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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Autoren: Oliver Henkel
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sich über die gesamte linke Gesichtshälfte zog. Er trug einen nachtschwarzen Schnurrbart, dessen Seiten ihm bis zum Kinn hinabhingen, auf seinem rasierten Kopf zeigte sich ein bläulicher Schimmer.
    Der Mann, dem diese Drohgebärden galten, war groß und schlank, fast hager. Seine Augen waren ebenfalls blau, und wenn sie auch alles und jeden ständig aufmerksam beobachteten, verrieten sie doch nie die Gedanken ihres Eigentümers. Sie bildeten eindeutig den Mittelpunkt des Gesichts mit den markanten, scharf geschnittenen Zügen, aus dem eine adlerartige Nase hervorragte.
    Er saß in seinem Stuhl und hörte sich ganz in Ruhe die Attacken des Generals an, die Hände lagen in einer Geste des Denkens vor seinem Mund, wobei sich die langen, schmalen Finger nur an den Spitzen berührten.
    Endlich ließ sich Wibodus mit rotem Kopf wieder in seinen Stuhl fallen und wartete ab, wie Einhard, der Oberkämmerer des Frankenreiches, wohl reagieren würde. Der taxierte sein Gegenüber, stand dann auf, strich die einfache braune Mönchskutte glatt und ging stumm zur großen Landkarte, die an der Wand hing.
    Einhard betrachtete wortlos die aus zahlreichen Bögen Pergament zusammengesetzte Karte für einige Minuten. Dann sagte er, ohne den Blick von der Karte zu wenden: »Ihr seid ein Esel, General.«
    »Was erdreistet Ihr Euch!«, tönte Wibodus empört.
    »Ich danke Gott, dass der König meinen Rat dem Eurigen vorzieht, denn Ihr hättet längst seinen gesalbten Namen beschmutzt, und zwar zum Klang der Trommeln und Posaunen.«
    Der General war sprachlos, und Einhard nutzte diesen seltenen Zustand, um seine Ausführungen fortzusetzen. »Der Herr hat uns in Seiner Weisheit das Große Wunder widerfahren lassen. Wir müssen uns dieser Gnade würdig erweisen, indem wir Seinen Wahren Willen vollstrecken. Den zweiten Plan habe ich nur entworfen für den Fall, dass der erste misslingt. Wenn das der Fall sein sollte, ist die Reihe an Euch und Ihr könnt Eurem Drang zur blanken Gewalt freien Lauf lassen. Und bei Gott, ich bete, dass mein eigentliches Vorhaben gelingt und wir so zum Wahren Willen gelangen!«
    »Das Problem mit euch Bücherwürmern ist«, höhnte Wibodus, »Ihr denkt viel zu umständlich! Wir sollten uns auf Euren zweiten Plan beschränken, denn der erste besteht – mit Verlaub – nur aus Umwegen, von denen kein Mensch weiß, ob sie überhaupt irgendwohin führen.«
    Einhards Gesicht verriet keine Reaktion, aber in seinem Kopf hallten die Worte des Generals wider. Ein Weg, der ins Nichts führte … genau das war es, was er fürchtete. Sein Plan war brillant erdacht, aber er stand und fiel mit seinem wichtigsten Element, das unglücklicherweise auch sein unsicherstes war. Seit über zwei Jahren bemühte er sich nun schon, diesen Schlussstein zu finden, aber es wollte ihm nicht gelingen. Die Zeit arbeitete für Wibodus, denn bald würde der König die Geduld verlieren und dem brutalen Krieger die Aufgabe übertragen, den Wahren Willen des Herrn auf seine Weise Realität werden zu lassen. Doch Einhard konnte und wollte nicht glauben, dass dies der rechte Weg war. Er würde alles tun, um seine Vision des Großen Wunders zu verwirklichen, und darum nahm er sich vor, nach Aachen zu reisen, sobald es seine Amtspflichten erlaubten. Und den General konnte er bis dahin leicht ruhigstellen, indem er ihm erzählte, was er sicher gerne hören wollte.
    »Gewiss, edler Wibodus, der Ersatzplan ist einfacher. Und nicht nur das, er lässt sich auch wunderbar an. Seht …« Einhard griff nach einer langen Nadel, an deren Kopf ein grünes Stofffähnchen hing, und steckte sie in das Pergament der Wandkarte. Sie markierte die Stelle, wo der Euphrat die Grenze zwischen Persien und dem Oströmischen Imperium durchschnitt.
    Jetzt erst drehte er sich zu Wibodus um und sagte fast beiläufig: »Ich habe gestern die Botschaft erhalten, dass der Aufmarsch unseres geschätzten Verbündeten in drei Wochen abgeschlossen sein wird, und noch vor Pfingsten wird Ostrom unter dem Persersturm erzittern. Kaiser Rufus wird gewiss nicht tatenlos zusehen, wenn die Perser auf ihrem Weg nach Ägypten eine römische Stadt nach der andern in Schutt und Asche legen.«
    Der General stand aus seinem Stuhl auf und murmelte grimmig: »Damit Ihr’s wisst, ich halte von keinem Plan, der Eurem Hirn entsprungen ist, auch nur das Geringste. Ihr habt mich vor dem König mehrmals lächerlich gemacht, und das werde ich nicht vergessen. Wenn die Zeit reif ist, werde ich für Karl Rom
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