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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten
Autoren: Norbert Klugmann
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Sicherheitshalber waren sie zu zehnt angerückt und fanden Boff am Pult, wo er Briefe schrieb. Sie ließen ihm die Wahl, freiwillig mitzukommen oder mit Gewalt.
    Er antwortete: »Mit Gewalt.«
    Während der Trupp aufgeregt debattierte, was das zu bedeuten habe und wie man nun weiter vorgehen solle, stand Boff in der Tür und sagte ungeduldig: »Ich bin bereit.«
    Auf dem Rathaus konfrontierte man ihn mit dem Vorwurf. Am Vorabend war Graf Argus erschienen und hatte zu Protokoll gegeben, dass ein Familienschatz in Form eines wertvollen silbernen Bestecks für vierundzwanzig Personen vermisst wurde. Dieser Schatz sei im Garten vergraben gewesen, Argus habe die Grube gefunden, die Schippe hätte danebengelegen. Er bezeichnete Boff als den Täter, denn der habe sich wochenlang ins Vertrauen der alten Gräfin eingeschlichen. Systematisch ausgehorcht habe er sie und ihr nach und nach Interna der Familie und der familiären Geschäfte abgeluchst. Die Gräfin habe einen Anfall erlitten und würde mit Lähmungserscheinungen im Bett liegen, versorgt von den besten Halleschen Ärzten.
    Boff brach in Lachen aus, das lange nicht aufhörte. Man hielt ihm vor, wie oft er die Gräfin besucht habe: elf Mal. Nie habe ein aktueller und akuter Grund für die Besuche vorgelegen, die ihren Anfang genommen hatten, nachdem dem Stadtphysicus hinterbracht worden war, wie groß die Ähnlichkeit zwischen ihm und dem verstorbenen Sohn Leopold der Gräfin sei. Graf Argus berichtete von schrecklichen Szenen in seinem Haus. Nach jedem Besuch des Stadtphysicus habe seine gebrechliche Mutter aufgewühlt gewirkt. Der Graf mache sich schwere Vorwürfe, das Treiben nicht unterbunden zu haben. Aber der Stadtphysicus habe ihn davon überzeugt, dass solche Besuche für das Wohlbefinden seiner lieben Mutter ein Segen seien. Stattdessen habe sich nun herausgestellt, dass Boff die Familiengeschichte ausgeforscht und sich alle Informationen über im Haus befindliche Wertgegenstände besorgt habe. Offenbar habe Boff die alte Gräfin mit der Drohung erpresst, sie werde künftig von Nachtmahren heimgesucht werden, wenn sie sich nicht von allem erleichtere, was ihr Herz beschweren könne. Diese Nachtmahre würden sie nie mehr schlafen lassen, ihr Blut aussaugen und ein Organ nach dem anderen von innen auffressen. Nur wenn sie reinen Tisch mit allen Geheimnissen mache,könne sie noch einmal von vorn anfangen und dann spielend ein Alter von über hundert Jahren erreichen. Das hatte ihr Boff in die Hand versprochen.
    Der Ausschuss, der für die Bestellung des Stadtphysicus zuständig war, hatte kurzfristig getagt. Ergebnis: Sollte sich das verschwundene Silber im Besitz von Boff befinden, sei er seines Postens enthoben.
    Cassian, der das Wort führte, fragte mit falscher Väterlichkeit: »Versteht Ihr, was das bedeutet, Boff?«
    »Es bedeutet, dass in wenigen Stunden das Silber auftauchen wird, nachdem Ihr es an dem Ort hinterlegt habt, wo Ihr es finden wollt.«
    Für diese Unterstellung wollte Cassian den Stadtphysicus anzeigen. Er stellte es dem Arzt frei, sich einen juristischen Beistand zu besorgen. Boff lehnte ab, weil das die Sache unnötig in die Länge ziehen und dem Rathaus die Möglichkeit verschaffen würde, die unredlichen Motive in ein rechtlich einwandfreies Mäntelchen einzuschlagen. Cassian regte sich auf, Boff lachte.
    Galgen-Dosse wollte den Stadtphysicus ins Zuchthaus überführen. Boff forderte Cassian auf, den Bürgermeister, hohe Offiziere der Garnison, hohe evangelische Würdenträger und zwei Kaufleute, die er mit Namen benannte, ins Rathaus zu rufen. Er, Boff, wolle mit jedem von ihnen unter vier Augen sprechen. Pro Person höchstens fünf Minuten.
    Cassian lachte ihn aus. Boff sagte: »Fein. Damit haben wir den Mann, an dem sich alle Personen, die ich genannt habe, später schadlos halten werden.«
    Cassian hörte auf zu lachen. Man sah, wie es in ihm arbeitete.
    »Ihr blufft«, behauptete er.
    Boff antwortete nicht.
    Alle erreichten sie nicht, aber die meisten erschienen in den folgenden beiden Stunden im Rathaus. Einige kehrten denGroßkotz heraus, den anderen stand die Spannung ins Gesicht geschrieben.
    Boff wurde ein Raum zur Verfügung gestellt, von dem keine Türen in benachbarte Räume führten. Er begann mit dem Bürgermeister, machte weiter mit dem Möbelimporteur Priehn, bevor er fünf Minuten mit einem General, einem Bischof und zuletzt mit Galgen-Dosse in dem Raum verschwand.
    Jeder Gesprächspartner des Stadtphysicus, der danach
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