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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)
Autoren: Marc Levy
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ich. Er ist ein überzeugter Schwarzfahrer, und ich wollte nicht, dass dieser Tag verdorben wäre, ehe er begonnen hat.«
    Alice zog zwei Shilling aus der Tasche und reichte sie Anton, doch der schloss die Hand seiner Freundin um die Münzen.
    »Lass uns jetzt gehen«, sagte er. »Der Tag wird schnell verstreichen, und ich will nichts verpassen.«
    Während er mit großen Schritten vorauseilte, sah sie ihn, wie er als kleiner Junge gewesen war, und musste lächeln.
    »Kommst du endlich?«, rief Anton und drehte sich zu ihr um.
    Sie liefen über die Queen’s Road und West Street zur Strandpromenade. Hier herrschte dichtes Gedränge. Zwei große Molen führten ins Meer hinaus. Mit ihren Holzbuden wirkten sie wie mächtige Schiffe.
    Das Volksfest fand auf dem Palace Pier statt. Die Freunde erreichten die große Standuhr am Eingang. Anton kaufte Eddys Eintrittskarte und machte Alice ein Zeichen, dass er auch die ihre übernehmen würde.
    »Du willst mich doch wohl nicht den ganzen Tag einladen?«, flüsterte sie ihm zu.
    »Warum denn nicht, wenn es mir Freude macht?«
    »Weil es keinen Grund dafür gibt …«
    »Mir Freude zu machen, ist das nicht Grund genug?«
    »Wie spät ist es?«, fragte Eddy. »Ich habe Hunger.«
    Wenige Meter entfernt, vor dem großen Gebäude, das den Wintergarten beherbergte, gab es einen Imbiss mit Fish & Chips . Der Geruch nach Frittiertem und Essig drang zu ihnen herüber. Eddy rieb sich den Bauch und zog Sam zu der Bude. Alice machte eine angewiderte Grimasse, folgte der Gruppe aber dennoch. Jeder gab seine Bestellung auf, Alice bezahlte und reichte Eddy lächelnd eine Tüte mit gebratenem Fisch.
    Ans Geländer gelehnt, nahmen sie ihr Essen zu sich. Anton betrachtete schweigend die Wellen, die zwischen den Pfeilern des Piers plätscherten. Eddy und Sam waren dabei, die Welt neu zu erfinden. Es gehörte zu Eddys Lieblingsbeschäftigungen, die Regierung zu kritisieren. Er warf dem Premierminister vor, nicht oder nicht genug für die Armen zu tun und keine entscheidenden Arbeiten zum Wiederaufbau der Stadt in Auftrag zu geben. Schließlich würde es ausreichen, all jene einzustellen, die keine Arbeit und nichts zu essen hatten. Sam ließ sich über die wirtschaftliche Lage aus und hielt ihm die Schwierigkeiten entgegen, qualifizierte Arbeiter zu finden. Und als Eddy schließlich gähnte, schimpfte er ihn einen faulen Anarchisten – eine Anschuldigung, die seinem Freund gar nicht so sehr missfiel. Während des Kriegs waren sie im selben Regiment gewesen und trotz ihrer unterschiedlichen Meinungen unzertrennliche Freunde geworden.
    Alice hielt sich etwas abseits, um dem für ihren Geschmack zu intensiven Gestank nach heißem Öl zu entgehen. Carol trat zu ihr, und die beiden betrachteten eine Weile schweigend das Meer.
    »Du solltest mehr auf Anton achtgeben«, murmelte Carol schließlich.
    »Warum, ist er krank?«, fragte Alice.
    »Ja, vor Liebe zu dir! Da braucht man keine Krankenschwester zu sein, um das festzustellen. Komm in der Klinik vorbei und lass deine Augen untersuchen, du musst wirklich kurzsichtig sein, wenn dir das entgeht.«
    »Das ist doch Unsinn, wir kennen uns schon von Kind auf. Es gibt nichts anderes zwischen uns als eine sehr lange Freundschaft.«
    »Ich sage ja nur, du sollst auf ihn achtgeben«, unterbrach sie Carol. »Wenn du etwas für ihn empfindest, brauchst du dich nicht zu zieren. Wir würden uns alle freuen, wenn ihr ein Paar wäret, ihr habt einander verdient. Anderenfalls verhalte dich nicht so ambivalent, du lässt ihn grundlos leiden.«
    Alice wandte sich um, sodass sie der Gruppe den Rücken zukehrte und Carol gegenüberstand.
    »Inwiefern verhalte ich mich ambivalent, wenn ich fragen darf?«
    »Indem du so tust, als würdest du nicht bemerken, dass ich in ihn verknallt bin«, gab ihre Freundin zurück.
    Zwei Möwen stürzten sich auf die Fisch- und Pommes-frites-Reste, die Carol ins Wasser warf. Nachdem sie das Pappschälchen im Papierkorb entsorgt hatte, kehrte sie zurück zu den Jungen.
    »Bleibst du hier und siehst zu, wie sich das Meer zurückzieht, oder kommst du mit?«, fragte Sam Alice. »Wir gehen zu der Spielhalle, ich habe einen ›Hau-den-Lukas‹ entdeckt, an dem man eine Zigarre gewinnen kann, wenn man fest genug mit einem Vorschlaghammer zuschlägt«, fügte er hinzu und krempelte die Ärmel hoch.
    Pro Schlag musste man einen Viertelpenny in die Maschine werfen. Die Feder, auf die der Vorschlaghammer niedersauste, ließ eine Eisenkugel
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