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Die Zeitensegler

Titel: Die Zeitensegler
Autoren: Stefan Gemmel
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wie hatte Salomon es ausgedrückt? – Werkzeuge. Simon trat nahe an den Tisch heran, auf dem der Schattengreifer ruhte.
    »Was ist dein Geheimnis, alter Mann?«, fragte er ihn flüsternd. »Was ist dein Ziel?«
    Ein kurzes Funkeln lenkte Simon ab. Ein flüchtiges Aufleuchten nur, eine leichte Reflexion des Mondlichtes, das durch eines der Kajütfenster schien, doch sie war Simon nicht entgangen.
    Es kam aus der Ecke neben der Tür.
    Langsam ging Simon darauf zu. Kein Wunder, dass er es erst jetzt bemerkte: In dieser dunklen Kajüte war der winzige schwarze Beutel kaum zu sehen gewesen. Auch nicht das schwarze Lederband, an dem der Beutel befestigt war. Es hing an der Wand, von einem krummen, rostigen Nagel gehalten.
    Etwas lugte aus dem Beutel heraus. Etwas, das im Licht des Mondes funkelte.
    Simon versicherte sich, dass der Schattengreifer noch immer nicht bei Bewusstsein war, dann zog er das Band mit dem Beutel daran vom Nagel. Aufgeregt, mit zitternden Fingern, öffnete er den Beutel und schaute hinein.
    Ein Schlüssel lag darin. Simon zog ihn heraus und legte ihn auf seine Handfläche. Es war ein goldener Schlüssel, dessen Griff die Form eines Delfins hatte. Anstelle eines Auges war ein blauer Stein in den Kopf eingesetzt worden. Simon war sich sicher, dass es sich nur um einen Edelstein handeln konnte.
    Der Schlüssel war wunderschön! Simon konnte seinen Blick kaum abwenden, und er fragte sich, für welches Schloss dieses Schmuckstück wohl gefertigt war.
    »Ich sehe, du hast ihn bereits entdeckt.« Simon schreckte auf. Die Stimme des Schattengreifers klang gebrochen und schwach.
    »Ich habe nur …«, versuchte Simon zu erklären, wurde jedoch unterbrochen.
    »Schweig still und komm her!«
    Langsam wandte sich Simon um. Der Schattengreifer lag auf dem Tisch, so wie die Zeitenkrieger ihn hingelegt hatten. Seine Augen waren noch immer geschlossen. Ohne die Lippen zu bewegen, forderte er Simon auf: »Komm und bring den Schlüssel mit, den du in der Hand hältst.«
    Simon wagte nicht zu widersprechen. Unsicher trat er wieder an den Tisch heran, auf den Schattengreifer zu, der wie ein Leichnam gebettet vor ihm lag.
    »Ist es das, was du wolltest?« Auch dieses Mal bewegten sich die Lippen nicht. Es schien eher so, als höre Simon die Stimme in seinem Kopf.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Hier liege ich, unfähig, mich zu bewegen. War dies dein Vorhaben? Zweimal schon bist du gegen mich angetreten. Zweimal schon hast du Zeitenkrieger aus meiner Macht befreit. Und nun kannst du mir beim Sterben zusehen. Bist du zufrieden?«
    »Nein!« Simon schrie dieses eine Wort beinahe, so entsetzt war er. »Ich wollte nie Euren Tod. Ich hatte niemals …« Er seufzte. »Wie sollte ich mir Euren Tod wünschen, wo Ihr mein Leben gerade erst gerettet habt?«
    Die Stimme des Schattengreifers in Simons Kopf veränderte sich augenblicklich. Alle Schärfe darin war verschwunden. »Ich danke dir für diese Worte«, gab er zurück. Es entstand eine merkwürdige, beinahe vertraute Stimmung. Eigenartig …
    »Du bist ein tapferer Mensch, Simon. Ein besonderer Mensch«, sagte der Schattengreifer da und Simon horchte verwundert auf.
    Ausgerechnet der Schattengreifer lobte seinen Mut?
    »… und du bist stets voller Fragen«, fuhr der Schattengreifer unbeirrt fort. »Du bist auf der Suche nach Antworten, nicht wahr?«
    »Ja«, gab Simon zu. »Es gibt einiges, das ich nicht verstehe.«
    »Und dennoch hast du versucht, meine Pläne zu durchkreuzen. Du hast in mein Vorhaben eingegriffen, ohne das große Ziel zu kennen.«
    »Ihr haltet Jugendliche auf diesem Schiff gefangen«, wagte Simon zu widersprechen.
    »Meine Zeitenkrieger. Ja, nur durch sie kann ich mein Werk vollenden.«
    »Aber sie wollen zurück zu ihren Familien. In ihre Zeiten.«
    »Doch nur, weil auch sie das Ziel nicht kennen. Sie wissen nicht, was sie Bedeutendes leisten. Eines Tages werden sie mir dankbar sein. Sie werden stolz darauf sein, mit mir dieses gute Werk vollbracht zu haben.«
    Simon blickte weiter unschlüssig auf den bleichen Schädel, der reglos vor ihm lag. Er wusste nicht, wohin dieses Gesprächführte. Bis er es endlich wagte und den Schattengreifer leise fragte: »Verratet mir, woran Ihr arbeitet. Was ist das große Ziel?«
    »Jetzt ist nicht die Zeit für Antworten, Simon«, erwiderte der Schattengreifer ausweichend und setzte hinzu: »Noch nicht. Du wirst deine Antworten erhalten. Zu einem späteren Zeitpunkt. Vertrau mir. Doch sieh mich an. Ich bin
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