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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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schien, und da er nur noch wenig entfernt war, zog er dem Rozinante den Zügel an, in der Erwartung, daß ein Zwerg auf den Zinnen erscheinen würde, um mit einer Trompete das Zeichen zu geben, daß sich ein Ritter dem Kastelle nahe. Da er aber sah, daß man damit zögerte, Rozinante auch begierig war, sich dem Stalle zu nahen, so nahte er sich der Tür der Schenke und sah dort die beiden liederlichen Mädchen stehen, die ihm zwei schöne Fräulein oder zwei anmutige Damen schienen, die sich vor dem Tore des Schlosses in der Frische ergingen. Es traf sich indes, daß ein Schweinhirt, der von dem Stoppelfelde eine Herde Schweine – die ohne Gnade diesen Namen führen – versammeln wollte, und also in ein Horn stieß, auf dessen Schall sie alle zusammenkamen. Sogleich stellte sich Don Quixote das vor, was er wünschte, daß nämlich ein Zwerg das Zeichen seiner Ankunft gegeben habe. Mit großer Zufriedenheit also näherte er sich der Schenke und den Damen, die, da sie einen Mann, auf diese Art bewaffnet, mit Schild und Lanze auf sich zukommen sahen, aus Furcht in die Schenke hineinlaufen wollten. Don Quixote aber, der ihre Furcht aus ihrem Entfliehen schloß, erhub sein Visier aus Pappen, zeigte sein magres und bestäubtes Gesicht und sagte mit zierlicher Weise und sanfter Stimme diese Worte: »Fliehen Eure Gnaden nicht und fürchten dieselben kei nen Unglimpf, denn es gebeut der Orden der Ritterschaft, dem ich diene, keinen Raub oder Gewalttätigkeit an irgend jemanden zu verüben, geschweige denn an so hohen Jungfrauen, als welche Euer Anstand verkündiget.«
    Die Mädchen sahen ihn an und suchten sein Gesicht mit den Augen, welches das schlechte Visier verdeckte, aber da sie sich Jungfern nennen hörten – etwas, das ihrem Gewerbe so fernlag –, konnten sie das Lachen nicht zurückhalten, sondern sie lachten so laut, daß sich Don Quixote entrüstete und sprach: »Es geziemt Bescheidenheit den Schönen wohl, und große Torheit ist es überdies, mit schlechter Ursach lachen; doch sage dies nicht, daß es Euch anzüglich sei noch daß Ihr üblen Willens werdet, denn der meinige ist nur sofern wollend, Euch dienstbar zu sein.« Diese Sprache verstanden die Damen nicht, und das üble Aussehen unsers Ritters vermehrte ihr Gelächter sowie seinen Zorn; dieser wäre noch viel weiter gediehen, wenn der Schenkwirt nicht hinzugekommen wäre, ein Mann, der, wie er sehr fett, auch überaus friedliebend war; als dieser diese Gestalt, scheußlich gerüstet mit so ungeziemlichen Waffen, als der Zaum des Pferdes, die Lanze, der Schild und der kleine Harnisch war, erblickte, so fehlte wenig, daß er nicht das Vorbild von Fröhlichkeit der beiden Mädchen nachgeahmt hätte. Da er aber doch diese umbollwerkte Figur fürchtete, so entschloß er sich, höflich zu reden, und sprach also: »Wenn Eure Gnaden, Herr Ritter, Ruhe suchen, so finden Sie außer einem Bette – denn wir haben keins in der Schenke – alles übrige in großem Überflusse.« Als Don Quixote die Unterwürfigkeit des Kommandanten der Festung sah – denn dafür hielt er den Schenkwirt und die Schenke –, antwortete er: »Für mich, Herr Kastellan, ist alles Ding genug, denn ›all mein Schmuck sind nur die Waffen, und mein Ausruhen ist das Streiten.‹« Der Wirt dachte, da er sich Kastellan nennen hörte, jener hielte ihn für einen Gauner, die man in der Schelmensprache frische Kastilianer nennt; er aber war ein Andalusier, von denen auf dem Strande San Lucar, ein Schelm wie Cacus und ein Spottvogel wie ein Student oder Page; er antwortete daher: »So werden also Eure Gnaden ›Betten harte Steine und Euer Schlaf ein beständiges Wachen sein‹, und wenn es sich so befindet, so dürft Ihr nur kecklich absteigen, denn Ihr trefft in diesem Hause Gelegenheit und Anstalt, ein ganzes Jahr nicht zu schlafen, geschweige denn eine Nacht.« Indem er dies sagte, hielt er Don Quixote den Steigbügel, der mit vieler Mühe und Beschwer abstieg, wie ein Mann, der noch den ganzen Tag nüchtern geblieben war. Er sagte sogleich dem Wirte, daß er für sein Pferd große Sorgfalt tragen möge, denn es sei das schönste Tier auf der ganzen Welt, das Brot äße. Der Wirt beschaute es, aber es schien ihm nicht so trefflich, als es Don Quixote beschrieb, ja nicht einmal auf die Hälfte so gut. Er führte es in den Stall und kam dann zurück, um zu sehen, was sein Gast befähle, den indes die Jungfrauen entwaffneten, mit denen er sich wieder versöhnt hatte. Sie lösten den Brust-
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