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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Babys und kleine Mädchen zu ängstigen! Doch in der letzten Nacht habe ich Seltsameres gesehen und gehört. Die Zauberei meines Vaters hat dich nach hier gebracht , und wenn du wissen willst, warum, mußt du ihn fragen. Aber wir führen nichts Böses gegen dich im Schilde.« Paul hörte die Erklärung kaum. Er starrte den Mann mit seinem Gesicht, seinem Körper, seinen eigenen Händen an und versuchte zu ergründen, was er für den Mann empfand.
Sein Bruder. Er selbst. Er kann mich verstehen. Diese Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Und gleichzeitig machte sich plötzlicher Zorn breit: Wie kann er es wagen, mit meinem Gesicht herumzulaufen? Und dann, in völliger Verwirrung: Wenn er ich ist, wer zum Teufel bin dann ich?
Und der andere Mann sprach die Frage aus. »Wenn du ich bist … «
-seine Fäuste ballten sich - »… wer bin dann ich?«
Paul lachte hart auf. »Vielleicht bist du doch der Teufel. Wie ist dein Name?«
»Bard«, erwiderte der Mann. »Aber man nennt mich Wolf. Bard di Asturien, der Kilghard-Wolf. Und du?«
»Mein Name ist Paul Harrell«, sagte er und schwankte. War das alles ein bizarrer Traum in der Stasis-Zelle? War er gestorben und nach Walhalla gekommen?
Er verstand nichts von alldem. Absolut gar nichts.
    Sieben Jahre früher …
    1. BUCH
    Die Pflegebrüder
    1
    Licht fiel aus jedem Fenster und jeder Schießscharte von Burg Asturias. In dieser Nacht feierte König Ardrin von Asturias ein großes Fest, denn er verlobte seine Tochter Carlina mit seinem Pflegesohn und Neffen Bard di Asturien, dem Sohn seines Bruders Dom Rafael von High Fens. Die meisten Edlen von Asturias und ein paar aus den benachbarten Königreichen waren gekommen, der Verlobung und der Tochter des Königs die Ehre zu erweisen. Der Hof war ein Meer leuchtender Farben. Fremde Pferde und andere Reittiere, die in die Ställe gebracht wurden, reichgekleidete Adlige, gewöhnliches Volk, das sich vor den Toren drängte, um sich das Schauspiel anzusehen und die Gabe von Essen, Wein und Süßigkeiten in Empfang zu nehmen, die von der Küche aus an alle verteilt wurde. Diener rannten in wirklichen oder erfundenen Geschäften umher.
Hoch oben in den abgetrennten Räumen der Frauen blickte Carlina di Asturien mit Widerwillen auf den gestickten Schleier und das Überkleid aus blauem Samt, besetzt mit Perlen von Temora, das sie bei der Verlobungszeremonie tragen sollte. Sie war vierzehn Jahre alt, ein schlankes, blasses junges Mädchen mit langen dunklen Zöpfen, die unter ihren Ohren in Schaukeln hingen, und großen grauen Augen, die das einzige schöne Merkmal in einem zu schmalen und zu nachdenklichen Gesicht waren. Ihr Gesicht war um die Augenlider rot; sie hatte lange Zeit geweint.
»Nun, komm, komm«, drängte Ysabet, ihre alte Amme. »Du darfst nicht so weinen, Chiya. Und Bard ist so hübsch und tapfer. Denk doch nur daran, daß dein Vater ihn wegen seinerTapferkeit in der Schlacht von Snow Glen zum Bannerträger gemacht hat. Und schließlich, liebes Kind, ist es ja nicht, als solltest du einen Fremden heiraten. Bard ist dein Pflegebruder und hier im Haus des Königs erzogen worden, seit er zehn Jahre alt war. Ihr habt doch als Kinder immer zusammen gespielt - ich dachte, du liebtest ihn.«
»Das tue ich auch - als Bruder«, flüsterte Carlina. »Aber Bard heiraten
-nein, Amme, das will ich nicht. Ich will überhaupt nicht heiraten … « »Also, das ist Torheit«, gluckste die ältere Frau und hielt das perlenbestickte Überkleid in die Höhe, um ihrem Pflegling hineinzuhelfen. Carlina ließ es zu, daß sie wie eine Puppe angekleidet wurde. Sie wußte, Widerstand hatte keinen Zweck.
»Warum willst du Bard denn nicht heiraten? Er ist hübsch und tapfer
-wie viele junge Männer haben sich schon ausgezeichnet, bevor sie ihr sechzehntes Jahr erreichten?<, verlangte Ysabet, zu wissen. »Ich zweifle gar nicht daran, daß er eines Tages General über alle Truppen deines Vaters sein wird. Du hältst ihm doch nicht vor, daß er Nedestro ist? Der arme Junge kann ja nichts dafür, daß ihn eine der Mätressen seines Vaters geboren hat und nicht seine gesetzliche Ehefrau! « Carlina lächelte schwach darüber, daß jemand Bard einen »armen Jungen« nennen konnte.
Ihre Amme kniff sie in die Wange. »Das ist die richtige Art, zu deiner Verlobung zu gehen, mit einem Lächeln! Laß mich noch die Verschnürung zurechtziehen.« Sie zupfte an den Schnüren und steckte die Enden nach innen. »Setz dich her, meine Süße, damit ich dir die Sandalen
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