Durst auf 'ne Tasse Kaffee mit Cognac. Im übrigen ist Bornholm viel zu arrogant, um sich für ein Mädchen wie die Werner zu interessieren …«
    Stumm arbeiteten die Ärzte weiter.
    Die bequemen Sessel im Zimmer des 1. Oberarztes waren so tief, daß die weiblichen Besucher nur sitzen konnten, wenn sie die engen Röcke hochschoben. Bornholm hatte eine Schwäche für ein schönes Frauenbein.
    Erika saß auf dem vorderen Sesselrand. Sie sah zu, wie Bornholm zwei Gläser aus einem Wandschrank holte und aus einer geschliffenen Glaskaraffe dunkelgoldenen Cognac eingoß.
    »Machen Sie es sich bequem, Kollegin«, sagte er. Sie hat schöne, schlanke Beine, dachte er dabei. Dünne, sehnige Fesseln. Lange Oberschenkel. Auch ihr Gesicht ist nett. Lebensfrische mit einem Hauch Mädchenhaftigkeit. Nur die Augen sind anders. In ihrem Blau liegt Willenskraft und Träumerei. Eine erregende Mischung.
    »Prost!« Erika Werner trank einen kleinen Schluck. Es schmeckte seifig. Französischer Cognac, dachte sie.
    »Sie kommen aus München?« fragte Dr. Bornholm. Erika stellte das Glas auf die Sessellehne.
    »Ja. Mein Vater war dort Vertreter, bis er durch einen Autounfall starb. Mutter machte einen Buchladen auf, damit ich weiterstudieren konnte. Ich habe Nachhilfestunden gegeben, in den Semesterferien in Kindergärten gearbeitet – schließlich habe ich es dann doch geschafft.«
    »Tapfer, tapfer!«
    Dr. Bornholm trank sein Glas aus. Er musterte Erika Werner aus den Augenwinkeln. »Sie wollen in der Chirurgie bleiben? Es ist äußerst selten, daß ein Mädchen …«
    »Warum sehen die Männer uns Frauen immer als zweitrangig an?« Erika hob die Brauen. »Darf man nur Kinderärztin werden?«
    »Kinder! Sie sprechen es aus. Eine Frau ist dazu da …«
    »O Gott, die alte Walze!« Erika knöpfte ihren weißen Kittel wieder zu. »Schönen Dank für den Cognac. Ich glaube, ich muß zu der Frischoperierten.«
    »Das macht Ihr Stationsarzt.« Dr. Bornholm goß sich noch einmal das Glas voll. »Ich habe was anderes für Sie. Einige externe Fälle, die wir beobachten. Darunter ein Bronchialkarzinom. Ich fahre morgen vormittag hinaus zu dem Kranken. Sie können mich begleiten.«
    »Morgen habe ich Stationsdienst.«
    »Dann lassen ich Sie mit einem anderen Assistenten tauschen. Ich möchte Ihnen diesen Fall vorstellen. Morgen früh zehn Uhr am zweiten Ausgang.«
    Erika Werner verließ das Zimmer. Erst auf dem Flur fiel die Beherrschung von ihr ab. Sie lief die Treppe empor und schloß sich in ihrem kleinen Zimmer ein. Erschöpft ließ sie sich auf das Bett fallen.
    Er hat mit mir gesprochen, dachte sie. Er hat mich in sein Zimmer geholt. Er hat mir einen Cognac angeboten. Er nimmt mich mit zu seinen Privatpatienten.
    Der große Bornholm. Der Mädchentraum.
    »Sie werden staunen, Erika, wenn Sie den Mann sehen.«
    Bornholm sah auf seine goldene Armbanduhr. Burschikos hatte er den Hut in den Nacken geschoben, den Schlips heruntergezogen und den Hemdkragen geöffnet. Erika Werner lehnte sich zurück. Sie saßen in seinem großen amerikanischen Wagen. Um sie herum das Panorama einer großartigen Bergwelt. Die Schneegipfel leuchteten in der Sonne. Aus den Tälern und Schluchten zogen Nebelschleier in den blauen Himmel und lösten sich dort auf.
    Sie hielten vor einem der großen Bauernhäuser mit den geschnitzten Holzbalkonen und den herrlich bemalten Fronten. Ein Hüne von Mannsbild kam ihnen entgegen. Gesund aussehend, kräftig, in einer langen Lederhose, mit Muskeln, die das Hemd zu sprengen schienen.
    »Mir geht's sauguat, Doktor!« brüllte er schon in der Tür.
    Bornholm untersuchte ihn gründlich.
    »Wir müssen mal wieder röntgen«, sagte er dann. »Jedes Vierteljahr …«
    »I bin g'sund, Doktor! Aba guat, ich komm'. Nächste Wochen. Dös is a fesch's Madl, dös S' bei sich hab'n. Auch a Doktorin?«
    »Und eine gute dazu!«
    »Mag's an Enzian?«
    »Aber sicher.«
    »Tja«, sagte
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