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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Autoren: Lesley Pearse
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an und sagte kein Wort. Belle hatte den Eindruck, dass sie überlegte, wie sie sich wegen der Information, die Mog unabsichtlich entschlüpft war, verhalten sollte.
    »Gute Idee. Sie kann heute bei Millie anfangen, weil es dort am schlimmsten aussieht. Ich befürchte allerdings, dass Millie keine große Hilfe sein wird, weil sie sich nie lange auf etwas konzentrieren kann.«
    Um halb zwei, als der Salon in frischem Glanz erstrahlte und angenehm duftete, machte sich Belle daran, Millies Zimmer im Dachgeschoss des Hauses aufzuräumen. Millie war irgendwo mit Sally unterwegs, und die anderen Mädchen saßen in einem der unteren Zimmer. Belle hatte zu Mittag einen großen Teller Eintopf, gefolgt von Sirupkuchen, verdrückt, und der Reiz des Frühjahrsputzes verflog rasch. Aber da es gerade angefangen hatte zu schneien, konnte sie nicht ausgehen, und Millies Zimmer war das wärmste im Haus, weil die Wärme aus sämtlichen Kaminfeuern hier heraufdrang.
    Millie nahm innerhalb des Hauses eine einzigartige Stellung ein. Obwohl sie mit achtundzwanzig viel älter war als alle anderen Mädchen, war sie mit ihrem seidigen, langen blonden Haar, den großen blauen Augen und dem weichen, kindlichen Mund immer noch auffallend schön. Im Denken war sie eher langsam, aber jeder mochte sie; vielleicht war gerade ihr kindlich-naiver Charme der Grund, warum alle sie gern hatten.
    Millie war außerdem das einzige Mädchen, das noch aus der Zeit stammte, als die Gräfin das Haus geführt hatte. Belle spürte, dass Annie und Mog wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit Millies Trägheit tolerierten. Und öfter als einmal war erwähnt worden, dass sie wegen ihres sanften Wesens bei den Herren sehr beliebt war.
    Auch Belle hatte Millie in ihr Herz geschlossen. Sie mochte ihr sonniges, liebenswertes Naturell, ihre Güte und Großzügigkeit. Immer wieder machte sie Belle kleine Geschenke   – ein paar Glasperlen, Bänder fürs Haar oder Schokolade   – und nahm sie in die Arme, wenn sie traurig oder verletzt war.
    Millies Zimmer spiegelte ihr kindliches Wesen wider. Sie hatte aus den Deckeln von Pralinenschachteln Bilder von Kätzchen und kleinen Hunden ausgeschnitten und an die Wand genagelt. An eine Sessellehne hatte sie mit rosa Band ein Sonnenschirmchen aus Spitze gebunden, unter dem mehrere Puppen saßen. Die meisten waren einfache Stoffpuppen in bunten Baumwollkleidern, die so aussahen, als hätte Millie sie selbst gemacht, aber eine war eine hochelegante Puppe mit Porzellankopf, welligem Blondhaar und einem rosa Satinkleid.
    Als Belle sich in dem Zimmer umschaute, stellte sie fest, dass Millie zehnmal mehr Dinge besaß als jedes andere Mädchen: Nippes aus Porzellan, Bürsten mit versilbertem Griff, eine Spielzeugeisenbahn aus Holz, eine Kuckucksuhr, die nicht ging, und viele mit Rüschen verzierte Kissen.
    Belle machte sich an die Arbeit und nahm sich zuerst das große Messingbett vor, das sie anschließend mit einem großen Tuch abdeckte und so viel wie möglich von Möbeln und Zierat darauf stellte, wie sie konnte.
    Auf dem Boden lag eine dicke Staubschicht, und der einzige Teppich war sehr klein und konnte im offenen Fenster ausgeschüttelt werden. Nachdem Belle den Kamin gereinigt und den Boden gekehrt und aufgewischt hatte, machte sie Feuer im Kamin, damit der Fußboden schneller trocknete.
    Eine Stunde später war sie fast fertig. Die Möbel waren gesäubert und abgestaubt, Spiegel und Fenster glänzten, und alle Habseligkeiten Millies waren wieder sorgsam an ihren Platz gestellt worden.
    Mittlerweile war es dunkel geworden, und draußen fiel dichter Schnee. Als Belle aus dem Fenster sah, fiel ihr auf, dass der Schnee Jake’s Court verwandelt hatte. Seven Dials war berüchtigt dafür, in London die meisten Bordelle, Spielhöllen, Wirtshäuser und sonstigen Spelunken pro Quadratmeile zu haben. Da der Betrieb auf dem Covent Garden Markt mitten in der Nacht begann, wenn die Trinker und Spieler nach Hause gingen, war es in dem Stadtviertel nie ruhig. Ständig hieß es, die Slums von London würden bald der Vergangenheit angehören, und es stimmte, dass viele Elendsviertel geräumt worden waren, aber bei den Behörden schien niemand einen Gedanken daran zu verschwenden, was aus den jeweiligen Bewohnern werden sollte. Zurzeit fanden sie sich hier in Seven Dials ein und suchten mit Hunderten anderer verzweifelter Männer, Frauen und Kinder in den unzähligen Hinterhöfen, schmutzigen Gassen und schmalen, gewundenen Straßen ein
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