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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Grund, gab ihm ein, daß er sich vom ersten, auf den er träfe, zum Ritter wolle schlagen lassen, in Nachahmung vieler andern, die ebenso verfahren, wie er in den Büchern gelesen, die ihn in diesen Zustand versetzt hatten. Was die Weiße der Waffen beträfe, so gedachte er sie, wenn er Zeit und Muße fände, so hell zu schleifen, daß sie den gefallenen Schnee an Weiße überträfen. Hiermit beruhigte er sich und setzte seinen Weg fort, ohne einen andern zu suchen, als den sein Pferd eingeschlagen, denn er meinte, daß dies die Kunst sei, Abenteuer zu beginnen.
    Indem nun unser nagelneuer Abenteurer fortritt, sprach er zu sich selber also: Es leidet keinen Zweifel, daß in künftigen Zeiten, wenn die wahrhafte Geschichte meiner Taten an das Licht tritt, der Weise, der sie schreibt, gewiß nicht ermangelt, von meinem ersten so frühen Auszuge also anzuheben: Der feuerrote Apollo hatte kaum über das Angesicht der großen, weitstreckigen Erde die güldenen Fäden seines schönen Haupthaares verbreitet; kaum hatten die kleinen, buntgemalten Vögelein mit ihren Harfenzungen die rosige Aurora mit süßer, honiglieblicher Harmonie begrüßt, die das weiche Bett des eifersüchtigen Gemahls verließ und durch die Tore und Balkone des manchanischen Horizonts sich den Sterblichen zeigte, als der berühmte Ritter Don Quixote von la Mancha die müßigen Federn verließ, sein berühmtes Roß Rozinante bestieg und begann, über das alte und wohlbekannte Feld Montiel zu reiten. – Er ritt jetzt in der Tat durch diese Gegend und fuhr weiter fort: O beglückte Zeit, beglücktes Menschenalter! in dem meine preisvollen Taten ans Licht treten werden, die verdienen, daß man sie in Erz gießt, in Marmor haut und auf Tafeln zum Gedächtnis der künftigen Zeiten malt! O du weiser Zauberer, wer du auch sein magst, dem es aufbehalten ist, die Chronik dieser Wundergeschichte zu stellen, o vergiß, ich flehe dich, den wackern Rozinante nicht, meinen unzertrennlichen Gefährten auf jedem Wege und in jeglicher Bahn. – Darauf sprach er, als wäre er in der Tat verliebt gewesen: O Prinzessin Dulcinea! Herrin dieses gefangenen Herzens! Wie gar so schwere Trübsal habt Ihr mir auferlegt, mich verbannend und härtiglich mir sogar Kummer schaffend, daß Ihr mir anbefehlt, nicht vor Eurer Schönheit mich zu zeigen: Wohl gefalle Euch, Herrin, das Euch unterworfene Herz in Erinnerung zu fassen, das so Großes um willen Eurer Liebe leidet.
    An diese Ausrufungen fügte er noch andern Unsinn, alles, wie er in seinen Büchern gefunden hatte, indem er sich bemühte, ihre Sprache, soviel es ihm möglich war, nachzuahmen. Auf diese Weise zog er so langsam fort, und die Sonne schien so eilig und brennend hernieder, daß dies hinreichend gewesen wäre, ihm die Sinne zu verrücken, wenn er welche gehabt hätte. Er zog den ganzen Tag fort, ohne daß er auf etwas stieß, das der Erzählung würdig war, worüber er fast verzweifelte, denn er wünschte nur Gelegenheit, um sogleich an irgendwem die Tapferkeit seines starken Armes erproben zu können.
    Es sind Autoren der Meinung, daß das erste Abenteuer, das ihm begegnete, das am Passe Lapice gewesen. Andere führen dasjenige mit den Windmühlen auf, aber alles, was ich hierin erforschen können und was in den Jahrbüchern von la Mancha geschrieben steht, ist, daß er den ganzen Tag fortzog und daß am Abend sein Roß und er vor Hunger beinah gestorben waren.
    Er schaute nach allen Seiten um, ob er nicht ein Kastell erspähen könne oder eine Schäferhütte, um sich zu erquicken und seiner großen Not abzuhelfen. Endlich erblickte er unfern dem Wege, auf dem er ritt, eine Schenke, die ihm wie ein Stern entgegenschien, der ihn mindestens in den Torweg, wenn auch nicht in das hohe Burgtor seiner Erlösung führte. Er eilte dorthin und erreichte sie mit dem Anbruche des Abends. Unter der Tür standen von ungefähr zwei junge Mädchen, von denen, die man die gutwilligen nennt, die mit einigen Maultiertreibern, welche in dieser Schenke ihr Nachtlager hielten, nach Sevilla gingen. Wie nun unserm Abenteurer alles, was er dachte, sah oder sich einbildete, so erschien und sich zutrug, wie er es gelesen hatte, so kam es ihm sogleich, als er die Schenke sah, vor, dies sei ein Kastell mit seinen vier Türmen, mit Gesimsen von glänzendem Silber, mit Zubehör der Zugbrücke und des Burggrabens, nebst allen übrigen Dingen, mit denen dergleichen Kastelle geschildert werden. Er näherte sich der Schenke, die ihm ein Kastell
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