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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger
Autoren: John Brunner
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saß, schaltete es aus, und die plötzliche Stille war fast drückend.
    »Es ist eine verdammt ungerechte Welt, nicht wahr?« sagte Bruno.
    »Wie kommst du so plötzlich darauf?« fragte Glenn und bot den Mädchen Zigaretten an.
    »Ich habe an die alte Frau gedacht – weißt du, so als Lady aufgewachsen, spricht von ihrem ›lieben Freund, dem Captain‹, und so weiter.« Bruno nahm sich ebenfalls eine Zigarette und blickte nachdenklich zu den Lichtern des Schiffes hinaus. »Und seht euch an, was aus ihr geworden ist: eine dreckige, verkommene, alte Wachtel, die um ein Bier bettelt!«
    »Eine Lady zu sein, reicht eben nicht«, sagte Cress.
    »Natürlich nicht. Aber glaubst du, dass sie jemals die Chance gehabt hat, mehr aus sich zu machen? Du hast ein Diplom in Innenarchitektur, und Liz kann singen, und Nancy studiert Philologie – ihr habt die Chance , etwas anderes zu sein als eine Lady, die nur ein müßiges Dasein führen kann.«
    »Ich habe den Eindruck, du versuchst krampfhaft das Stigma zu verdrängen, selbst ein Gentleman zu sein«, knurrte Glenn. »Das ist ein Problem, mit dem ich mich nie auseinanderzusetzen brauche.«
    »Mich würde es nicht stören, ein müßiges Dasein führen zu müssen«, sagte Nancy und zuckte die Achseln.
    »Ich wette, es würde dich stören, wenn du keine andere Wahl hättest und kein Geld, um einigermaßen anständig leben zu können«, erwiderte Gideon. »Nein, Bruno hat verdammt recht.«
     
    »Na schön, die Welt ist ungerecht«, sagte Glenn. »Ist das etwa neu? Alles, was du tun kannst, ist, ein wenig mehr Liebe zu verbreiten, als da war, bevor du die Szene betreten hast. Was sollen wir tun, um Miss Beeding zu helfen? Ihr einen Kasten Bier kaufen?«
    »Mein Gott, du brauchst uns doch nicht allen Schuldkomplexe aufzuladen«, sagte Cress und langte an Nancy vorbei, um das Radio wieder einzuschalten. Jetzt brachten sie wieder Musik. Sie sprang auf und schleuderte ihre Sandalen von den Füßen.
    »Ich gehe schwimmen«, verkündete sie. »Es wäre doch schade, an der See zu sein und nicht ins Wasser zu gehen.«
    »Das Wasser ist in dieser Gegend vielleicht nicht sehr sauber«, warnte Bruno. »Du hast doch gehört, was der Knabe bei der Forschungsstation über Verschmutzung gesagt hat.«
    »Verschmutzung!« sagte Cress wegwerfend. »Es ist sicher nicht schmutziger als die Luft in London.«
    »Damit könntest du recht haben.«
    »Kommst du mit?«
    »Geh du zuerst rein und sag mir, ob das Wasser warm und sauber ist. Vielleicht komme ich dann nach.«
    Cress schnitt ihm eine Grimasse und begann, ihre Bluse aufzuknöpfen. »Sonst keiner? Gid?«
    »Ich bin zufrieden hier«, sagte Gideon und lehnte seinen Kopf an Nancys Schulter.
    »Glenn?«
    Der Amerikaner schüttelte den Kopf. »Ich werde lieber noch ein bisschen Holz für unser Feuer suchen«, sagte er.
    »Ich komme mit«, bot Liz an, zog den langen Reißverschluss ihres Kleides auf und ließ es zu Boden fallen. Darunter trug sie BH und Höschen von hellem Mandarinen-Gelb; das Licht des Feuers gab ihnen fast den Farbton ihrer Haut.
    Sie nickte Cress zu. »Nimmst du die Taschenlampe mit?«
    »Das ist sicher nicht nötig. Wir müssten sie irgendwo zurücklassen, und vielleicht ist sie später schwer wieder zu finden. Es ist noch immer genug Licht, um einigermaßen sehen zu können.« Sie hakte ihren BH auf und legte ihn auf die sorgsam zusammengefaltete Hose. »Ich ziehe alles aus, du nicht? Es ist niemand hier, der uns sehen könnte, und ich will die Sachen nicht schmutzig machen. Sie sind zu hübsch, um sie zu verderben.«
     
    »Es ist schlammig«, sagte Liz, als sie ein paar Schritte hinter Cress auf das Wasser zuging. »Ich hasse das Gefühl von Modder zwischen den Zehen.«
    »Hier ist es okay«, antwortete Cress. »Fester Boden. Und auch kaum Tang.« Sie machte die ersten Schritte ins Wasser. »Und herrlich warm – wie ich es schon angenommen hatte. Herrlich!«
    »Achte auf Teerbatzen«, warnte Liz. »Hier kommt ein Menge Schiffe vorbei.«
    »Das lässt sich später mit Benzin aus dem Tank wieder abreiben«, sagte Cress. »Ich hoffe, wir können Glenns Freakout hier abziehen, Liz. Dieser Platz ist Klasse für so was! Kannst du dir vorstellen, wie es sein muss, wenn Scheinwerferlicht auf die weißen Klippen strahlt und riesige Lautsprecher dort oben hängen? Einfach fabelhaft!«
    Inzwischen waren sie so weit im Wasser, dass sie schwimmen konnten. Cress, die bessere Schwimmerin von beiden, warf sich hinein und kraulte mit langen,
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