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Don Blech und der silberne Regen

Don Blech und der silberne Regen

Titel: Don Blech und der silberne Regen
Autoren: Max Kruse
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Wolkengebirge verhießen nichts Gutes.
    Junker Hohlkopf aber geriet in Hochstimmung: Endlich näherte sich das Ende der Untätigkeit. Er freute sich über das Höhersteigen der Wolken. Ihre Ränder färbten sich schwarz.
    Er eilte wieder in den Wattepalast. Gleich drei Stufen der steilen Treppe nahm er auf einmal. Stolz trat er vor Wattemutter. »Ich bin gekommen, um von Euch Abschied zu nehmen — und von meiner lieben Braut.«
    »Jaja — «, murmelte Wattemutter und ertappte sich bei der Hoffnung, es möchte vielleicht ein Abschied für immer sein. Nein, sie liebte ihren zukünftigen Schwiegersohn nicht.
    »Nun — «, fragte Junker Hohlkopf. Er war ein wenig ungeduldig und stampfte sogar mit dem Fuß auf, »nun, warum wünscht mir Watteia kein Glück?«
    Wattemutter wurde nicht gern hart angeredet. Etwas unwillig ließ sie Watteia rufen.
    Watteia kam. Wie hatte sie doch in den Ritterbüchern gelesen? Wenn der Held in den Kampf zog, gelobte ihm die Braut ewige Treue. Und das wollte sie und daher wirbelte sie dem goldenen Junker an die gewölbte, runde Brust. Sie umschlang den kühlen Leib mit den Armen. »Offne dein Visier, damit ich dich zum Abschied küssen kann!«, hauchte sie.
    Er wich einen Schritt zurück. Er hasste jeden Gefühlsüberschwang. Er grollte: »Nimm dich zusammen!«
    Dass er in dieser Stunde gar keine Zärtlichkeit für sie hatte? Und dass er sein Visier immer noch nicht aufmachte? »Bist du vielleicht hässlich?«, versuchte sie zu scherzen.
    Da wehrte er ab. »Nein, hässlich bin ich nicht, das kann ich beschwören.« Und das war sogar wahr, denn wer gar nicht zu sehen ist, kann auch nicht hässlich sein. Dann salutierte er und hob den Handschuh ans Visier. Das sah sehr ritterlich aus. Danach marschierte er aus dem Salon. Schon schlugen die ersten Tropfen aufs Zeltdach. Wattemutter erließ schnell noch einige wirre Anordnungen zum Schutze des Wattepalastes und seiner Bewohner.
    Junker Hohlkopf polterte die Außentreppe hinab. Hoch oben hingen die schwarzen Wolken wie dicke Säcke, als seien sie prall gefüllt mit Wurfgeschossen. Die Gassen waren wie ausgestorben. Die Wattels hatten sich verkrochen und sich die Ohren mit Watte verschlossen, um das Geprassel nicht zu hören. Nur Klein-Wattoneon lugte durch den Schlitz, um den Auszug seines Nebenbuhlers zu beobachten. Der schritt voran, als könne ihm nichts auf der Welt etwas anhaben.
    Junker Hohlkopf erklomm den Hügel vor der Stadt. Hier hatte Klein-Wattoneon seine Niederlage erlitten. Hier war jeder dem Regen am nächsten, dem Regen, dem Himmel und den Wolken.
    Junker Hohlkopf zückte sein Schwert. Er deckte Helm und Federbusch mit dem Schild ab. Er rief unflätig: »He, Regen, lächerlicher Popanz, Wasserklatscher! Komm, wage es, mit mir zu kämpfen. Mir kannst du nichts anhaben, ich werde dir das Haupt abschneiden, die Arme abtrennen und den Leib zerteilen!«
    Da erlosch alles Licht über dem Land. Und genauso plötzlich fielen silberne Wasservorhänge herab. Die Tropfen kollerten über Junker Hohlkopfs Schwert. Sie prasselten auf seinen Schild. Alle Farben waren dumpf geworden. Die kleine Zeltstadt unten lag im Nebel und der Wind orgelte zornig.
    Donner krachten und Blitze zuckten. Junker Hohlkopf stand wie in einem Wasserfall. Doch schrie er: »Hoho!«, und der Regen stürzte oben in seinen Helm hinein, drang durch alle Ritzen, durch die Augenschlitze und den Halsansatz und suchte noch das kleinste Loch in der Rüstung.
    Unten fand das Wasser den Weg nicht so leicht wieder ins Freie. Junker Hohlkopf glich einem verstopften Leitungsrohr, in dem sich die Flüssigkeit staute. Denn so schnell sie eindrang, so schnell kam sie nicht wieder hinaus. Dem mutigen Kämpfer stieg das Wasser in der Wade hoch. Was nicht an der Ferse herauskam, sprudelte an der Kniekehle.
    Ihn focht das nicht an. Nur das Gehen wurde schwer, schwer die Füße. Und leichter Schwindel erfasste ihn — vollkommen durchspült vom Wasser, wie er war!
    Und dann schlug ein Blitz in seine Schwertspitze ein. Da riss es ihn um und er stürzte zu Boden. Rasch war der Blitz durch ihn hindurchgefahren, als sei er ein Blitzableiter. Da lag er nun in ganzer Länge auf dem Boden und der Donner brachte den Harnisch zum Beben und das Wasser prasselte auf die Rüstung.

    Junker Hohlkopf stellte sich tot.
    Er blieb lange liegen, bis der Sturm abflaute, der Regen nachließ und sich verzog. Als der Himmel aufriss, traf ein Sonnenstrahl die Goldrüstung. Sie funkelte wie frisch gewaschen. Nun
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