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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer
Autoren: Liane Sons
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der Wunde: »Ach, du meine Güte!«, und erwiderte dann lauter: »Leben könnte ich davon nicht.«
    Scheppernd lachte er auf. »Selbst wenn ich Geld für diese Arbeit nähme! Mit kleinen Wehwehchen oder Warzen kommen die Leute zu mir. Krieg dafür Blumen, was Tine freut, und hin und wieder Schnaps, was mich freut. Mit anderen Beschwerden gehen die Leute lieber zum Arzt. Ist auch richtig so. Mit vernünftigen Diagnosen kann ich schließlich nicht dienen.«
    Während er umsichtig das Blut abwischte, runzelte er die Stirn. »Seid Ihr eigentlich geimpft?«
    »Bin ich was?«, fragte sein frühmorgendlicher Besucher zurück und runzelte die Stirn.
    »Geimpft! Gegen Tetanus. So mit Spritzen.«
    »Nein!«
    »Bei Eurem Beruf solltet Ihr das bei Gelegenheit nachholen.« Ohne sie wirklich zu berühren, glitt seine Hand in Zeitlupentempo über die Wunde.
    Der Arm wurde noch heißer. Das hatte Aeneas gar nicht für möglich gehalten und er musste sich zwingen, ihn ruhig zu halten. Er biss die Zähne zusammen und starrte auf einen Kunstkalender an der Wand ihm gegenüber. Dabei achtete er nicht auf das Motiv, sondern zählte die verschiedenen Farbtöne. Obwohl es kalt war, schwitzte er.
    Der Frisör hatte die Wimpern gesenkt, schien wie in Trance. Auch auf seiner Stirn perlte Schweiß. Wieder und wieder bewegte er die Hand auf und ab, während das Blut versiegte. Die Wunde schloss sich langsam von innen her, bis nur noch eine verkruste Narbe zu sehen war.

    Meister Hagedorn öffnete die Augen, stieß Luft aus und erklärte zerknirscht: »Eine tiefe Wunde. Die wird noch eine ganze Weile schmerzen. Tut mir leid, aber mehr kann ich nicht tun. Ihr solltet dem Arm mindestens eine Woche absolute Ruhe gönnen, damit die Wunde nicht wieder aufreißt.«
    Während er sprach, ging er zum Schrank. Er entnahm ihm eine Flasche und zwei kleine Gläser, zog den Korken mit dem Mund heraus, schenkte im Gehen ein und nuschelte: »Chelbcht gebrannter Himbeer...chnaps! ... Lecker!«
    Van Rhyn nahm dankbar zur Kenntnis, dass der Schmerz zum erträglichen Brennen und Pochen abgeebbt war, schlüpfte in die Jacke und schüttelte den Kopf.
    »Nett gemeint, doch das lass ich lieber. Hab vier Marú im Lieferwagen. Nach der Mühe, die ich mit ihnen hatte, sollen sie mir jetzt nicht erfrieren. Herzlichen Dank für die Versorgung. Sieht gut aus.«
    Hagedorn spuckte den Korken aus. »Gern geschehen! Wenn Ihr aber tatsächlich meint, die Wunde sieht gut aus, solltet Ihr Eure Sehschärfe überprüfen lassen.«
    Der Frisör genehmigte sich einen Schluck und schüttelte sich. »Das geht durch! Und Obst ist doch gesund. Sicher, dass Ihr nichts wollt? Wer auf jemanden schießt, kann sich hinterher nicht über Frostbeulen beschweren.«
    Van Rhyn grinste breit. »Die haben schon genug andere Beulen. Außerdem lockt mich mein Bett.«
    Herr Hagedorn grinste genauso breit zurück und ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder. »Ihr findet den Weg nach draußen allein, oder? Ich werde die Gunst der einsamen Stunde noch für ein Schlückchen nutzen. Mein erster Kunde ist Hein Severs: Langhaarschneider auf sechs Millimeter und rüber übern Eierkopp! Da kann nichts schief gehen.«
    Beide lachten und gaben sich zum Abschied die Hand.

    Aeneas rieb sich die Augen, während er die Straße überquerte. Weder Kälte noch Holperstrecke konnten ihn noch wach halten. Er bog links auf die Hauptstraße ein und sah endlich das Herrenhaus vor sich. Zumindest sah er vier Türmchen und ein Dach über der hohen Mauer, die das Grundstück umgab. Gerade betätigte er den Toröffner, als eine Gestalt vor sein Auto trudelte. Er stieg nicht nur auf die Bremse, sondern setzte eine magische Wand vor den Wagen. Bremsen kreischten, Räder drehten durch, und das Heck kam leicht hoch. Auf der Ladefläche polterte es. Das bekam er kaum mit, da er bereits aus der Tür sprang und nach vorn rannte.
    Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass die Stoßstange einen Jungen gerade nur berührte. Er kniete sich hin und legte seine Hände auf den Körper, ließ dabei Ströme von Magie fließen. Es war ihm, als verschmelze er mit dem Bewusstlosen. Er spürte durchdringende Kälte. Arme und Beine waren nahezu taub. Verletzungen spürte er nicht. Die Körpertemperatur stieg an. Mehr konnte er nicht tun. Gerade wollte er seine Hände entfernen, um den Jungen möglichst schnell in die Wärme zu bringen, da spürte er etwas, das er nicht erwartet hatte: starke Magie!

    »Hallo! Seid Ihr das, mein Lord?«
    Eine Tür
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